Was ist das?
Volkswagen startet dieser Tag die große Elektrifizierungsoffensive beim neuen Golf 8. Insgesamt werden Sie künftig die Wahl aus gleich drei 48-Volt-Mildhybriden, den sogenannten eTSI (mit 110, 130 und 150 PS), sowie zwei Plug-in-Hybriden haben. Hier stellt man dem eher sportlich ausgerichteten GTE nun den neuen eHybrid zur Seite.
Der ist mit einer Systemleistung von 204 PS und 350 Nm alles andere als eine Bio-Bremse, richtet sich mit seinem weniger marktschreierischen Auftritt und einer größeren Reichweite aber eher an Firmenkunden und Menschen, denen Komfort und Sparsamkeit wichtiger sind als fette Schürzen und E-geboostete Beschleunigungsorgien.
Wobei das Antriebs-Layout irritierenderweise komplett mit dem des stärkeren GTE (245 PS und 400 Nm Systemleistung) übereinstimmt. Der 1,4-Liter-Turbo-Benziner leistet 150 PS und 250 Nm, der Elektromotor bringt es auf 80 kW und 330 Nm. Auch das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe sowie die optimierte Batterie mit nun 13 statt 9 kWh sind identisch.
Die unterschiedlichen Systemleistungen sind schlichtweg dem Umstand geschuldet, dass der eHybrid weniger aggressiv am Akku saugt als der GTE. Das erklärt, zusammen mit der kleineren Bereifung, dann auch die größere elektrische Reichweite.
80 Kilometer geben die Wolfsburger laut dem veralteten (und arg geschönten) NEFZ-Zyklus an, 18 Kilometer mehr als beim GTE. Übrigens: Der Golf 8 eHybrid verfügt über die gleichen Leistungsdaten wie der Golf 7 GTE, hat offiziell aber 40 Prozent mehr E-Reichweite.
Macht der eHybrid nicht viel mehr Sinn als der teurere GTE?
Für viele Menschen dürfte er das absolut tun, ja. Natürlich sieht er nicht aus wie ein GTI, den Zeus persönlich mit einem blauen Blitz beworfen hat. Aber den meisten, die sparen und umweltbewusster sein wollen, dürfte die schärfere Optik des GTE herzlich egal sein.
Zudem ist der eHybrid ausschließlich in der gehobenen "Style"-Ausstattung erhältlich und daher ab Werk auch schon sehr sehr ordentlich ausgestattet.

Serie sind das Digital Cockpit Pro, das Navigationssystem „Discover Media“, eine Verkehrszeichenerkennung, der „Travel Assist“ für das assistierte Fahren bis 210 km/h (inklusive automatischer Distanzregelung „ACC“ und Spurhalteassistent „Lane Assist“), ein Notbremsassistent, eine Klimaautomatik, eine Rekuperationsfunktion, das lokale Warnsystem „Car2X“, Keyless Start, LED-Plus-Scheinwerfer und LED-Rückleuchten sowie 17-Zoll Leichtmetallräder.
Wie das alles so fährt und funktioniert mit einem Plug-in-Hybrid im Golf 8, können Sie sich ausführlich in unserem Test des neuen GTE zu Gemüte führen. Die fahrdynamischen Unterschiede zwischen dem eHybrid und besagtem GTE sind definitiv spürbar, aber nicht eklatant. Vor allem nicht im alltäglichen Bereich.
Okay, wo muss man Abstriche machen?
In erster Linie bei der maximalen Beschleunigung. Bis 100 km/h verliert der eHybrid auf den GTE 0,7 Sekunden (7,4 zu 6,7 Sekunden). Dank der elektrischen Unterstützung spricht auch der eHybrid sehr spontan an, aber die Vehemenz des GTE in puncto Durchzug erreicht er nicht.
Davon ausgeschlossen ist übrigens alles, was im rein elektrischen Modus passiert, denn hier steht beiden Fahrzeugen exakt gleich viel Leistung zur Verfügung. Hier müsste der schwächere der beiden PHEVs eigentlich sogar der Schnellere sein, da er - aus welchem Grund auch immer - mit 1.590 Kilo exakt 34 Kilo weniger auf die Waage bringt. Leider gibt es von VW hier keine Werte.
Fahrdynamisch fällt theoretisch folgendes ins Gewicht: Der eHybrid kommt ohne Sportfahrwerk, verzichtet auf die elektronische Vorderachs-Sperre XDS und muss mit einer kleineren Bremse leben. "Theoretisch", weil all das im Alltag absolut keine Rolle spielen sollte. Außer vielleicht, was die Sportsitze betrifft, denn die sind im GTE wirklich allererste Sahne.

