Fast jeder kennt die großen Automuseen von BMW, Mercedes und Porsche. Auch die Ausstellung von Audi lockt zentral gelegen viele Besucher an. Beim größten deutschen Autohersteller ist die Sammlung seiner größten Schätze eher versteckt. Man muss sich in Wolfsburg auskennen, um zur "Stiftung AutoMuseum Volkswagen" zu finden.
Doch die Suche per Navi lohnt sich: In dem unscheinbaren Werksmuseum sind auf 5.000 Quadratmetern über 130 besondere Fahrzeuge der Marke VW zu sehen. Wir waren vor Ort und zeigen Ihnen zehn ganz spezielle Exponate, die selbst Markenkenner beeindrucken dürften.
Volkswagen EA 47-12 (1955/56)

Ein großer Käfer aus Italien? Dieser Prototyp erinnert nicht ohne Grund an den legendären Karmann-Ghia: Nach dem erfolgten Deal anno 1953 durfte Karmann 15 Prototypen eines ähnlich gezeichneten Viersitzers bauen. Design und handwerkliche Umsetzung lieferte Ghia in Turin. In Wolfsburg kann die Nummer 12 des nie in Serie gegangenen Projekts EA 47 bewundert werden.
VW Ghia Aigle Coupé (1956)

Noch einmal Ghia, noch einmal italienischer Chic: Giovanni Michelotti war Mitte der 1950er-Jahre Chefdesigner von Ghia-Aigle Suisse S.A., einem eigenständigen Ableger von Carrozzeria Ghia. Er formte diesen hinreißenden kleinen Sportwagen, von dem aber nur zwei Exemplare entstanden. "Sport" ist zudem relativ zu sehen: Technische Basis war ein Käfer-Fahrgestell, wobei der 30-PS-Boxer damals dank eines MAG-Kompressors auf 50 PS kam. Die Bremsanlage stammte vom Porsche 356.
VW EA 128 (1963)

Er ist gewissermaßen der Opa des VW Phaeton. Bereits Anfang der 1960er-Jahre träumte VW von der Oberklasse. Unter dem Projektnamen EA 128 ließ VW diese 4,70 Meter lange und 1,2 Tonnen schwere Limousine bei Porsche entwickeln. Im Heck befand sich ein Sechszylinder-Boxer mit 2,0 Liter Hubraum und 90 PS Leistung. Genug für 160 km/h Spitze.
Besagter Boxer war eine Ableitung des 911-Motors. Bei der Einzelradaufhängung gab es vorne längsliegende Drehstäbe wie beim 911, hinten kamen Längslenker zum Einsatz. Schon aufgrund der Optik gilt der EA 128 als Reaktion auf den Chevrolet Corvair.
VW EA 272 (1972)

Mit dem VW Passat als Ableitung des ersten Audi 80 gelang VW 1973 der dringend erforderliche Umstieg auf Frontantrieb und Wasserkühlung. Doch man verfolgte zumindest formal auch andere Ansätze, wie der Prototyp EA 272 zeigt. Eine VW-Eigenentwicklung aus dem Jahr 1972 mit quer installiertem Reihenvierzylinder des Typs EA 288 mit 1,3 Liter Hubraum und 55 PS.
Das Design stammte von Pininfarina. Man entschied sich dann aber vermutlich aus Kostengründen für eine Audi-80-Ableitung mit Schrägheck von Giugiaro und längs eingebautem Motor. Quermotoren sollte es erst 1988 bei der dritten Generation des Passat geben
Puma Coupé (1979)

Beim Stichwort Puma denken wir an Turnschuhe. VW-Kenner jedoch an etwas anderes. In Brasilien war Puma zunächst ein eigenständiger Automobilhersteller, der Sportwagen mit Zweitakt-Technik von DKW baute. Dann wechselte man auf die Bodengruppe des VW Karmann-Ghia, nach dessen Ende ab 1974 auf jene des VW Brasilia.
Aus dem erfolgreichsten Jahr 1979 (über 3.500 gebaute Fahrzeuge) stammt dieser Puma GT. Seine schnittige Karosserie besteht aus Kunststoff, der Antrieb mit überschaubaren 50 PS vom Käfer. Nach dem Ende der Marke erwarb Ford 1995 den Namen Puma für seinen kleinen Sportwagen.
VW T3 Traveller Jet (1979)

