Die schönsten Geschenke zum Geburtstag macht man sich ja bekanntlich selbst. So auch VW: Der leistungsgesteigerte Golf R "20 Years" toppt alles, was Volkswagen R bislang in der Kompaktklasse auf die Straße gebracht hat. Das Editionsmodell ist noch einmal 10 kW stärker als der aktuelle, bislang leistungsstärkste Golf R. Wir haben den Jubi-R zu einer Ausfahrt gebeten.

Was ist das?

Mit dem Grund für das Sondermodell war ich bereits unterwegs: 2002 kam der VW Golf R32 auf den Markt, damals noch mit 3,2-Liter-V6. Doch die Zeiten ändern sich, heute regiert König Turbo beim 2,0-Liter-Vierzylinder des aktuellen VW Golf R. Aus der Maschine haben die Ingenieure noch etwas mehr Leistung herausgekitzelt.

Damit schickt der allradgetriebene R-Jubilar 245 kW (333 PS) an alle vier Räder. So motorisiert, beschleunigt der Golf R "20 Years" in nur 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt serienmäßig 270 km/h, der Tacho reicht bis 320.

Auf der Nürburgring-Nordschleife unterbot Rennfahrer Benjamin Leuchter im Golf R "20 Years" die bisherige Bestzeit eines Golf R um vier Sekunden. Für eine Runde auf dem 20,832 km langen Eifelkurs benötigte er nur 7:47,31 Minuten. Nicht schlecht, vor einigen Jahren brauchte man dafür noch einen Porsche.

Bildergalerie: Volkswagen Golf R "20 Years" (2022)

Immer an Bord des "20ers" ist unter anderem R-Performance Torque Vectoring, eine Weiterentwicklung des Allradantriebs, die exklusiv den R-Modellen vorbehalten ist. Das System verteilt die Antriebskraft variabel zwischen den Achsen sowie dem linken und dem rechten Hinterrad. Im Extremfall können dem kurvenäußeren Rad bis zu 100 Prozent der am Heck verfügbaren Kraft zugeführt werden. Dadurch wird verhindert, dass das Fahrzeug beim Herausbeschleunigen aus sehr schnell gefahrenen Kurven in Richtung des äußeren Kurvenrands schiebt (Untersteuern).

Die Folge: maximale Kurvengeschwindigkeiten bei exzellenter Traktion und bestmöglicher Fahrstabilität. Dafür sorgen auch der Fahrdynamikmanager, der die intelligente Abstimmung der elektromechanischen Fahrwerksysteme orchestriert, sowie das serienmäßige R-Performance Paket.

Dieses bietet neben den Fahrprofilen "Comfort", "Sport" und "Race" zusätzlich die Fahrprogramme "Drift" und "Special". Letzterer ist gezielt auf die Nordschleife des Nürburgrings abgestimmt – die vielleicht anspruchsvollste Rennstrecke der Welt und traditionell das Terrain für die finale Abstimmung aller Volkswagen R-Modelle.

VW Golf R 20 Years Edition (2022) im Kurztest

Wie fährt er sich?

Zum Fahrerlebnis im Golf R "20 Years" trägt auch die Schaltcharakteristik des Doppelkupplungsgetriebes bei. Beim manuellen Hochschalten in den Fahrstufen S und S+ liefert das 7-Gang-DSG bei jeder Betätigung der rechten Schaltwippe ein spürbares Feedback des Getriebes und des Antriebsstrangs.

Dank der optimierten Motorabstimmung lässt sich der Golf R "20 Years" in sportlichen Fahrsituationen noch dynamischer und fahrstabiler bewegen. Der Turbolader wird bei Teillastfahrten konstant auf Drehzahl gehalten und entfaltet seine Kraft beim Beschleunigen so noch druckvoller. Die optimierte Akustik der Abgasanlage im niedrigen Drehzahlbereich und der rauere Motorsound im Innenraum kommen hinzu.

Musik ist vorhanden, keine Frage. Je nach Modus sprotzelt es munter beim Gas wegnehmen. Aber einen so markanten Klang wie der frühere Golf R32 kann auch der Jubiläums-R nicht bieten. Und Gas geben ist eh eine Sache, wenn wie in meinem Fall der Verkehr rund um München nur zäh fließt. Was nützen einem im Stau die 333 PS? 

VW Golf R 20 Years Edition (2022) im Kurztest

Doch in den seltenen Situationen von "Freie Bahn mit Marzipan" spüre ich, dass die Golf-R-Klinge hier noch einmal schärfer geschliffen wurde. Motor und Getriebe arbeiten flott zusammen, beim Zug an den Schaltwippen sind keine Pausen zu merken. Einzig die Lenkung des 1.555 Kilogramm schweren Wagens könnte für meinen Geschmack präziser ansprechen.

Stets bemerkenswert ist aber die breite Spreizung des Golf R. Auch beim "20 Years". Klar ist er ein straffes Auto, aber nicht zu straff. Doch in "Comfort" lässt sich entspannt zum Supermarkt gleiten, während "Race" die sprichwörtliche Sau loslässt.

Was kostet er?

Auf dem Papier ist der Unterschied zum normalen Golf R gering: 420 Nm maximales Drehmoment haben beide, der "20 Years" ist im Sprint 0,1 Sekunden schneller. Lohnt sich der Aufpreis von knapp 3.000 Euro? Aus meiner Sicht nur für echte Sportfahrer mit eingespeicherter Route zum Nürburgring.

Oder unter Sammleraspekten: Als weltweit erster Volkswagen verfügt der Golf R "20 Years" im Innenraum über Dekoreinlagen aus echtem Carbon. Ein Jubiläumslogo auf der B-Säule und eine "20 R"-Logo-Projektion aus den Außenspiegeln heben das 55.700 Euro teure Editionsmodell optisch von seinen Geschwistern ab. Wie alle Golf R und Golf R Variant kann es in den drei Markenfarben von Volkswagen R bestellt werden: "Lapiz Blue Metallic", "Pure White" sowie "Deep Black Perleffekt". Die Produktionszeit ist auf etwa ein Jahr begrenzt.

Bildergalerie: VW Golf R 20 Years Edition (2022) im Kurztest