Das ist ein sehr gelber M4!

Und einer mit allen Schikanen obendrein. BMW M4 Competition M xDrive Coupé heißt das gute Stück laut Preisliste. Sprich: Das genaue Gegenteil von dem, was der M-Fan der alten Schule für richtig hält: Allrad, 8-Gang-Automatik, 1.850 Kilo Lebendgewicht (mit Fahrer) - da kräuseln sich dem Asketen sämtliche Fußnägel. Dabei entgeht selbigem vor lauter Verbohrtheit am Ende wohl die bessere Alternative, aber dazu kommen wir noch. 

Falls Sie den fröhlichen Lack genauso gut finden wie ich, dann ordern Sie ihren M4 am besten im Individualton Speedgelb. Also vorausgesetzt, der schnelle Ton ist ihnen fünf Tausender wert. Ist ja ursprünglich auch eine Porsche-Farbe, da darf man nicht so kleinlich sein. 

Außerdem sorgt das prächtige Lackkleid für jede Menge Aufmerksamkeit. Wo ich auch vorfuhr, drehten sich die Köpfe und erhellten sich die Mienen. In München und am Nürburgring, wo selbst ein recht neuer M4 quasi zum Inventar gehört, wahrlich keine Selbstverständlichkeit.

BMW M4 Competition (2022) im Test
BMW M4 Competition (2022) im Test
BMW M4 Competition (2022) im Test

Der Rest dürfte Ihnen inzwischen relativ bekannt vorkommen. Wir hatten jetzt ja wirklich schon den ein oder anderen Test des M3/M4 der Baureihe G80 (beziehungsweise G82 fürs Coupé) im Angebot. Hier zum Beispiel. Oder wenn Sie diese blauen Buchstaben klicken auch als Handschalter. Außerdem wurde über den neuen M3 Touring (G81) berichtet, als gäbe es kein morgen. Und der hat ja obendrein das gleiche Setup wie mein schöner speedgelber M4. Also mit Allrad und so.

Motorenmäßig ändert sich ja nix beim Competition. Egal ob jetzt zwei Radl angetrieben werden oder vier. Der S58 mit seinen drei Liter Hubraum und zwei Turbos leistet auch hier 510 PS und 650 Nm. Allerdings nutzt der zusätzliche Grip, den die angetriebenen Vorderräder bringen, dem Sprintvermögen ganz erheblich.

Von 0-100 km/h vergehen im xDrive-M4 gerade mal 3,5 Sekunden. Das ist a) ziemlich beängstigend und b) 0,4 Sekunden schneller als mit ohne Allrad. 

Bildergalerie: 2022 BMW M4 CSL

Die Frage aller Fragen lautet nun: Lohnen sich die ziemlich üppigen 4.000 Euro Aufpreis für die "Ich fahr auch im Regen schnell"-Variante oder ist das gute Stück am Ende einfach nur teurer, schwerer, weniger unterhaltsam? Finden wir es heraus, würde ich meinen.

Und?

Ja gut, wo fang ich da jetzt an!? Die Basisinformation, die Ihnen wahrscheinlich am meisten bringt, ist, dass der allradelnde M4 sich grundsätzlich anfühlt wie ein M4. Klingt bahnbrechend, ich weiß. Ob das jetzt super gut oder eher so ganz okay ist, darüber scheiden sich die Geister. 

Ich will ehrlich sein: Der M4 (und natürlich auch der M3) ist nach allen logischen und messbaren und auch unter den meisten fühlbaren Kriterien ein absolut sensationelles Auto. Aber irgendwo zwischen Straße, Vorderreifen, Lenkrad und den eigenen Griffeln gehen ein paar Dinge verloren, die nicht verloren gehen sollten. Zumindest nicht bei einem Sportwagen, den man ja vernünftig fühlen und spüren will. Das ist bei den Hecktrieblern so und daran ändern auch ein paar Antriebswellen mehr irgendwie nichts. 

Beispiel Nürburgring. Da war ich auf Termin und dachte mir, bevor du jetzt wieder heimfährst, nimmst du aber auf jeden Fall noch ein, zwei Runden Nordschleife mit. Wichtige Erkenntnisse und so. Auch ein M4 ist ja inzwischen so fürchterlich schnell, dass du ihn auf einer öffentlichen Straße nur ein bisschen triezen, aber nicht wirklich in Verlegenheit bringen kannst. 

