Meine Güte, ist das hier drin heiß! Unser Fotograf vertritt die Meinung, dass geschlossene Fenster besser aussehen. Eine glorreiche Idee bei über 30 Grad, weshalb meine Oberbekleidung so feucht wird wie ein Küchenschwamm. Wobei das Adjektiv „heiß“ eigentlich sehr gut zum Wesen des allerersten Opel GT passt. (Zwischen 2007 und 2009 gab es einen umgelabelten Ami-Roadster als Opel GT, wir decken gnädig den Mantel des Schweigens darüber.)

Nie zuvor hatte ein Auto aus Rüsselsheim für derartiges Aufsehen gesorgt wie der Ur-GT. Rückblick an den Anfang der 1960er-Jahre: Endlich bekommt Opel ein eigenes Designstudio, vorher ging es lediglich darum, fertige Entwürfe des Mutterkonzerns General Motors in Details anzupassen. So war der spätere „Vater des GT“, Erhard Schnell, damit beschäftigt, Schriftzüge zu gestalten. Doch nun will das „Advanced Design Team“ zeigen, was es drauf hat. Die Idee: Ein kleiner Sportwagen, den sich jeder leisten kann. 1965 landet Opel mit der Studie Experimental GT den Knaller auf der IAA in Frankfurt. Nicht wenige Betrachter fühlen sich spontan an eine Corvette erinnert. Doch zugleich denken sich die meisten Messebesucher: Das Teil bauen die NIEMALS in Serie.

 

Taten sie aber doch. 1968 rollt der optisch nochmals verbesserte GT zu den Händlern. Sein Konzept erinnert frappierend an den MG B oder den Mazda MX-5: Einfache Großserientechnik, garniert mit einer attraktiven Hülle. Kurios: Das neue Modell kann nicht unerkannt zu Testfahrten aufbrechen, denn „die aerodynamische Form der GT-Erlkönige ließ eine Tarnung durch Attrappen nicht zu“, bekennt Opel nach der Premiere. Anders formuliert: Der GT ist einfach zu scharf.

Opel GT

Die technischen Zutaten für den 4,11 Meter langen GT liefert der brave Kadett B. Also Hinterradantrieb plus Vierzylinder mit 1,1 und 1,9 Liter Hubraum. So können die Preise schon bei 10.767 Mark beginnen. Doch nur eine Handvoll Kunden wählen den dafür angebotenen 60-PS-Motor, schließlich kostet die größere Maschine nur rund 1 000 Mark mehr. Offiziell gab es den GT übrigens nie als Roadster. Auf der IAA 1969 zeigte Opel aber als Studie den targaähnlichen Aero GT. Doch die notwendigen Änderungen an der Karosserie hätten ein Serienmodell viel zu teuer gemacht.

 

Gefertigt wird der GT größtenteils beim französischen Karosseriebauer Brissoneau & Lotz, lediglich Fahrwerk und Motor werden in Bochum hinzugefügt. Doch nun muss ich mich erst einmal selbst dem GT hinzufügen. Gar nicht so einfach bei einer Fahrzeughöhe von nur 1,22 Meter. Aber ich schaffe es, mich auf die rutschigen Kunstledersitze zu schlängeln. In einer sehr witzigen GT-Werbung von damals gelingt das einem beleibten Herrn nicht. Der Trost aus dem Off: „Auch für Sie haben wir den passenden Opel.“

Opel GT

Aber ob der so adrett eingerichtet ist wie der GT? Mehrere Rundinstrumente erfreuen das Auge. Ziemlich schnell fällt mein Blick auf den Hebel vor dem kurzen Schaltknüppel. Mit etwas Nachdruck ziehe ich daran und mit einem „Klonk!“ kommen die Scheinwerfer nach einem Dreh um die eigene Achse zum Vorschein. Wie ging nochmal der alte Witz? Warum haben GT-Fahrer so einen dicken rechten Arm? Licht an, Licht aus. Doch das waren oft jene GT-Besitzer, die viel später fette Dreiliter-Blöcke aus dem Opel-Regal einbauten und die Karosserie verschlimmbesserten.

 

Dabei ist ein originaler GT mit 90 PS spaßig genug. Okay, der bürgerliche Motor klingt ziemlich rauh, aber dafür sind die Schaltwege überraschend kurz. Ich muss nicht viel an dem für damalige Verhältnisse recht kleinen Lenkrad kurbeln, denn der GT zieht mit wenig Seitenneigung in die Kurven. Vom MX-5 der 1960er-Jahre zu sprechen, ist nicht ganz abwegig. Zumal der GT ähnlich erfolgreich war: Bis 1973 wurden 103.373 Fahrzeuge gebaut. Ein Eigentümerwechsel in Frankreich und immer schärfere Vorschriften in den USA, wohin der GT-Löwenanteil ging, bedeuteten das Aus. Doch Geschichte wiederholt sich: Im Frühjahr 2016 zeigte Opel das GT Concept mit Dreizylinder-Turbo. Und mancher sagt: Den bauen die NIEMALS! Warten wir mal ab.

Bildergalerie: Opel GT (1968)

Bild von: Fabian Grass