Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik "Kennen Sie den noch?" studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe "Klassiker der Zukunft?" vorstellen.

Es ist beschlossene Sache: 2023 wird der Ford Fiesta nach 47 Jahren sterben. In diesem Zeitraum hat der Kleinwagen gefühlt halb Europa mobil gemacht. Etwa die dritte Generation ab 1989, die sich verkaufte wie geschnitten Brot. In den ersten zwei Jahren auf dem Markt wurden gut eine Million Exemplare verkauft. 

Ford Fiesta (1989-1996)
Ford Fiesta (1989-1996)

Unter dem Code BE-13 entwickelt und später intern GFJ genannt, veröffentlichte Ford Anfang Dezember 1988 die ersten Bilder des neuen Fiesta. Und "neu" stimmte hier wirklich: Während der Vorgänger nur ein großes Facelift des Urmodells war, basierte der GFJ auf einer neuen Plattform samt modernem Fahrwerk mit Verbundlenkerachse hinten statt der bisherigen Starrachse. Vorne gab es eine McPherson-Aufhängung mit unteren Dreiecks-Querlenkern.

Zudem sah der Fiesta jetzt ganz anders aus, man hatte die Aerodynamik verbessert. Mit 3,74 Meter wurde der Vorgänger in der Länge um neun Zentimeter übertroffen, bei der Breite (1,61 Meter) gab es drei Zentimeter mehr. Sogar um fast 15 Zentimeter wuchs der Radstand auf 2,44 Meter. Das ermöglichte erstmals in der Fiesta-Geschichte eine Variante mit hinteren Türen. Endlich, denn wichtige Rivalen wie der Fiat Uno, der Opel Corsa oder der Peugeot 205 boten diese Option schon längst. 

Zudem markierte der dritte Fiesta mit Extras wie ABS, Klimaanlage und später Airbag (Serie ab 1993) den aufkommenden Trend zu immer nobler ausgestatteten Kleinwagen. Zudem hatte er einen zeitlichen Vorsprung auf seiner Seite, da die 1989 schon etwas angejahrten Opel Corsa und VW Polo erst 1993 respektive 1994 grundlegend erneuert wurden.

Ford Fiesta (1989-1996)
Ford Fiesta (1989-1996)

Roger Gloor schreibt in "Alle Autos der 80er Jahre" vom Einsatz von Duplex-Blechen mit Zink-Nickel-Beschichtung an besonders gefährdeten Stellen zur Reduzierung der Rostgefahr. Hinzu kommt gewisser Hohlraumschutz plus PVC-Radhausschalen. Schön und gut, aber auch der 89er-Fiesta rostet gerne, zumal über 30 Jahre nach seinem Debüt.    

Die Motorenpalette blieb im Großen und Ganzen gleich, wobei der Valencia-Motor – der nun grundlegend überarbeitet und als HCS (High Compression Swirl) bezeichnet wurde – die 1,0-Liter-, 1,1-Liter- und 1,3-Liter-Versionen antrieb. Das sogenannte CVH-Aggregat kam mit 1,4 Liter Hubraum beim Fiesta mit stufenloser Automatik zum Einsatz, die 1,6-Liter-Maschine mit Katalysator und 103 PS im neuen XR2i. Der Dieselmotor wurde auf einen Hubraum von 1,8 Liter vergrößert und leistete nun 60 PS.

Stärkster Fiesta der frühen 1990er-Jahre war der XR2i 16V mit 130 PS, der in Großbritannien als RS1800 vertrieben wurde. Er hatte einen 1,8-Liter-Zetec-Motor unter der Haube. Auf der britischen Insel waren die Motoren mit Einspritzung erst ab 1991 erhältlich. Ohne Kat gab es dort zudem ein ganz besonders heißes Eisen. Der Fiesta RS Turbo wurde im April 1990 eingeführt und bis 1992 produziert.

Ford Fiesta (1989-1996)

Er basierte auf dem XR2i, der ein Jahr zuvor eingeführt worden war, und war optisch sehr ähnlich. Die Hauptunterschiede waren 14-Zoll-Leichtmetallfelgen (einen Zoll größer und in einem anderen Design als die des XR2i) mit 185/55 VR14 Pirelli P600-Reifen, grüne statt blaue Zierleisten, farblich gekennzeichnete Heckspoiler und Türsäulen, zu öffnende hintere Seitenfenster, grün getöntes Glas und RS-Lamellen auf der Motorhaube. Antiblockiersystem und eine beheizbare Frontscheibe waren Optionen gegen Aufpreis.