BMW M4 Competition (2022) im Test

Auf der Nordschleife ist das mittlerweile übrigens auch äußerst schwierig. Gerade, wenn xDrive auf dem Heckdeckel steht. Das Auto fliegt einfach so über die Strecke. Mit fast schon arroganter Leichtigkeit. Viel tun muss man dafür nicht. Außer permanent auf den Tacho schauen. Einfach weil man an den meisten neuralgischen Stellen mit dem irgendwann mal antrainierten Einsatz des rechten Pedals in diesem Auto so dermaßen viel zu schnell ist, dass das hin und wieder böse ausgehen könnte. 

Gefahren wurde übrigens im 4WD-Modus mit allen einstellbaren Parametern auf volle Attacke. Nur die Dämpfer blieben im Comfort-Setting. Der Grip ist ja schon beim hinterradgetriebenen M4 um Welten besser als im Vorgänger F82. Mit dem Allradler wächst das Vertrauen in unermessliche Höhen. 

Absolute Neutralität ist Trumpf. Wenn man nicht in den giftigeren 4WD Sport- oder gar in den 2WD-Modus mit komplett deaktiviertem Schleuderschutz wechselt, zuckt da gar nix im Hinterteil. Das Einlenken passiert wie gewohnt leichtgängig und sehr sehr fix. Der Rest des Autos folgt ohne spürbare Verzögerung. Der M4 xDrive zieht seine Bahnen als hätte irgendjemand einen 20,8 Kilometer langen Carrerabahn-Slot in die Nordschleife geritzt. 

BMW M4 Competition (2022) im Test

Müheloser und stressfreier kannst du kaum durch die Grüne Hölle wedeln. Wenn du nicht gerade wieder auf die verblüffend großen Zahlen auf dem Tacho schaust und leichte Panik vor der nahenden Kurve bekommst. Der Schub in allen Lagen fühlt sich wirklich eher an wie ein Beam. Aber keine Sorge, die optionalen Keramik-Stopper (sehen mit ihren goldenen Sätteln auf einem gelben Auto jetzt nicht ganz so stilsicher aus) sind toll zu dosieren und das Auto bleibt auch bei stärkeren Ankerwürfen super stabil. 

Und wo ist jetzt das Problem, werden Sie vielleicht denken? Was hat er denn, der alte Nörgler? Nun, bei aller Highspeed-Nonchalance, mit der der M4 xDrive die Rennstrecke niederbügelt, ist das Gesamterlebnis halt doch ganz schön Playstation.

Man würde von all der unglaublichen Performance, die der M4 auf die Bahn zaubert, so gerne einfach ein bisschen mehr in den wurstig dicken M-Lenkradkranz geliefert bekommen. So denkt man sich als Fahrer häufig: Ich weiß, dass ich gerade unglaublich schnell durch die letzte Sektion gesägt bin, aber dafür gar nicht so recht, wie ich das eigentlich geschafft habe. Das Auto hat's halt einfach gemacht. 

Ist das denn so schlimm? 

Naja, wie man's nimmt. Er kann es ja alles, der liebe M4. Unglaublich gut sogar. Seine Chassis-Balance ist herausragend. Er bewegt sich schon ein bisschen nervös und ungestüm, aber dadurch wird er halt auch nicht fad. Da ist schon immer einiges los hinterm Steuer. 

Besonders vortrefflich ist den Herrschaften von der xDrive-Kalibrierung genau diese gelungen. Einmal mehr. Oder wie immer, muss man eigentlich sagen. Der Allrad tut Allrad-Dinge, wenn du sie brauchst. Aber eigentlich fühlt sich das Auto immer an wie ein Hecktriebler. Wenn du dich ein bisschen engagierst, dann kommt das Heck auch. Nicht nur ein bisschen, sondern so gierig wie du das vorgibst. Besser geht's eigentlich nicht. 

BMW M4 Competition (2022) im Test
BMW M4 Competition (2022) im Test

Und der Antrieb? Das der inzwischen mehr warpt als beschleunigt, beschrieb ich bereits. Offenkundig wurde mir mit mehr Zeit am Steuer, dass er aber schon ganz schön tief durchatmet, bis er dann die Gesichtszüge eskalieren lässt. Bis knapp unter 3.000 Touren turbolocht es recht deutlich. 

