Man kennt es aus der Werbung: Toasties sagen, man sei kein Schnitzel. Microlino legt Wert darauf, kein Auto zu sein. So ähnlich ist es auch mit Alpina. Gewiss, man veredelt unverkennbar BMW-Fahrzeuge. Und wird ab 2026 ein Bestandteil des Konzerns sein. Aber bis dahin ist die Firma KEIN Tuner. Sondern ein eigenständiger Automobilhersteller. Und zwar seit 1983.

Zum runden Jubiläum sind wir nach Buchloe ins schöne Allgäu gereist, um das B4 Gran Coupé von Alpina zu verkosten. Denn die "Alpina Burkard Bovensiepen GmbH + Co. KG", so der vollständige Name, verkauft auch edle Weine. Ist das B4 Gran Coupé ebenfalls ein feiner Tropfen für Kenner?

Bildergalerie: BMW Alpina B4 Gran Coupé (2023) im Test

Bereits 1982 sprachen die Kollegen der "Auto, Motor und Sport" davon, wie Alpina seit 1965 "viersitzige BMW-Limousinen in rassige Sportwagen verwandelt, die in Sachen Temperament und Fahrsicherheit als vollwertiger Porsche-Ersatz gelten können." Daran hat sich nicht viel geändert, denn beispielsweise die Z-Modelle von BMW wurden eher selten angetastet. Ein Highlight war der Alpina Z1 RLE, den wir ebenfalls verkosten konnten. Dazu aber zu einem späteren Zeitpunkt mehr.

Was ist das?

Schließlich geht es hier und jetzt um das B4 Gran Coupé. Um den Charakter von Alpina zu verstehen, muss man in der Zeit zurückreisen. Im erwähnten Jahr 1982 waren ein M3 oder M5 noch kein Thema, die BMW M GmbH arbeitete in Sachen Pkw noch auf kleiner Flamme. Und so entstand zum Beispiel auf Basis des BMW 528i (E28) der BMW Alpina B9 mit strammen 245 PS.

Heutzutage versucht das große M aus München zwar, die sportlichen Wünsche der BMW-Kunden abzudecken. Doch es bleibt noch genügend Nische für Alpina übrig. Zum einen jene leistungshungrige Klientel, denen etwa ein M3 zu offensiv oder gar zu prollig ist. Zum anderen alle, die vergeblich ein BMW M4 Gran Coupé möchten.

Alpina B4 Gran Coupé (2023)
Alpina B4 Gran Coupé (2023)
Alpina B4 Gran Coupé (2023)

Die Lösung: BMW Alpina B4 Gran Coupé. Dieses Fahrzeug trägt den Nerz nach innen. Gut, für die XXL-Niere kann Alpina nichts. Ein dezenter Frontspoiler akzentuiert die Frontansicht, hinten gibt es eine Sportabgasanlage mit vier ovalen Endrohren. Doch selbst der typische goldfarbene Zierstreifen fehlte bei unserem Testwagen. Alpina-Fans können aber beruhigt sein: Es gibt ihn.

Abgerundet wird der aus unserer Sicht gelungene Auftritt durch die klassischen Alpina-20-Zöller. Innen gibt es das Firmenlogo auf dem Lenkrad, die typisch blauen Instrumente (inzwischen digital), eine Plakette auf der Mittelkonsole sowie Leder verschiedenster Arten. Auf Wunsch bietet man eine Innenausstattung mit dem naturgegerbten Lavalina-Leder an. Aber auch beim Fahrgastraum gilt: Nichts wird krawallig auf links gedreht, sondern geschmackvoll-dezent aufgewertet.

Wie fährt er sich?

Ins gleiche Horn stößt der Motor. B steht übrigens bei Alpina für die Benziner, D für die Diesel. In unserem Fall handelt es sich um den von BMW bekannten Biturbo-Sechszylinder mit 3,0 Liter Hubraum. Alpina hat die Motorsteuerung überarbeitet sowie strömungsoptimierte Turbinengehäuse, ein verbessertes Kühlsystem und eine neue Abgasanlage entwickelt.

Alpina B4 Gran Coupé (2023)
Alpina B4 Gran Coupé (2023)

Das Resultat sind 364 kW (495 PS) und 730 Newtonmeter Drehmoment, die per Achtgang-Automatik und Allradantrieb auf die Straße gebracht werden. Zum Vergleich: Die BMW M3/M4 Competition mit xDrive sind 15 PS stärker, aber nur minimal schneller. Das immerhin fast zwei Tonnen schwere Alpina B4 Gran Coupé beschleunigt in 3,7 Sekunden auf 100 km/h, nach 12,9 Sekunden ist Tempo 200 erreicht. Erst bei 301 km/h ist das Ende der Fahnenstange erreicht.

Viel entscheidener ist aber, wie der Wagen seine opulente Leistung auftischt. Während ein BMW M3 unterschwellig immer fordert: Los, zeig allen, was Du für eine geile Kiste fährst! ... ist das Alpina B4 Gran Coupé eher Sean Connery mit Whisky-Schwenker im schweren Ledersessel. Motto: Der Herrenfahrer nutzt seine Übermotorisierung gekonnt aus. Und prahlt damit nicht.

Das B4 Gran Coupé fährt sich denn auch sehr ausgewogen samt vorzüglich agierender Automatik. Langweilig ist der Wagen keineswegs, schon aufgrund seines beeindruckenden Schubs. Aber selbst im Sport-Plus-Modus bleibt er distinguiert. "Stiff upper lip" würde der Brite sagen. 

Dazu viel Restkomfort und eine hervorragend austarierte Lenkung, die sich im Sport-Modus als wahres Gedicht erweist. Kein Wunder, dass sich Alpina nicht über mangelnde Nachfrage beschweren muss. Natürlich hat das Alpina B4 Gran Coupé seinen Preis, nämlich ab 94.500 Euro aufwärts. Aber es ist jeden Cent wert. Und zum Vergleich: Ein BMW M3 Competition Touring xDrive kostet mindestens 101.300 Euro.

Fazit: 10/10

Eigentlich müssten wir an dieser Stelle 12 von 10 Punkten vergeben. Das B4 Gran Coupé zeigt exzellent, was vorbildliche Verfeinerung bewirken kann. Zudem gefällt die zurückhaltende Optik. Jetzt noch einen "echten" Alpina kaufen, kann sich lohnen. Denn wie bei sehr guten Tropfen ist eine Wertsteigerung nicht ausgeschlossen.

Bildergalerie: BMW Alpina B4 Gran Coupé (2023) im Test

Bild von: Fabian Grass

BMW Alpina B4 Gran Coupé (2023)

Motor Biturbo-Reihensechszylinder, 2.993 ccm
Leistung 364 kW (495 PS) bei 5.000 - 7.000 U/min
Max. Drehmoment 730 Nm bei 2.500 - 4.500 U/min
Getriebeart Achtgang-Automatik
Antrieb Allradantrieb
Beschleunigung 0-100 km/h 3,7 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 301 km/h
Länge 4.792 mm
Breite 1.850 mm
Höhe 1.440 mm
Kofferraumvolumen 470 - 1.290 Liter
Leergewicht 1.965 kg
Zuladung 510 kg
Anhängelast 1.800 kg
Verbrauch 9,8 Liter/100 km (WLTP)
Emission 223 g CO2/km
Basispreis 94.500 Euro