Was früher selbstverständlich war, ist plötzlich ein Relikt aus alten Zeiten. Klingt nach alter weißer Mann, merkt aber jeder Mensch über 40. Denn für uns sind die erste Mercedes C-Klasse, der erste Ford Mondeo oder der erste Renault Twingo bestenfalls Gebrauchtwagen. Aber begehrenswerte Youngtimer, gar Oldtimer?
Doch so ist es. Tempora fugit. Die Zeit rennt. Auto-Neuheiten des Jahres 1993 sind in Ländern wie Deutschland inzwischen Oldtimer (H-Kennzeichen!). Grund genug, auf die "Klasse von 1993" zurückzublicken. In ihr befanden sich viele Modelle, die sich millionenfach verkauften und als Name bis heute existieren. Bei manchen davon saßen die Vorgänger in der 1982er-Klasse.
Werfen wir also einen Blick zurück auf 10 berühmte Neuheiten von 1993. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch Typen wie der Citroën Xantia, das BMW 3er Cabrio (E36) oder der Mazda Xedos 9.
Fiat Punto
Es kann nur einen geben. Getreu dieses Mottos verpasste Fiat seinem neuen Kleinwagen vor 30 Jahren gleich einen neuen Namen. Aus "Uno" wurde "Punto". Ein Name, der sich bis 2018 halten sollte. Aber blicken wir zurück auf die erste Generation, den Typ 176.
Wieder gelang Giorgetto Giugiaro ein großer Wurf. Allerdings wirkt die Optik mit den hoch gezogenen Rückleuchten etwas beliebig. Fiat befindet im Rückblick: "Die mutige Linienführung und das stimmige Gesamtkonzept trugen entscheidend zum Gewinn des Titels 'Auto des Jahres 1995' bei".
Der wahlweise drei- oder fünftürige Kleinwagen (3,76 Meter Länge) avancierte 1996 zum meistverkauften Auto in Europa. Gut 3,4 Millionen Exemplare rollten in sieben Jahren vom Band. Die Antriebspalette reichte bei den Benzinern von 1,1 bis 1,4 Liter Hubraum (55 bis 131 PS), der 1,7-Liter-Turbodiesel leistete bis zu 70 PS.
Ford Mondeo
Seit dem vergangenen Jahr ist der Ford Mondeo in Europa Geschichte. Hier ist die bürgerliche Mittelklasse von einst längst zu SUVs mutiert. Dabei war die erste Generation als Nachfolger des Sierra überaus erfolgreich und prägte in der britischen Politik sogar den Ausdruck "Mondeo Man".
Im Frühjahr 1993 kam der Mondeo auf den Markt. Sein Name war Programm: Dieser Wagen wurde als "Weltauto" konzipiert und sollte eine Reihe von Ford-Modellen auf der ganzen Welt in sich vereinen. Die Entwicklung selbst dauerte fünf Jahre und kostete enorme 3 Milliarden Pfund. Das zahlte sich aus: Der Ford Mondeo wurde zum Auto des Jahres 1994 gekürt.
Einer der wichtigsten Punkte im Lastenheft des Ford-Neulings lautete: "Größerer Innenraum bei unverändert kompakten Außenabmessungen". Auch deswegen flog der Hinterradantrieb raus, die Karosserie im Cab-Forward-Design folgte dem Trend vieler Autos der frühen 1990er-Jahre. Die Karosserieform wurde von Teilen der Fachpresse als zu zurückhaltend kritisiert und im Herbst 1996 grundlegend überarbeitet.
Lancia Delta II
Die erste Generation des Lancia Delta wurde durch Erfolge in der Rallye-Weltmeisterschaft zur Legende, die dritte und bislang letzte punktete mit extravagantem Design. Aber der Delta II steht bis heute im Schatten. Ob es an der etwas unausgewogenen Karosserie lag, die an einen Lancia Kappa im Golf-Format erinnerte?
Oder an den Motoren? Einen heißen Integrale gab es beim Typ 836 nicht mehr, das Maximum war der HF mit bis zu 193 PS aus 2,0 Liter Hubraum. Das bürgerliche Motorenprogramm reichte von 75 bis 139 PS, zudem gab es einen Turbodiesel mit 90 PS Leistung. Die Entwicklung des Delta II hatte bereits 1988 auf der Plattform des Fiat Tipo begonnen, sein Schwestermodell mit Stufenheck war der Lancia Dedra. Von 1993 bis 1999 wurden insgesamt 137.743 Fahrzeuge des Delta 836 gebaut, davon fast die Hälfte in der 1,6-Liter-Version.
