Seit Herbst 2021 hat Peugeot den neuen 308 im Program. Wie schlägt sich der Kompaktwagen auf EMP2-Basis des Stellantis-Konzerns mit 131 PS-Benziner? Test!
Als der Testwagen auf unseren Hof rollt, fällt uns im noch grauen Frühlingswetter ein regelrechter Stein vom Herzen. Peugeot hat sich nämlich entschieden, den 308 in der 950 Euro teuren Lackierung "Elixir Rot" bereitzustellen. Fotofreundlich. Nicht wie viele andere Hersteller, die gerne auf die sonst so unauffällig wie beliebte Grau-, Schwarz-, Weiß- oder Silbertöne zurückzugreifen. Man weiß also bei der Löwenmarke, dass man ein durchaus ansehnliches Fahrzeug gestaltet hat, das man gerne auch mit einer knalligen Farbe in Szene setzt.
Design, das anspricht
Am Ende ist das Design des neuen 308 natürlich eine Frage des persönlichen Geschmacks. Dennoch ist es interessant, dass wir sowohl auf einem Supermarktparkplatz als auch an einer Tankstelle auf den wild gestalteten Peugeot angesprochen werden. Innerhalb von nicht einmal 2 Wochen.
Und wir kommen so echt ins Grübeln, wann uns so etwas das letzte Mal mit einem stinknormalen Kompaktwagen passiert ist?! Ja, vielleicht mit einem neuen Mercedes-AMG A 45 S oder einem Audi RS 3. Aber nicht mit einem aerobefelgten Peugeot mit 131 PS starkem 1,2-Liter-Dreizylinder. Chapeau ... wie der Franzose sagt.
Optisch können wir also schon einmal einen Haken an den 308 machen. Uns gefallen die komplett in weiß gehaltenen LED-Rückleuchten, der große Grill mit dem neuen Markenlogo, die scharfe Front samt LED-Scheinwerfer und insgesamt jede Sicke und Kante des Modells.
Und wenn Ihnen all das zu viel französische Lebensfreude sein sollte, gibt es ja ab sofort immer noch den etwas weniger aufregenden, kühler gestalteten, aber dennoch schick anzusehenden Opel Astra in der Konzern-Verwandtschaft.
Kleines Lenkrad, große Meinungen
Neben dem Design des Exterieurs spaltet auch das Interieur die Lager zwischen Peugeot-Fans und Peugeot-Hassern. Der Grund der Polarisierung liegt auf beziehungsweise in den Händen. Das winzige Lenkrad. Wir finden es irgendwie cool, finden aber wie in vielen anderen Modellen der Marke nur schwer eine Sitzposition, die es uns erlaubt, alle Infos auf dem Kombiinstrument über dem Mini-Volant sehen zu können.
Alle anderen Bedienelemente sowie die Sitzposition an sich sind aber gut gemacht und auch wenn es hier keine Highend-Verarbeitung zu begrabbeln gibt, sind wir dennoch zufrieden mit der Materialwahl und der Zusammensetzung des Innenraums.
Wenn es dann aber an die Bedienung geht, zeigt der 308 seine erste Schwäche. Das Infotainmentsystem ist derart kompliziert aufgebaut und manche Funktionen (wie beispielsweise die der Sitzheizung sowie der Lenkradheizung) sind nur über Umwege erreichbar.
Dazu kommt, dass die Software nicht wirklich flott arbeitet, man sich manchmal mit einem zweiten Druck auf den entsprechenden Punkt auf dem Display bei der Auswahl rückversichern möchte und so noch mehr Chaos anrichtet. Weniger Knöpfe sind nicht immer mehr Bedienfreundlichkeit. VW hat das in der aktuellen Golf 8-Generation aber auch erst lernen müssen ...
Benziner? Gute Wahl!
Unter der Haube haben wir uns für den großen Benziner entschieden. Neben den bereits erwähnten 131 PS kommt er auf ein maximales Drehmoment von 230 Nm. Die Zahlen erscheinen niedrig, ja, reichen dem 308 aber aus. Man ist keine Rakete im Verkehrsgeschehen, aber auch nicht untermotorisiert.
Theoretisch würde vielleicht sogar der Basis-Benziner mit 110 PS und 205 Nm Drehmoment ausreichen. Allerdings verwehrt Peugeot diesem Modell die wunderbar sortierende 8-Gang-Automatik und die sollten Sie in jedem Fall ordern.
