Das Stufenheck ist tot, es lebe das Gran Coupé! Seitdem BMW im Jahr 2012 das 6er Gran Coupé als Antwort auf den Mercedes CLS herausgebracht hat, wurden mehr als 400.000 "GC" diverser Baureihen verkauft. Jetzt folgt das bislang kleinste Gran Coupé als technischer Bruder der neuen 1er-Reihe. Wir konnten das 2er Gran Coupé bereits fahren.

Was ist das?

Vereinfacht gesagt: Das BMW-Pendant zum (etwas längeren) Mercedes CLA. Und gewissermaßen der coolere Bruder der ebenfalls frontgetriebenen 1er Limousine, die nur in China und Mexiko angeboten wird. Die Basis für das 2er Gran Coupé liefert der neue 1er, speziell von vorne sind Ähnlichkeiten nicht zu leugnen. Sobald der Blick aber weiter nach hinten wandert, beginnen die Diskussionen: Das kurze wuchtige Heck ist Geschmackssache, manch ein Beobachter fühlt sich an den X4 erinnert. Erst im Vergleich zum 8er Gran Coupé wird die Intention der Designer klar. Ein Hauch von Baby-8er liegt über dem neuesten 2er. 

Bildergalerie: BMW 220d Gran Coupé (2020) in Storm Bay Metallic

Fest steht: Das 2er Gran Coupé polarisiert. Aber solch ein Auto kauft man nicht, weil man es braucht, sondern weil man es mag. Wenden wir uns lieber den harten Fakten zu: 4,53 Meter misst der Viertürer in der Länge und weist einen Radstand von 2,67 Meter auf. Anders als beim 1er wirkt sich hier die Frontantriebs-Plattform beim Raumangebot spürbar positiv aus. Selbst mit 1,88 Meter Körpergröße habe ich im Fond ausreichend Platz, einzig über dem Kopf bleibt aufgrund der Dachlinie nicht mehr viel Luft. Positiv: Aufgrund des dritten Seitenfensters kommt viel Licht ins Innere. 430 Liter Gepäck passen in den Kofferraum.

BMW 220d Gran Coupé (2020) im Test

Und wie fährt er sich?

Zum Marktstart im März 2020 gibt es den F44, wie das 2er Gran Coupé intern heißt, mit drei Motoren zur Auswahl. Einstiegsaggregat ist der 218i mit 1,5-Liter-Dreizylinder, hinzu kommen der 190 PS starke 220d und der M235i xDrive, der 306 PS aus dem bislang stärkstem BMW-Vierzylinder liefert.

Meine erste Testrunde drehe ich im 220d Gran Coupé. Das Cockpit kennt man vom 1er, das optionale "BMW Live Cockpit Professional" mit 10,25 Zoll großem Instrumentendisplay ist hingegen nicht nur ziemlich teuer, sondern auch ziemlich verzichtbar. Wirklich schön ist die Darstellung nicht, aus meiner Sicht reichen das serienmäßige "Live Cockpit" oder das "Live Cockpit Plus" völlig aus. 

BMW 220d Gran Coupé (2020) im Test

Ansonsten ist die Bedienung recht einfach, nur an der manchmal begriffsstutzigen Sprachsteuerung sollte BMW noch feilen. Doch ich will nicht "Freude am Quasseln", sondern "Freude am Fahren" erleben. Also los jetzt! Laufruhig setzt sich der Wagen in Bewegung, das 220d Gran Coupé erweist sich trotz der rahmenlosen Seitenscheiben als ausgezeichnet gedämmt. Serienmäßig ist eine Achtgang-Automatik an Bord, welche die Gänge geschmeidig wechselt. In 7,5 Sekunden geht es auf 100 km/h, maximal sind 235 km/h drin.

Ich schmiege mich in die bequemen Sportsitze (Aufpreis rund 500 Euro) und probiere die Fahrmodi aus. Hier spielt das adaptive Fahrwerk (500 Euro) seine Vorzüge aus: Angenehmes Abrollen in "Comfort" trotz 18-Zoll-Bereifung, straff in "Sport". Dazu passt die präzise Lenkung. BMW hat es zudem geschafft, den Frontantrieb gut zu kaschieren. Erst in fast übertrieben scharf gefahrenen Kurven macht sich ein leichter Hang zum Untersteuern bemerkbar. Ungeachtet dessen zählt das 2er Gran Coupé zu den sportlichsten Fronttrieblern seiner Klasse. Klare Sache: Der 220d ist das ideale 2er Gran Coupé für Langstrecken.

BMW M235i xDrive Gran Coupé (2020) im Test

Optisch deutlich martialischer tritt das M235i xDrive Gran Coupé auf. 4,9 Sekunden auf 100 lautet hier die Ansage. Die Kombination von Achtgang-Sport-Automatik und Allradantrieb bringt die 450 Newtonmeter maximales Drehmoment sauber auf den Asphalt. In Kurven bleibt der M235i xDrive weitgehend neutral, das Allradsystem camoufliert die frontorientierte Auslegung. Doch auch wegen der gut 1,6 Tonnen Leergewicht fehlt die Leichtigkeit des Seins, zudem ist hier das Fahrwerk im Sport-Modus gewöhnungsbedürftig straff. Und die Klangnote des Vierzylinders? Zwischen kernig und basslastig. Lassen Sie es mich so formulieren: Das M235i xDrive Gran Coupé ist ein scharfes Messer, ein M240i Coupé mit Hinterradantrieb aber ein Skalpell.

Was kostet der Spaß?

Los geht es beim 2er Gran Coupé mit 31.950 Euro für den Basis-218i. Serienmäßig sind stets Alufelgen und LED-Scheinwerfer plus LED-Rückleuchten. Dadurch beträgt die ausstattungsbereinigte Differenz zum BMW 118i knapp über 1.800 Euro. Wer lieber den 220d möchte, sollte mindestens 39.990 Euro einkalkulieren. Im Fall des M235 xDrive werden saftige 51.900 Euro fällig.

BMW M235i xDrive Gran Coupé (2020) im Test

Und das ist nur der Anfang: In der 68 Seiten starken Preisliste können sich potenzielle Kunden nach Lust und Laune austoben. Der eigene Geschmack ist beim 2er Gran Coupé das Zünglein an der Waage. 

Fazit: 8/10

Acht von zehn Punkten für das BMW 2er Gran Coupé? Ja, denn persönlicher Designgeschmack wird nicht gewertet. Klar ist: Entweder man liebt die Optik oder man hasst sie. Langweilig ist der 1er-Bruder jedenfalls nicht. Punkte sammelt das 2er Gran Coupé mit gutem Platzangebot und fein abgestimmter, fahraktiver Technik. Einzig das Infotainment ist noch verbesserungswürdig.

Bildergalerie: BMW M235i xDrive Gran Coupé (2020) in Alpinweiß

BMW M235i xDrive Gran Coupé

Motor TwinPower-Vierzylinder mit Turboaufladung, 1.996 ccm
Leistung 225 kW (306 PS) bei 5.000 - 6.250 U/min
Getriebeart Achtgang-Sport-Automatik
Max. Drehmoment 450 Nm bei 1.750 - 4.500 U/min
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h
Antrieb Allradantrieb
Beschleunigung 0-100 km/h 4,9 Sek.
Länge 4.526 mm
Breite 1.800 mm
Höhe 1.420 mm
Kofferraumvolumen 430 Liter
Leergewicht 1.645 kg
Zuladung 535 kg
Verbrauch 7,1 Liter/100 km
Emission 162 g CO2/km, Euro 6d-TEMP
Basispreis 51.900 Euro
Marktstart März 2020