Mercedes-Benz C-Klasse
Die erste Mercedes C-Klasse wurde 1993 vorgestellt und folgte auf den berühmten 190. Mit der Baureihe 202 führte Mercedes sukzessive auch eine neue Nomenklatur ein: Wie bei der S-Klasse, die seit 1972 so heißt, bezeichnete nun generell ein Buchstabe die Klasse - so entstand der Name "C-Klasse".
Zur Markteinführung wurde die C-Klasse mit vier Benzin- und drei Dieselmotoren angeboten. Der C 180 leistete 122 PS, der Top-Benziner C 280 schöpfte 193 PS aus seinem Reihensechszylinder. Die Leistungsspitze markierte zunächst der im Herbst 1993 vorgestellte C 36 AMG mit 280 PS.
Im September 1997 hielt erstmals ein Achtzylinder-Motor Einzug in die C-Klasse. Der C 43 AMG leistete 225 kW (306 PS). Im 1998 vorgestellten C 55 AMG waren es sogar 255 kW (347 PS). In der europaweit populären DTM knüpfte die C-Klasse ab 1994 an die erfolgreichen Jahre auf Basis des 190 E 2.5-16 an.
Von 1993 bis 2000 wurden 1.626.383 Limousinen der Baureihe 202 gebaut. Von 1996 bis 2001 kamen 243.871 T-Modelle hinzu.
Opel Corsa B
Es war ein großes Erbe, das der Opel Corsa B im Jahr 1993 antrat: 3,1 Millionen Exemplare des Vorgängers waren bis dahin vom Band gelaufen. Doch die zweite Generation sollte diese Zahlen sogar verdoppeln. Das rundliche Design des Corsa B traf den Nerv der Zeit, zumal der ärgste Rivale VW Polo erst 1994 neu kam und der Ford Fiesta bereits etwas angestaubt war.
Im März 1993 kam der Corsa B als dreitürige Fließheckversion auf den Markt. Der Fünftürer mit steilerer C-Säule, geänderter Heckklappe und schmaleren Rückleuchten folgte im August 1993. Die Motorenpalette reichte vom braven 45-PS-Benziner bis zu 109 PS im GSi, zudem waren auch zwei Diesel im Programm.
Ein Facelift 1997 änderte die Optik kaum, Neuerungen gab es eher bei den Antrieben. Schon 1994 kam der Opel Tigra als schicker Bruder des Corsa B auf den Markt. Im Sommer 2000 endete die Produktion des Corsa B in Europa.
Peugeot 306
Zeitlos oder langweilig? Über die Optik des Peugeot 306 lässt sich trefflich diskutieren. Er kam vor 30 Jahren als selbstbewusster Herausforderer des VW Golf auf den Markt. Sein Vorgänger war der eigentlich für Talbot entwickelte 309, während die 305 Limousine vom 405 abgelöst wurde.
Der 306 wurde ab März 1993 als 4,03 Meter langer Fünftürer sowie ab Herbst 1993 als Dreitürer und Dieselversion verkauft. Danach wurde er 1994 als Limousine und Cabriolet und 1997 als Kombi angeboten, bis die Produktion 2001 eingestellt wurde (2002 dann der Kombi und das Cabriolet). Knapp drei Millionen 306 liefen vom Band.
Er erbte die Plattform und viele Organe vom bereits 1991 erschienenen Citroën ZX. Das Cabriolet wurde von Pininfarina entworfen und produziert, wodurch der 306 das letzte Cabrio von Peugeot war, das in Italien gebaut wurde, und zwar neben einer Ferrari-Fertigungsstraße.
Laut Peugeot sollte der 306 auch den 30 Zentimeter kürzeren 205 ersetzen, obwohl dieser bis 1998 gebaut wurde. Das mag erstaunen, erscheint aber denkbar. Motto: Hier der kürzere 106, dort der längere 306. Zudem stammten die Einstiegsmotoren mit 55/60 PS und 75 PS aus dem 205, ebenso der Saugdiesel mit bis zu 1,9 Liter Hubraum und 68 PS.
Porsche 911 (993)
Längst ist der Porsche 911 der Baureihe 993 ein Mythos. Vor allem deswegen, weil er der letzte Elfer mit luftgekühltem Sechszylinder-Boxer war. Und auch, weil er der letzte Vertreter des klassischen 911-Designs ist. Als Premiere bekam der 911 Targa ein großes Glas-Schiebedach.