Die 8-Gang-Automatik ist beim M4 xDrive eh die einzige Wahl. Das schadet gar nix, denn für mich macht sie - die Asketen werden es mir verzeihen - das Auto spürbar wacher, umtriebiger und performanter. Die lange Getriebeübersetzung des 6-Gang-Schalters killt oft einiges an Momentum, das ist hier definitiv nicht der Fall. Und auch auf der Strecke unter Volllast passiert kein Missgeschick.

Klangtechnisch ist das Thema M3/M4 natürlich ausbaufähig. Innen kriegt man durch die Lautsprecher beim Ausdrehen ein paar frivole Frequenzen, von außen wird aber weitgehend die akustische Friedenspfeife geraucht.

Irgendwas, das dieses Auto gar nicht kann?  

Mir fällt nicht wirklich etwas ein. Klar, den Perwoll-Weichmacher haben die M-Ingenieure jetzt nicht in den ganz großen Mengen in die Dämpfer gekippt, aber hier fährt immer noch ein vollwertiges, extrem Rennstrecken-taugliches M-Auto durch die Gegend. Wen ein bisschen Härte im Abgang stört, der suche sich ein anderes Gefährt. 

Ich würde den M4 Competition xDrive ganz im Gegenteil sogar als nahezu perfektes Reise-Coupé betrachten. Die Qualität und Ergonomie im Interieur ist fantastisch, die Bedienung des Infotainments bekannt überlegen und glauben Sie es oder nicht, aber ich fuhr dieses 510-PS-1,85-Tonnen-Sportgerät auf Langstrecke (meist 120 bis 160 km/h) mit 8,6 Liter Durchschnittsverbrauch. Da sieht man auch mal wieder, warum BMW noch immer für Bayerische MOTOREN Werke steht.

BMW M4 Competition (2022) im Test
BMW M4 Competition (2022) im Test

Einzig das 3.800 Euro teure Carbon-Gestühl bereitete mir Dauerstress im Bein-, Hüft- und Rückenbereich. Ich finde die schicken Schraubstöcke einfach fürchterlich unbequem. Da ich mit dieser Meinung allerdings - nach Befragung hunderter Menschen - völlig allein dastehe, suche ich die Schuld bei mir und nicht beim Gestühl. Probesitzen würde ich vor dem Kauf trotzdem. 

Fazit: 8/10 

So, jetzt wird's ernst. Hinterrad oder Allradantrieb? Bringen Sie mich nicht um, aber ich würde beim M4 zum Allradler greifen. Er macht aus Fahrspaß-Sicht nichts schlechter, Sie können mit ihm auf Wunsch genauso viele tiefschwarze Striche in den Teer malen, er ist trotz Mehrgewicht schneller und keinen Deut weniger agil und obendrein müssen Sie keine Angst um den Inhalt ihrer Unterhose haben, wenn es draußen mal nasskalte +2 oder verschneite -4 Grad hat. 

Was der BMW M4 inzwischen insgesamt auf der Performance-Seite abruft (bei gleichzeitig hervorragender Alltagstauglichkeit), ist einfach atemberaubend, die Geschwindigkeiten auf der Rennstreck lächerlich hoch. Für eine absolute Spitzen-Bewertung fehlt mir auch beim xdrivenden M4 der letzte Informationsfluss von der Vorderachse. Das ist mir zu taub, gefiltert und künstlich. Ansonsten: alle Daumen hoch. Und nur Mut zum Allrad.

Bildergalerie: BMW M4 Competition (2022) im Test

BMW M4

Motor Reihensechszylinder-Biturbo; 2.993 ccm
Getriebeart 8-Gang-Automatik
Antrieb Allradantrieb
Leistung 375 kW (510 PS) bei 6.250 U/min
Max. Drehmoment 650 Nm bei 2.750-5.500 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 3,5 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h (290 km/h optional)
Leergewicht 1.850 kg
Zuladung 430 kg
Kofferraumvolumen 440 Liter
Verbrauch Normverbrauch (WLTP): 10,0 Liter; Testverbrauch: 10,5 Liter
Emission 227-230 g/km CO2
Basispreis 98.300 Euro
Preis des Testwagens 124.050 Euro