Im Innenraum gab es unter anderem Recaro-Sitze, die mit dem Stoff "Ascot In Raven" bezogen waren, einen Schaltknauf mit grauem Lederbezug und ein Dreispeichen-Lenkrad (im Gegensatz zum Zweispeichen-Lenkrad des XR2i), auf dessen Mittelkonsole das RS Turbo-Logo eingeprägt war.

Der CVH-Motor des RS Turbo hatte den gleichen Hubraum von 1.597 ccm wie der des XR2i, aber ein niedrigeres Verdichtungsverhältnis von 8:1. Der Garrett T2-Turbolader lieferte 55 kPa (8 psi) Ladedruck und wurde gewählt, da der Platz zwischen Motor und Kühler den Einsatz des größeren T3 aus dem Escort RS Turbo verhinderte. Wie beim Escort wurde ein Ladeluftkühler eingebaut, der beim Fiesta allerdings etwas größer war.

Ford Fiesta (1989-1996)

Die angegebene Leistung lag bei 133 PS bei 5.500 U/min, mit einem Drehmoment von 183 Nm bei 2.400 U/min, was dem Auto eine Höchstgeschwindigkeit von 133 mph (214 km/h) und eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 7,9 Sekunden bescherte.

Das Auto wurde aber nicht gut aufgenommen, in den Kritiken nannte man das schlechte Handling und die unpräzise Lenkung als Schwachpunkte. Steigende Versicherungsprämien trugen ebenfalls nicht dazu bei, dass der Turbo-Fiesta ein Erfolg wurde.

Besser lief es für den Fiesta als Kunstwerk. Der Kölner Aktionskünstlers HA Schult, der das Auto als Fetisch unseres Jahrhunderts ausgemacht hatte, und für den der Fiesta "das Sinnbild eines Autos, das für alle da ist" verkörperte, entwickelt er im April 1989 ein dreitägiges Happening und platzierte an markanten Stellen des Kölner Stadtbildes zehn künstlerisch verfremdete Fiesta-Skulpturen.

Zum Beispiel in Gestalt eines "Goldenen Vogels" mit fünf Meter langen Styropor-Schwingen, einen Fiesta eingefroren in einen 30-Tonnen schweren Eisblock oder als tanzende Einzelteile in einer Diskothek.

30 Jahre Ford Fiesta

Ford Fiesta "Goldener Vogel" von HA Schult

1992 stellte Ford eine Reihe von Prototypen her, die mit Direkteinspritz-Zweitaktmotoren der australischen Orbital Engine Corporation ausgestattet waren; die Serienproduktion wurde von Ford für "zwei bis drei Jahre" in Aussicht gestellt. Die Fahrzeuge wurden im Vereinigten Königreich ausgiebig getestet, aber schließlich wurde beschlossen, keine Serienversionen herzustellen.

Im Januar 1994 wurden größere Änderungen an der Modellreihe vorgenommen; es gab umfangreiche strukturelle Verbesserungen, um die Sicherheit zu erhöhen, und die Benzinmodelle wurden mit einer neuen Wegfahrsperre ausgestattet. Auch die Außenspiegel wurden überarbeitet, ebenso wie eine Reihe von neuen Radkappen-Designs.

Ab 1996 wurde der Mk3 zeitgleich mit dem neuen, aber optisch ähnlichen Fiesta Mk4 gebaut und verkauft. Um das Auto zu unterscheiden, wurden die Ausstattungslinien überarbeitet, und es wurde als "Fiesta Classic" vermarktet.

Ford Fiesta (1989-1996)

Ford Fiesta Mk4

Ford Fiesta (1989-1996)

Ford Fiesta Mk4

Die Produktion dieser Modelle fand in Valencia, Spanien, statt. Diese Version wurde bis zur endgültigen Einstellung der Produktion Anfang 1997 hergestellt. Kurz zuvor wurde der Ford Ka vorgestellt, der auch auf die bisherige Basisversionen des Fiesta zielte und in etwa so groß wie der Ur-Fiesta von 1976 war.

Der Mk3 hatte die längste Produktionsdauer aller Fiesta bis heute und erzielte Anfang der 1990er Jahre die höchsten jährlichen Verkaufszahlen aller Fiesta. Ein vom Fiesta abgeleiteter Transporter, der Courier, wurde 1991 eingeführt.

Und heute? Abgesehen von XR2i und Co. sind die Fiesta der dritten Generation immer noch billig zu haben. In Zeiten rollender Computer kann ein spartanisches C-Modell mit wenig Rost aus Rentnerhand eine angenehme Erfrischung sein. Selbst wenn es lediglich 45 PS sind. Schließlich wog der Fiesta damals nur zwischen 825 und 995 Kilogramm.

Bildergalerie: Ford Fiesta (1989-1996)