Der interne Name 993 ist Programm und verweist auf das Premierenjahr 1993. Die Motorenpalette reicht von 272 respektive 286 PS bei den Carrera- und Targa-Modellen bis zum Turbo-Topmodell mit 408 PS. Darüber hinaus wurden leistungsgesteigerte Fahrzeuge für den Motorsport mit Motorleistungen von 300 bis 430 PS produziert. Rund 68.000 Einheiten des 993 wurden gebaut, den letzten 911 mit Luftkühlung soll US-Comedian Jerry Seinfeld am 30. März 1998 erhalten haben. Drei Tage zuvor war Ferry Porsche gestorben.
Renault Twingo
Sowohl Name wie auch Form des ersten Renault Twingo sind längst Legende. Schon zum Marktstart im März 1993 konnten sich viele nicht dem kulleraügigen Gesicht des Kleinwagens entziehen. Hinter der niedlich und oft bunten Fassade des 3,43 Meter kurzen Autos verbarg sich ein geniales Raumkonzept samt verschiebbarer Rückbank.
So war viel Stauraum machbar, aber auch eine fast zwei Meter lange Liegefläche. Motorische Highlights hatte der Twingo hingegen nicht zu bieten, der anfängliche 54-PS-Benziner stammte sogar noch aus dem Renault 5 von 1972. Egal, denn der Twingo lief (mit später geänderten Aggregaten) bis 2007 in Europa vom Band. Knapp 2,5 Millionen stets dreitüriger Twingos wurden gebaut.
Saab 900 II
Der Anfang vom Ende der Marke Saab? Viele eingefleischte Fans sahen in der zweiten 900-Generation ab 1993 lediglich einen verkappten Opel Vectra. Zugegeben, GM/Opel-Technik steckte tatsächlich genug drin. Aber Saab bemühte sich massiv, aus diesen Zutaten etwas Eigenes zu kochen. Und ohne Hilfe von GM hätte es vor 30 Jahren womöglich gar keinen neuen 900 gegeben.
Natürlich blieb das Zündschloss in der Mitte zwischen den Sitzen, der Schlüssel konnte nur bei eingelegtem Rückwärtsgang rausgezogen werden. Angelassen wurden damit ein Saug-Vierzylinder mit 133, später 130 PS aus 2,0 Liter Hubraum sowie ein 2,3-Liter-Sauger mit 150 PS. Das einzig Wahre für echte Saabianer blieb der 2.0 Turbo mit 185 PS und bis zu 263 Newtonmeter Drehmoment. Opel/GM spendierte noch einen 2,5-Liter-V6 mit 170 PS. Er ist übrigens der einzige Motor mit Zahnriemen im 900 II.
Erfolgreich war der Saab 900 II allemal: Angeblich gingen schon in den ersten zehn Tagen nach der Premiere am 23. Juli 1993 mehr als 3.000 Bestellungen ein. Exakt 273.568 Exemplare wurden bis 1998 gebaut, eine beachtliche Zahl. Dann brachte Saab den optisch sehr ähnlichen 9-3 heraus.
VW Golf III Cabriolet und Variant
1993 war die dritte Generation des VW Golf schon gut zwei Jahre auf dem Markt, als zwei echte Neuheiten das Modellprogramm erweiterten. Zum einen erhielt das Golf Cabriolet nach 14 Jahren endlich einen Nachfolger, zum anderen gab es endlich einen Kombi in Gestalt des 4,34 Meter langen Golf Variant.
Beim Golf Variant hatte VW lange gezögert, da man befürchtete, er könnte dem Passat Variant die Kunden abspenstig machen. Allerdings verlor eher VW selbst Kunden an die Konkurrenz von Ford, Opel und anderen Herstellern, die schon lange kompakte Kombis anboten.
Das Golf III Cabriolet löste vor 30 Jahren das noch auf dem Golf I basierende Cabrio ab, behielt aber den massiven Überrollbügel. 1995 gab es erstmals einen Diesel im Angebot, auf den VR6 mussten die Kunden aber verzichten.
Im Frühjahr 1998 (also vor 25 Jahren) kam das Golf IV Cabriolet auf den Markt. Trotz des Namens handelte es sich nicht um ein Cabriolet auf Basis des VW Golf IV, sondern lediglich um ein großes Facelift. Die Änderungen beschränkten sich auf eine geänderte Front- und Heckpartie sowie einige Details im Innenraum wie eine blau/rote Armaturenbeleuchtung und neue Oberflächen. Die Produktion wurde Mitte 2002 eingestellt, zunächst ohne direkten Nachfolger.