Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik "Kennen Sie den noch?" studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die aber auch schon gut 20 Jahre auf dem Buckel haben.

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer neuen Reihe "Klassiker der Zukunft?" vorstellen.

Die BMW 3er-Reihe mit dem internen Code E36 teilt das Schicksal vieler Youngtimer aus den 1990er-Jahren: Bei ihrer Vorstellung schockierte sie manch BMW-Puristen mit zu modernem Design. Und heute wirkt der E36 kaum wie ein Oldtimer, obwohl die ersten Exemplare (so es sie noch gibt, dazu kommen wir gleich) bald ein H-Kennzeichen kriegen können.

Ob der Tatsache, dass man den E36 immer noch oft im Straßenverkehr sieht, geraten seine Verdienste fast in Vergessenheit: Sein Design prägte viele 3er nach ihm und kann zugleich als Inspiration für den 7er (E38) und den 5er (E39) gelten. Auch die Tatsache, dass es nie ein massives Facelift gab, spricht für die Zeitlosigkeit des Entwurfs.

BMW 3er E36 (1990-1998)

Zugleich gab es so viele 3er-Varianten wie noch nie: Viertürige Limousine, ein echtes Coupé (das damals schon als 4er durch den Blätterwald geisterte), das Cabriolet und schließlich der 3er Compact. Beinahe hätte es all diese Optionen auch beim M3 gegeben, doch BMW mochte keinen M3 Compact auf die Kunden loslassen.

Zweifelsohne stellt der M3 mit anfangs 286 PS starkem Sechszylinder (321 PS ab 1995) beim E36 die begehrenswerteste Version dar, von 1992 bis 1999 liefen exakt 71.242 M3 vom Band. Sie haben eine sichere Karriere als Klassiker vor sich, insbesondere sehr seltene Derivate wie der M3 GT, der nur 65-mal gebaut wurde. 

BMW M3 GT E36 (1995)
BMW M3 GT (1995)

Beim normalen E36 stehen Sechszylinder höher im Kurs: Sie starten mit 150 PS im 320i und reichen bis zum 328i mit 193 PS, der den fast gleich starken 325i beerbte. Hier gab es auch eine Fünfgang-Automatik (Aufpreis anno 1993: 3.650 Mark), die heutzutage eher den Liebhaber anspricht.

Einen schweren Stand haben aus heutiger Sicht die E36 mit Vierzylinder, obwohl der 318 is/ti mit 140 PS durchaus flott zu Werke geht. Ins Abseits geraten sind die bis 1993 gebauten 316i und 318i mit dem M40-Motor, dessen Intervalle zum Zahnriemenwechsel ausgesprochen kurz sind.

Nur 99 PS im 316i sind für viele ein Totschlagargument, am besten noch in der Verbindung mit der Viergang-Automatik. Allerdings lassen sich in dieser Konfiguration noch für sehr wenig Geld gepflegte Rentnerautos finden.

BMW 318tds E36 (1995-2000)
BMW 318tds E36 (1995-2000)

Nur noch eine Randerscheinung sind die Diesel im E36: 318tds mit 90 PS, 325td mit 115 PS und der 325tds mit 143 PS. Steuer- und Abgasgesetzgebung haben sie nach Osten auswandern lassen.

Bei den Karosserieformen des BMW E36 liegen das bildhübsche Coupé und das Cabriolet in der Gunst der Fans vorne, der Touring hat auch seine Fans. Noch schwer tun sich die Limousine und der Compact, auch weil es schlicht noch sehr viele von ihnen gibt. Hier kann sich aber die Suche nach gepflegten und unverbastelten Exemplaren lohnen.

Bildergalerie: BMW 3er Compact

Die Worte "gepflegt" und "unverbastelt" sind beim E36 gleich aus mehreren Gründen von Bedeutung: Speziell die Sechszylinder gerieten als Gebrauchtwagen in die Finger der Härter-Tiefer-Lauter-Klientel. Andere 3er kamen zu Besitzern, die mal BMW fahren wollten, dabei aber die Kosten übersahen. (Tipp: Googeln sie nach "Typklassen" und "Kaufberatung E36")

Doch es gab auch Dinge, für die E36-Besitzer nichts konnten, sondern der Konzern: Besonders die frühen Baujahre waren qualitativ keine Meisterwerke. Diese Modelle hatten eine für BMW-Verhältnisse ungewöhnlich schlechte Karosseriequalität, was sich in zahlreichen Quietsch- und Klappergeräuschen zeigte, aber auch aufgrund mangelnder Passgenauigkeit von Karosserieteilen zu starken Windgeräuschen vor allem an Scheinwerfern und Seitenspiegeln führte.

BMW 3er E36 (1990-1998)

Hinzu kam (und kommt) teilweise massiver Rost, obgleich BMW in diesem Bereich relativ schnell die Vorsorge erhöhte. Das war auch bitter nötig, denn ein 3er der Baureihe E36 war nicht günstig. Werfen wir einen Blick in die Preisliste von März 1993: Los ging es damals mit 35.800 Mark für einen 316i. Serienausstattung: sehr überschaubar. Elektrische Fensterheber vorne: 1.140 Mark in Verbindung mit Zentralverriegelung mit Diebstahlsicherung. Stereo-Cassetten-Radio "BMW Bavaria C III": 715 Mark. Klimaanlage: 3.105 DM. Und nein, das ist kein Schreibfehler!

Fazit: 7/10

Bislang ist noch jede 3er-Reihe zum Klassiker gereift. Da aber über 2,7 Millionen E36 gebaut wurden, dürfte es hier noch dauern. Doch warten Sie nicht zu lange! Auch den Vorgänger E30 hat man lange nicht auf dem Schirm gehabt, inzwischen sind schöne Autos teuer. Man sollte also die noch vorhandene Auswahl beim E36 nutzen. Geheimtipp: Die 316i und 318i sind selbst mit M40-Motor besser als ihr Ruf. Und der 1994 erschienene Compact blieb von der übelsten E36-Rostphase verschont. Einen 316i Compact Automatik will niemand haben. Das ist die Chance!  

Bildergalerie: BMW 3er E36 (1990-2000)