Über 2,3 Millionen Exemplare wurden zwischen 1982 und 1994 gebaut. Noch heute ist die zweite Generation der BMW 3er-Reihe mit ihrem zeitlosen Design im Straßenbild präsent. Zum 40. Geburtstag des beliebten Klassikers wollten wir natürlich ein Exemplar fahren. An Vielfalt mangelte es nicht: Viertürer, Kombi, ein richtiges Cabriolet. All das waren Premieren in der Baureihe.
Gotteslästerung unter der Haube?
Und der Diesel. 1985 war die Baureihe E30 zwar nicht der erste BMW mit Selbstzünder (1983 erschien der 524td), aber eben der erste nagelnde 3er. Also dachte ich mir: Über den M3 oder 325i oder gar den 333i für Südafrika werden alle schreiben. Aber wer hat schon Bock auf einen Saugdiesel mit 86 PS? Ich!
Selbst für BMW Classic klang mein Wunsch ziemlich ungewöhnlich. Aber man hat einen im Fundus und so hieß es: Hier hast Du für zwei Tage einen 324d. Selbst schuld. Meckern gilt nicht.


Wie kommt der Hildebrandt auf so eine abseitige Idee? Nun, vor Jahren sah ich ein Video mit dem 524d und 524td der Baureihe E28. Seitdem begeistert mich der Sound des Saugdiesels. Intern heißt er übrigens M21, die numerische Nähe zum Zahnriemen-Sechszylinder M20 von 320i und Co. kommt nicht von ungefähr. Er liefert die Basis, doch der im österreichischen Steyr entwickelte und gebaute Diesel wurde in vielen Bauteilen verstärkt.
Das Resultat sind 86 PS aus 2,4 Liter Hubraum. Lesen Sie es ruhig noch einmal. Im Zeitalter des extremen Downsizing muss man sich das auf der Zunge zergehen lassen. Zwei-Komma-Vier! Reihen-Sechszylinder, versteht sich. Motorhaube auf und nach vorne geklappt: Ein gewohnt schöner Anblick, aber der Klang irritiert. Es nagelt deutlich irgendwo zwischen Traktor und Schiffsdiesel. Dazu typischer Diesel-Duft ohne Filter.


Wie fährt er sich?
Innen jedoch geht es dezenter zu, sobald der Grauguss-Klotz warmgefahren ist. Sobald ich beschleunige, mischt sich unter den für damalige BMW-Sechszylinder typischen Turbinenklang ein kaum störendes Nageln. Schon die "auto motor und sport" lobte seinerzeit den niedrigen Innengeräuschpegel: "vibrationsarm" und "geschmeidig" sei die Maschine, der 324d ein "kultivierter, kleiner Reisewagen".


Tatsächlich überraschen die Abmessungen der Limousine rund 35 Jahre später. 4,32 Meter Länge, 1,64 Meter Breite und 1,38 Meter Höhe: Das reichte damals, um Mittelklasse zu sein. BMW bot den 324d nur viertürig an, man hoffte aufs Taxigeschäft. Ein feuchter Traum aus München, die Branche blieb noch Jahrzehnte dem Stern treu.
Natürlich kuschelt sich im 324d die Tür dicht an den Fahrerarm und im Fond möchten lange Menschen nicht unbedingt zum Lido di Jesolo fahren. Hat man damals aber gemacht, ging auch. Immerhin passen 404 Liter Gepäck in den Kofferraum.
Ist man erst einmal auf der Autobahn, kann man im 324d durchaus gelassen mit Tempo 120 reisen. Aber der Weg ist das Ziel. In doppelter Hinsicht: 6,2 Sekunden maß einst die "auto, motor und sport" von 0-60 km/h. Noch okay. 15,5 Sekunden sind es auf 100. Naja. Zum Drama wird erst die Elastizität. Unglaubliche 36,8 Sekunden maßen die Kollegen damals im fünften Gang von 60 auf 120 km/h. Vermutlich mit der Analoguhr in der Mittelkonsole ...
Schwung mitnehmen und im Fluss bleiben, lautet daher die Devise. Respektive auf dem Beschleunigungsstreifen zwei Gänge hinunterschalten, voll aufs Gas, dem Auto nette Sachen zurufen. Und auf die 152 Newtonmeter maximales Drehmoment bei 2.500 U/min warten. Auch das Thema "324d am Berg" verlangt nach innerer Ruhe und ausreichend Geduld. Wie gut, dass mein fast neuer 324d aus Werksbesitz eine Klimaanlage hat, damaliger Aufpreis 2.825 Mark.
Diesel für Besserverdiener
Damit nicht genug: Vier elektrische Fensterheber, das elektrische Schiebedach, die Zentralverriegelung, die 14-Zoll (!)-Leichtmetallräder und die Servolenkung (sie war später serienmäßig) summierten sich auf zusätzlich fast 6.000 DM. Grundpreis des BMW 324d zum Marktstart: 27.450 Mark. Ende August 1987 waren es schon 30.600 Mark. Damit rangierte der 324d zwischen einem 318i und 320i mit jeweils vier Türen.
Interessenten konnten sich im Prospekt an wahrer Lyrik ergötzen. "Eine beispielhafte Synthese von Fahrkultur, Leistungsvermögen, Ökonomie und Umweltfreundlichkeit." Oder noch besser: "Außerordentliche Fahrdynamik"! Nun, wer wollte, konnte das bei Bedarf mit einem Automatikgetriebe versuchen. 18,5 Sekunden auf 100 km/h.


Kuriosum am Rande: Ausgerechnet im auf Sparsamkeit getrimmten 324d fehlt die berühmte BMW-Verbrauchsanzeige im Drehzahlmesser. 6,9 Liter bei konstant 120 km/h und 8,7 Liter im Stadtverkehr notierte BMW zum 324d, die "ams" trat den maximal 161 km/h schnellen Wagen auf 9,2 Liter Testverbrauch.
Fahrspaß, aber anders
Lahm und nicht einmal besonders sparsam. Wo liegt also die Faszination beim 324d? Nun, der E30 als solcher fährt sich immer noch modern und direkt, die Übersichtlichkeit ist großartig. Zudem passt er einem wie ein Fahrerhandschuh. Nur gut 1,2 Tonnen wiegt er selbst mit dem schweren Diesel unter der Haube. Dieser wiederum wirkt trotz seines Klangs aus heutiger Sicht antiquiert und hält einem den Fortschritt der Dieseltechnik eindrücklich vor Augen.
Aber die damaligen Tester hatten durchaus Recht: Traditionelle BMW-Fans rümpfen die Nase nach einer Fahrt im 324d und sind enttäuscht. Im Vergleich zur damaligen Diesel-Konkurrenz war der 3er aber durchaus gelungen. Wer heute mit der "gepflegten Lethargie" (O-Ton ams) leben kann, bekommt den 324d relativ günstig. Immerhin 76.056 Exemplare wurden gebaut, hingegen nur rund 29.000 324td. Ganz anders beim großen Bruder E28: Lediglich 4.239 524d (aber auch nur zwei Jahre lang) und 74.602 524td.
Reisen statt rasen, Autowandern statt Autobahn. Es muss ja nicht immer der BMW-Mainstream sein. Ein Meilenstein für die Marke war der 324d in jedem Fall. Nur braucht er für die Meile eben etwas länger.