Mit einem gesunden Maß an Traktionsverlust an der Vorderachse auf den ersten Zentimetern gelingt der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in 9,7 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit erreicht der 308 bei 210 km/h. Dann pfeift der 3-Zylinder-Motor aber gewaltig aus dem letzten Loch und der Franzose wird trinkfreudiger als ein irischer Seemann auf Landgang in einer Hafenstadt. Unter sechs Liter auf 100 km wie im WLTP-Zyklus angegeben? Niemals! Über 7,0 Liter – damit sollten Sie rechnen. Auch ohne Highspeed-Einforderungen.
Gedämmt ist die Kabine übrigens gut. Vor Windgeräuschen. Auch bis über Tempo 150 hinaus. Trotzdem hat sich Peugeot nicht unbedingt die Mühe gemacht, den Dreiyzlinder-Klang von vorne zu verheimlichen. Ob es besonders sportlich wirken soll? Wir wissen es nicht. Stören uns aber auch nicht an den knurrigen Sound.
Positives Fahrverhalten
Positiv fällt außerdem das Fahrwerk auf, welches sowohl auf knackige Querfugen als auch auf langgestreckte Bodenwellen immer mit der richtigen Portion an Direktheit oder Komfort reagieren kann. Dazu kommt die gut dosierbare Lenkung, die sich hinter dem polarisierenden Zwergen-Lenkrad verbirgt.
Vom reinen Fahrerlebnis her macht der nur rund 1,3 Tonnen leichte Kompaktwagen also keinerlei Fehler. Im Gegenteil: Die Agilität und Leichtfüßigkeit machen Spaß. Da braucht es keine 300 PS-Sportversion oder irgendwelche zusätzlichen Elektromotoren.
Negative Assistenzeindrücke
Natürlich verfügt auch der 308 über ein umfangreiches Spektrum an Assistenzsystemen. Neben den Helfern, die im Notfall für eine gewisse Sicherheit sorgen, sind auch die gängigen Komfort-Assistenzen an Bord.
Auffällig ist hier lediglich der Spurhalteassistent, der nicht nur häufiger als nötig an unserer Fähigkeit zweifelt, die Fahrspur ausreichend genau zu halten, sondern öfter auch ruppig und ziemlich unvermittelt ins Lenkgeschehen eingreift. Es ging so weit, dass wir ihn irgendwann abgeschaltet haben – nach einer 10-minütigen Exkursion durch die Tiefen des Infotainmentsystems.
Konnektiv ist der kompakte Peugeot ebenfalls und die drahtlose Apple CarPlay-Verbindung sorgt für gute Laune. Weniger positive Stimmung verbreitet hingegen die induktive Ladeschale, die eine bessere Gummierung hätte vertragen können. So rutscht ein Smartphone hin und her.
Nach quasi jeder Kurve, Beschleunigung oder Bremsung sollten Sie einen Blick auf das kleine Batteriesymbol werfen, ob der Ladevorgang noch aktiv ist. Wenn Sie das nicht machen wollen, empfehlen wir stattdessen den USB-C-Anschluss in der Mittelkonsole sowie einen der zwei USB-C-Anschlüsse im gerade noch ausreichend geräumig gestalteten Fond.
Beim Preis bleibt Peugeot mit dem 308 trotz des größeren Benziners und dem Automatikgetriebe mit glatten 27.000 Euro unter der 30.000-Euro-Marke. Wenn Sie allerdings auf rudimentäre Ausstattungsfeatures nicht verzichten möchten, sollten Sie schon das Active Pack gegen die Linie "Allure" eintauschen und mindestens 31.650 Euro investieren. Klingt günstig. Und ist es im Vergleich zur Konkurrenz aus Wolfsburg auch. Der in Rüsselsheim gebaute neue Astra ist aber noch einmal rund 1.000 bis 2.000 Euro günstiger je nach Ausstattungslinie.
Fazit: 7,5/10 Punkte
Optisch und fahrdynamisch hat Peugeot ziemlich viele gute Eigenschaften aus EMP2 herausgearbeitet. Der 308 sieht super aus und fährt sich mit dem spritzigen Benziner sehr ausgewogen – wenn auch nicht immer sparsam.
Bei einer möglichen Probefahrt sollten Sie aber unbedingt auf die technischen Eigenheiten achten. Und wenn Sie sich mit diesen anfreunden können, ist der Franzose sicher eine gute und günstige Wahl im Kompaktwagen-Segment.
Bildergalerie: Peugeot 308 PureTech 130 (2022) im Test
Peugeot 308 Pure Tech 130 8AT