Klar ist der GTE in Kurven etwas straffer angebunden und er liegt auch besser, aber wer derartiges für wichtig hält, der kauft ja dann auch die sportlichere Alternative.
Ansonsten überzeugt der eHybrid mit den bewährten Golf 8-Tugenden. Er lenkt leichtgängig und präzise ein, federt sehr angenehm, ohne jemals bauchig oder zu gemütlich zu wirken und erzeugt insgesamt ein sehr erwachsenes, ausgereiftes Fahrgefühl.
Der Übergang vom rein elektrischen in den Hybrid-Betrieb erfolgt absolut unmerklich. Auch die einzelnen Rekuperations-Modi (neben automatisch gibt es schwach und stark) sind zu loben. "Schwach" erzeugt ein sehr natürliches Gefühl, bei "stark" kann man fast mit einem Pedal fahren. Auch das eigene Bremsen über die Rekuperation hinaus wurde sehr harmonisch gestaltet.
Wie sieht es mit dem Verbrauch aus?
Leider waren meine Test-Gegebenheiten nicht komplett vergleichbar. Im GTE fuhr ich 140 Kilometer, im eHybrid lediglich gut 90. Das ist deswegen von Belang, da ich bei beiden Fahrten größtenteils auf die sogenannte "prädiktive Hybridstrategie" vertraute.
Hier nutzen Volkswagens Plug-in-Hybride neuerdings die Navigationsdaten so, dass die elektrische Reichweite am Ende der Fahrstrecke voll ausgenutzt wurde. Sie trudeln dann also mit einem Prozent Rest-Akku am Ziel ein, wenn Sie das möchten.


Außerdem erkennt das System Kreisverkehre, Ortseinfahrten, Tempolimits, langsamere Fahrzeuge vor Ihnen etc. und übernimmt die passende Rekuperation selbständig.
Dazu kommt, dass die Strecke im GTE relativ zügig gefahren wurde, während die Fahrt im eHybrid eher einem ziemlichen Rumgekurke mit viel Stau et cetera glich.
Das Ende vom Lied: Den GTE fuhr ich mit 4,4 Litern, den eHybrid mit 2,9. Beides laut Bordcomputer, das sollte man schon dazu sagen.
Das ist wirklich wenig ...
Dem würde ich voll und ganz zustimmen. Da lässt sich schon ganz ordentlich sparen. Vor allem für Firmenwagen-Fahrer könnte sich hier mit dem Steuerbonus (monatliche Versteuerung des geldwerten Vorteils mit 0,5 statt 1 Prozent des Brutto-Listenpreises) eine interessante Gelegenheit auftun.
Demgegenüber steht der Preis des eHybrid von 39.781 Euro. Er ist damit lediglich gut 1.900 Euro günstiger als der Golf GTE. Und fast 5.000 Euro teurer als der 245 PS starke Benziner Golf GTI. Nach Abzug der E-Auto-Prämie von 4.500 Euro relativiert sich das natürlich ein wenig. Wohlgemerkt auch gegenüber dem GTE, denn der hat einen Listenpreis von über 40.000 Euro und wird daher "nur" mit 4.000 Euro gefördert.
Sei es wie es sei, was bleibt ist, dass man sich das Sparen in diesem Fall nach wie vor leisten können muss.
Soll ich ihn kaufen?
Um die Eingangsfrage zu beantworten: Ja, für den normalen Gebrauch macht der eHybrid wohl mehr Sinn als der stärkere, dynamischere GTE. Er kommt weiter, verbraucht weniger, ist günstiger, nimmt mehr Elektro-Bonus mit und die dynamischen Einbußen sind für einen Großteil der Kunden sicher verschmerzbar.
Der Preis ist natürlich nicht ohne. Ein Mercedes A 250e mit 218 PS Systemleistung etwa startet bei gut 37.000 Euro (ist aber auch wesentlich schlechter ausgestattet), einen Hyundai Ioniq PHEV mit 141 PS erhalten Sie ab knapp 32.000 Euro.
Das war's dann aber auch schon, was Kompakte mit Verbrenner und Stecker betrifft. In Kürze folgen noch die Konzerngeschwister Seat Leon eHybrid und Skoda Octavia iV. Die sparen im Zweifelsfall ein paar Euro und kommen mit einer weniger fummeligen Bedienung.
Dem Golf eHybrid wird das kaum schaden. Plug-in-Hybride gewinnen rapide an Beliebtheit. Er wird seinen Teil dazu beitragen.
Fazit: 8/10
+ durchzugsstarker, sparsamer Antrieb mit ordentlicher E-Reichweite
+ sehr müheloses, komfortables, präzises Fahrverhalten
+ sehr gute Serienausstattung
- gewöhnungsbedürftige Bedienung
- relativ hoher Grundpreis (ohne E-Prämie)
Bildergalerie: Test Volkswagen Golf 8 eHybrid 2020
Technische Daten und Preise VW Golf eHybrid 2020