Es ist Zufall, aber ein guter: Auf der Autobahn überhole ich mit meiner A3 Limousine einen alten Audi 80 B2 in der Facelift-Version nach 1984. Ob die Neuauflage des Stufenheck-A3 in gewisser Weise der Audi 80 des 21. Jahrhunderts ist? Das zeigt ein erster Test.
Natürlich wird Audi entrüstet sagen, dass der A4 ja schließlich der Nachfolger des 80 sei. Aber rückblickend ist uns der Audi 80 vor allem als Stufenheck im Gedächtnis geblieben. Und vom Format her passt die neue A3 Limousine ganz gut: 4,41 Meter war der 1984er Audi 80 lang, der letzte 4,48 Meter. Auf 4,49 Meter bringt es das jüngste Derivat des A3. Bingo!
Warum ein A3 mit Stufenheck?
Nun mögen Sie einwenden: Warum bekommt der 2013 vorgestellte Stufenheck-A3 überhaupt einen Nachfolger? Solche Modelle sind hierzulande ja eher eine Randerscheinung. Doch die A3 Limousine sieht man durchaus gelegentlich, wenngleich Audi natürlich damit verstärkt die Märkte in den USA und China im Blick hat.
Indes setzt auch die Premium-Konkurrenz auf ähnliche Konzepte: Mercedes hat eine A-Klasse Limousine im Programm, in eine ähnliche Kerbe schlagen der Mercedes CLA und das BMW 2er Gran Coupé. Ganz entfernt denkt Audi vielleicht auch an frühere Kundschaft des VW Jetta.

Wie dem auch sei: Das Design der neuen Audi A3 Limousine ist gelungen, nur die Frontpartie wirkt etwas arg wuchtig. Rund 15 Zentimeter ist die Limousine länger als der A3 Sportback, ein Plus, was vor allem dem Heck und damit auch der Eleganz zugute kommt. Der Radstand von 2,64 Meter ändert sich nicht, auch Breite und Höhe bleiben gleich. Interessant: Die Limousine ist nur fünf Kilogramm schwerer als der Fünftürer.
Respektable 425 Liter passen im Normalzustand in den Kofferraum, die Luke könnte gerne etwas größer sein. Auf den Rücksitzen bleibt genug Platz für meine Beine, bedingt durch die Dachhimmel wird es aber über dem Kopf etwas enger als im A3 Sportback.

Was Audi beim neuen A3 unabhängig von der Karosserieform blendend gelöst hat, ist das Cockpit. Anders als im neuen VW Golf und Seat Leon gelingt die Bedienung deutlich einfacher. Direktwahltasten im 10,1-Zoll-Touchscreen für die wichtigsten Bereiche und unter dem Bildschirm physische Tasten für Klimatisierung und Lautstärke. Ein weiterer Pluspunkt: Die Lüftungsdüsen sind oben auf Höhe des Kopfes angeordnet.
Digitale Instrumente im Format 10,25 Zoll sind stets inklusive, auf Wunsch ist das 12,3 Zoll große "Virtual Cockpit" lieferbar, ebenso ein Head-Up-Display. Weitere Extras bietet Audi in Hülle und Fülle, der Konfigurator lädt zum Austoben ein, sofern der Geldbeutel mitspielt.

Was gibt es unter der Haube?
Wenden wir uns den Motoren zu: Los geht es hier mit 110 PS aus 1,0 Liter Hubraum. Dieser Benziner wird ab Herbst 2020 optional auch als 48V-Mildhybrid mit Doppelkupplung angeboten. Wer lieber einen Diesel möchte, bekommt den 2.0 TDI mit 116 respektive 150 PS.
Mein Testwagen war ein 35 TFSI MHEV S tronic. Übersetzt: Audi A3 Limousine mit 150 Benzin-PS aus vier Zylindern, Mildhybrid, Zylinderabschaltung und Automatik. Dazu noch die Ausstattungslinie "S Line" mit serienmäßigem Sportfahrwerk und Tieferlegung um 15 Millimeter.

Das Mildhybrid-System ist beim 1.5 TFSI und beim 1.0 TFSI gleich aufgebaut. Am Verbrennungsmotor sitzt ein Riemen-Starter-Generator (RSG). Er speist ein 48 Volt-Bordnetz, das eine kompakte Lithium-Ionen-Batterie unter dem Beifahrersitz integriert. Ein Spannungswandler koppelt das konventionelle 12 Volt-Bordnetz an. Im Kundenbetrieb bringt das MHEV-System laut Audi pro 100 Kilometer bis zu 0,4 Liter Verbrauchsvorteil.
Wenn der Fahrer vom Gas geht oder leicht bremst, kann der RSG bis zu 12 kW Leistung elektrisch zurückgewinnen und in den Akku leiten. Beim Anfahren und Gasgeben aus niedrigen Drehzahlen unterstützt er den TFSI mit bis zu 9 kW und zusätzlichen 50 Nm Drehmoment. In bestimmten Fahrsituationen verschiebt er die Lasten so, dass der Motor in einem Kennfeldbereich mit einem besseren Wirkungsgrad effizienter läuft.

Zudem sorgt er für das Laden der 48 Volt-Batterie. Sie speichert genug Strom, um das Auto in vielen Situationen mit ausgeschaltetem Motor segeln zu lassen. Danach startet der RSG den TFSI komfortabel und schnell wieder – so wie am Ende der Start-Stopp-Phase, die schon bei 22 km/h Restgeschwindigkeit beginnt.
Und was bedeutet das in der Praxis?
Vor allem, dass man hiervon nur wenig merkt, so unauffällig agieren Motor, Getriebe und Mildhybrid. Bis 170 km/h gibt sich der 35 TFSI in der A3 Limousine kultiviert, erst dann dominieren die Windgeräusche. Hier kommt dem Stufenheck sein guter cW-Wert von bis zu 0,25 zugute.
Lobenswert ist auch die direkte Note in der Lenkung, während das Fahrwerk (S Line!) straff, aber nicht unangenehm ist. Beides macht Laune auf den kommenden S3 (bereits angekündigt) und den nächsten RS 3.

An ausreichend Leistung für den Alltag mangelt es aber auch schon dem 35 TFSI nicht: 250 Newtonmeter ab 1.500 U/min, 8,4 Sekunden auf 100 km/h und maximal 232 Spitze.
Billig ist der Spaß aber nicht ...
Ob aber bei der Preisgestaltung Hans Rosenthal "Das war Spitze" rufen würde? Wohl weniger: Bei 31.800 Euro beginnt die Audi A3 35 TFSI Limousine als MHEV mit 19 Prozent Mehrwehrsteuer. Mit 16 Prozent sind es 30.998,32 Euro. Generell kostet das Stufenheck 900 Euro mehr als der Fünftürer. Und nein, das rechnen wir jetzt nicht in Schilling um ...
Fazit: 8/10
Natürlich ist die Entscheidung, ob Fünftürer oder Stufenheck, reine Geschmackssache. Doch Audi macht bei der neuen A3 Limousine vieles richtig: Ein gelungenes Design, gutes Raumangebot und ein lobenswertes Bedienkonzept. Und selbst der Preis relativiert sich, denn warum eigentlich noch eine A4 Limousine kaufen?
Bildergalerie: Audi A3 Limousine (2020) im Test
Audi A3 Limousine 35 TFSI MHEV S Tronic