So cool kann ein VW T3 sein: Dieses Fahrzeug ist ein Showcar auf Basis des späteren T3-Transporters. Mit Klimaanlage, TV und sechs Ledersesseln (davon vier im Fond gegenüberstehend) war er ein Vorläufer des luxuriösen VW T3 Caravelle ab 1981.
Erstmals gezeigt wurde der Edel-Bulli im September 1979 auf der IAA in Frankfurt. In jenem Jahr begann auch die Serienfertigung des T3. Im Heck arbeitet ein Vierzylinder-Boxer mit 1,9 Liter Hubraum, Luftkühlung und 90 PS Leistung.
VW Chico (1992)

Bereits 1975 hatte sich VW Gedanken über ein kleines Auto unterhalb des Polo gemacht. Die damalige Studie hieß Chicco. Im Museum steht sie neben ihrem fast namensgleichen Nachfolger aus dem Jahr 1992. Der Chico war ein kleines Stadtauto mit Viergelenk-Türen und Hybridantrieb.
Genauer gesagt: Zweizylinder-Reihenmotor mit 636 Kubikzentimeter Hubraum und 34 PS plus Asynchron-Elektromotor. Genug für 131 km/h Spitze. Drei Prototypen wurden gebaut, seinerzeit war VW noch ins spätere Smart-Projekt involviert. Erst 1998 kam mit dem Lupo ein ähnlich kleines Auto auf den Markt, aber mit konventionellem Antrieb.
VW Corrado Roadster (1993)

Das wäre was gewesen: Von 1988 bis 1995 baute Karmann in Osnabrück den VW Corrado. Jedoch nur als Coupé. Anfang der 1990er-Jahre wurden auch zwei Roadster auf die Räder gestellt, sie kamen aber zu spät.
Das Verdeck des Zweisitzers ließ sich nur manuell betätigen, dafür aber komplett versenken. Dennoch blieb der Gepäckraum voll nutzbar. Anders als beim Coupé, wo ab 120 km/h automatisch ein Heckspoiler ausfuhr, gab es hier einen festen Windabweiser.
VW Ketten-Touareg I W12 (2001)

Des Wahnsinns fette Beute: Noch vor der Markteinführung des ersten VW Touareg im Jahr 2002 entstand dieses Gerät. Bereits 2001 war ein Zwölfzylinder-Touareg zu Versuchszwecken mit Ketten ausgerüstet worden. Dieses Projekt zerschlug sich, einzig den W12 gab es ab 2004 im Programm.
Die relativ einfach anzubringenden Gleisketten einschließlich der eingefassten Laufräder bestehen aus Gummi und wiegen pro Fahrzeugseite 100 Kilogramm. Das Auto wurde seitens VW auf seine Eignung als Pisten- und Loipenfahrzeug erprobt.
VW XL Sport (2014)

An den extrem sparsamen XL1, der in sündhaft teurer Kleinserie gebaut wurde, erinnert sich vielleicht noch mancher. Sein irrer Spaß-Bruder entstand mit Unterstützung von Ducati, das 2012 Bestandteil des Volkswagen-Konzerns geworden war. Der VW XL Sport wog nur 890 Kilogramm. Er war 40 Zentimeter länger, 20 cm breiter und hatte 20 cm mehr Radstand. Als Grundlage diente der Spaceframe-Rahmen des Audi R8. Hinzu kamen 18-Zöller mit Keramikbremsen.
Das aufwendig gekühlte 1,2-Liter-Motorradaggregat, ein Zweizylinder mit 200 PS Leistung, stammte aus der Ducati 1199 Superleggera. Ein 7-Gang-DSG kümmerte sich um die Kraftübertragung, theoretisch waren bis zu 270 km/h drin.
Lust auf einen Besuch bekommen? Das "AutoMuseum Volkswagen" befindet sich in der Dieselstraße 35 (Parkplatz Lerchenweg) in 38446 Wolfsburg. Geöffnet ist es von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Der Eintrittspreis beträgt regulär 9 Euro, ermäßigt 6 Euro, die Familienkarte kostet 25 Euro. Führungen für Gruppen bis 25 Personen sind nach Anmeldung möglich.