Die Elektromobilität ist derzeit noch ein Langstreckenrennen: Keiner kann wirklich sagen, wer schlussendlich die Nase vorn haben wird. Einige Hersteller drücken bereits auf die Tube, man denke an Tesla, den Renault Zoe oder den Nissan Leaf. Andere wie BMW mit dem i3 sind früh aus den Startblöcken gekommen, schwächeln aktuell aber etwas. Doch das Teilnehmerfeld füllt sich zusehends: VW ID.3, Porsche Taycan, Opel Corsa-e oder zuletzt der Ford Mustang Mach-E, um nur einige Beispiele zu nennen. Um all diese Neuheiten wird ein riesiges Brimborium veranstaltet. Ganz unspektakulär rollt im Februar 2020 der Seat Mii Electric zu den Händlern. Auf den ersten Blick ein alter Bekannter, der aber eine Herzverpflanzung hinter sich hat. Wie fährt sich das kleine Elektroauto?

Was ist das?

Name: Seat Mii. Größe: Stadtflitzer. Seit 2011 auf dem Markt. Brüder: Skoda Citigo und VW Up. 3,56 Meter lang, 1,64 Meter breit, 2,42 Meter Radstand. Und nun als Mii Electric das erste Elektroauto der Marke Seat. (Ende 2020 folgt der El-Born auf Basis des VW ID.3.) Rein optisch wurde kaum etwas geändert, noch am sichtbarsten ist ein Sticker mit dem Modellnamen an der Seite. Aber warum auch das Design auf links drehen? Formal geht der Mii immer noch in Ordnung. Außerdem muss ein Elektroauto ja nicht immer zwingend aussehen wie ein Stück Seife mit Landebahn-Beleuchtung.

Gerade bei einem so kleinen Auto wie dem Mii Electric kommt es auf die inneren Werte an. Die bisherigen Benziner im Mii wandern ins Archiv, künftig gibt es ihn nur noch rein elektrisch. Wie früher bei den Verbrennern teilt sich auch der Strom-Seat die Technik mit dem Skoda Citigo e iV und dem VW e-Up. Bedeutet: Lithium-Ionen-Akku mit 32,3 Kilowattstunden Kapazität plus ein Elektromotor mit 61 kW (83 PS) Leistung. 

Seat Mii Electric (2019) im Test

Lassen Sie uns gemeinsam den stets fünftürigen Seat Mii Electric begutachten: Nach wie vor passen 251 bis 923 Liter Gepäck hinein, in Anbetracht der Fahrzeuglänge ein ordentlicher Wert. Im Fond können es auf Kurzstrecken auch mal zwei Erwachsene aushalten, typisch für Mii und Co. sind die Ausstellfenster hinten. Vorne geht es unspektakulär weiter. Zum Glück! Denn im Cockpit erschlagen einen keine Mega-Displays. Neu sind nur der Automatik-Wählhebel und eine breite, durchaus hübsche Zierleiste.

Alles andere kennen Mii-Fans schon: Klimaautomatik, optionale Sitzheizung, ein Radio. Alles so gut in Griffweite des Fahrers, dass ein Multifunktionslenkrad verzichtbar wird. Navigiert wird per Handy, eine spezielle App informiert zudem den Fahrzeugbesitzer darüber, wie lange sein Mii Electric noch laden muss. Auch eine Vorheizung des Innenraums ist möglich, solange der Wagen am Stecker ist. In unserem Testwagen konnte das Smartphone-Navi nur bedingt überzeugen. Besser lief es mit Google Maps, auch ein Nachrüst-Navi für die Frontscheibe kann man in Betracht ziehen.

Seat Mii Electric (2019) im Test

Als Fahrer blicke ich auf drei große Rundinstrumente: Der Tacho mit einem blauen Bereich zwischen 20 und 80 km/h, in dem der Mii Electric am wirtschaftlichsten fährt. Links daneben die Anzeige, wie viel Kraft ich abrufe oder rekuperiere, rechts die "Tankuhr". Auch auf dem kleinen Info-Display unter dem Tacho kann ich die Restreichweite sehen, wahlweise auch den Verbrauch oder die Geschwindigkeit. Hier herrscht keine Atmosphäre wie in einem NASA-Kontrollzentrum. Gut so und erfrischend symphatisch.

Wie fährt er sich?

Nicht einmal einen Startknopf gibt es. Schlüssel umdrehen. PING! Und los! Befindet sich der Wählhebel in D, kann ich drei Level der Rekuperation wählen, je nach persönlichem Geschmack. Ich schiebe ihn noch weiter in B. Hier gibt es den maximalen Level vier, der den Mii Electric besonders stark abbremst. Das muss nicht jeder mögen, doch gerade in der Stadt gefällt mir das Fahren mit einem Pedal prima.

Los geht es aber mit einem Stück Autobahn: Von 0 auf 50 km/h spurtet der kleine Spanier in 3,9 Sekunden, aus dem Stand heraus drücken 212 Newtonmeter nach vorne. Bis Tempo 100 vergehen 12,3 Sekunden, mir kommt es zügiger vor. Doch schnell zeigt sich, dass Schnellstraßen nicht das natürliche Habitat des Mii Electric sind. Die Reichweite schmilzt dort so schnell wie ein Eis im Hochsommer. Maximal 130 km/h sind drin, zwischen 110 und 120 fährt es sich angenehm ruhig. Weiter auf der Landstraße: Überraschend direkt ist die Lenkung (Wendekreis: 9,8 Meter) und auch die Federung absorbiert Unebenheiten gar nicht so schlecht. Einzig der kurze Radstand steht Heldentaten beim Komfort im Weg.

Seat Mii Electric (2019) im Test

Schließlich erreichen wir Madrid. 3,2 Millionen Einwohner und ein wuseliger Stadtverkehr, der volle Aufmerksamkeit fordert. Als Fußballfans zieht es mich und meinen Beifahrer zum Bernabeu-Stadion von Real Madrid. Schön ist diese Arena nur bedingt, umso mehr erfreut uns die Quirligkeit des Mii Electric. Wuselig wie ein Mittelstürmer ist hier er in seinem Element und flutscht flott durch die Lücken und Tücken der Großstadt.

Wie steht es mit Verbrauch und Ladezeiten?

Rund 90 Kilometer haben wir zurückgelegt, alle Straßentypen waren dabei. Zur Verfügung standen drei Fahrmodi: Normal, Eco (drosselt Gasannahme und Klimatisierung etwas) und Eco+ (maximale Drosselung, um die nächste Ladesäule zu erreichen). Unser Durchschnittsverbrauch: 14,6 Kilowattstunden, Seat gibt offiziell 12,7 bis 12,9 kWh an. Wir kämen also auf rund 220 Kilometer Reichweite, bis zu 259 Kilometer sind es nach WLTP-Zyklus, bei reinem Stadtbetrieb sollen sogar bis zu 358 Kilometer drin sein.

Und die Ladezeiten von null auf 80 Prozent? 12 bis 16 Stunden an einer normalen 2,3-kW-Steckdose (Ladekabel plus 175 Euro). Bei einer Wallbox mit Dreiphasen-Wechselstrom und 7,2 kW Ladeleistung rund vier Stunden. Und schließlich mit optionalem CCS-Adapter (600 Euro) für Gleichstromladen mit 40 kW Ladeleistung gut eine Stunde.

Seat Mii Electric (2019) im Test

Was kostet er?

Der Preis ist unangefochten das Highlight des Seat Mii Electric: Schon das Basismodell für 20.650 Euro verfügt über eine Klimaautomatik, einen Spurhalte-Assistenten und ein dreiphasiges Typ-2-Ladekabel. 21.775 Euro kostet der Mii Electric Plus mit 16-Zoll-Alus, Sitzheizung vorne, Nebelscheinwerfern und einem Audiosystem mit sechs Lautsprechern. Die Extras sind in Pakete zusammengefasst, empfehlenswert sind hier "Fahrassistenz" mit Parksensoren hinten und Tempomat (320 Euro) und "Easy Flex" (125 Euro) mit höhenverstellbaren Vordersitzen, variablem Ladeboden und geteilt umklappbarer Rückbank.

20.650 Euro für ein 3,56 Meter kleines Auto. Gehts noch? Moment! Bei Seat dürfen Sie noch 4.380 Euro Umweltbonus alias E-Auto-Prämie abziehen, macht 16.270 Euro. Und bald wird es noch günstiger, da die Bundesregierung die Prämie um 2.000 Euro erhöht: Bei 14.270 Euro geht der Seat Mii Electric dann los. Ohne irgendeine Batteriemiete, wohlgemerkt. Seat gibt acht Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie auf die Batterie, bei unter 70 Prozent Kapazität wird getauscht.

Der Preis ist heiß. Und es wird noch heißer: Bei einer Laufzeit von 36 Monaten und 10.000 Kilometer Fahrleistung im Jahr (für ein Stadtauto voll ausreichend) gibt es den Seat Mii im Leasing schon ab 145 Euro monatlich ohne Anzahlung. Da wird es eng für Kontrahenten wie den e.Go Life (100 km Reichweite, ab 15.900 Euro) oder den elektrischen Smart Forfour (160 km Reichweite, vor Facelift 22.600 Euro).

Fazit: 8/10

Ein flotter Flitzer für die Stadt, ohne Nonsens, einfach zu bedienen. Natürlich ist der Seat Mii Electric kein Auto für Langstrecken, sondern für Pendler. Besonders interessant wird er durch die Leasingraten: So kann man drei Jahre lang Elektromobilität austesten, ohne Sorgen um Wiederverkauf und Batterie. Und 2023 wird das Angebot an Elektroautos schon deutlich vielfältiger sein. Um also mal ins E-Auto-Fahren "reinzuschmecken", ist der Mii Electric ideal.

Bildergalerie: Seat Mii Electric (2019) im Test

Seat Mii Electric

Motor permanterregter Synchron-Elektromotor
Leistung 61 kW / 83 PS
Max. Drehmoment 212 Nm
Batterie 32,3 Kilowattstunden
Getriebeart Ein-Gang-Getriebe
Beschleunigung 0-100 km/h 12,3 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 130 km/h
Länge 3.556 mm
Breite 1.645 mm
Höhe 1.481 mm
Kofferraumvolumen 251 - 923 Liter
Leergewicht 1.235 kg
Zuladung 295 kg
Elektrische Reichweite 259 km / 358 km (reiner Stadtverkehr, WLTP)
Ladeanschluss 2,3 kW AC / 7,2 kW AC / 40 KW DC
Aufladezeit 13 - 16 h / 4 h / 1 h (0 auf 80 Prozent)
Basispreis 20.650 Euro
Marktstart Februar 2020