Ob Hochzeit oder Videodreh: Bei uns hat der Skoda Octavia Combi 1.5 TSI G-Tec in den vergangenen drei Monaten vieles erlebt. Doch nun, nach etwas mehr als 6.000 Kilometer steht die große Abschlussbilanz an. Wie hat sich das Erdgasauto im Alltag geschlagen? Gab es Probleme? Und wie hoch war der Verbrauch?

Widmen wir uns zunächst den Eindrücken unseres Redaktionsteams: Wirklich jeder war nach einer Fahrt im Octavia von dem Fahrzeug angetan, auch wenn das Äußere ungefähr so aufregend ist wie eine Politikerrunde nach Wahlen. Nur wenige Autos sind auf Anhieb so einfach zu bedienen und zu beherrschen wie der Octavia. Man kann eigentlich jeden, der einen Füherschein hat, hineinsetzen: Sie oder Er könnte nach 30 Sekunden losfahren und man müsste keine Angst um den Wagen haben.

Einziges Erdgas-Detail: Zwei Tankanzeigen, eine für CNG, eine für die kleine Benzinreserve. Also quasi wie beim Elektroauto der "Range Extender", aber ohne einen Extramotor mitzuschleppen. Immer wieder bemerkenswert ist das immense Raumangebot des Octavia, insbesondere des Combi. Bedingt durch die Gastanks verliert der G-Tec (wie Skoda seine Erdgasmodelle nennt) zwar etwas an Volumen, doch 480 bis 1.610 Liter können sich immer noch mehr als sehen lassen. Dazu kommt auf allen Sitzplätzen ein luftiges Gefühl. 

Skoda Octavia Combi mit CNG-Antrieb (2019) im Dauertest - Teil 4

Beim Fahren gibt sich der Skoda Octavia Combi 1.5 TSI G-Tec unauffällig, lediglich beim serienmäßigen 7-Gang-DSG ist eine leichte Anfahrschwäche bemerkbar. 130 PS und 200 Newtonmeter Drehmoment zwischen 1.400 und 4.000 Touren sorgen ansonsten für ordentlich Butter auf dem Brot. Hemmungslose Raserei hat der Erdgas-Octavia nicht im Sinn, das zeigen die 10,1 Sekunden auf 100 km/h. Gelassenes Gleiten lautet die Devise. 

Gab es unvorhergesehene Probleme? Ja, aber in beiden Fällen trifft Skoda keine Schuld. Nummer Eins war ein platter Reifen dank eines fiesen Schlaglochs. Nummer Zwei waren Einträge im Fahrtenbuch wie "Tankstelle Fürholzen defekt" (diese liegt an der A 9). Schlimm genug, dass das Netz an Erdgas-Tankstellen seit Jahren bei rund 900 stagniert. Doch was nutzt ein so gutes Navi wie im Skoda mitsamt Suchfunktion für CNG, wenn die Zapfsäulen defekt sind, nicht mehr existieren oder sich nach Betreiberwechseln im Umbau befinden. Ärgerlich ist das auch deswegen, weil eher selten die nächste Erdgastankstelle um die Ecke liegt. So kann es vorkommen, dass man eine Stunde kostbarer Lebenszeit mit der Suche nach Sprit verbringt. Unsere Bitte an die Bundesregierung: Pumpt nicht nur Geld in Elektro-Ladesäulen, sondern baut endlich auch das CNG-Tankstellennetz aus!

Skoda Octavia Combi mit CNG-Antrieb (2019) im Dauertest - Teil 4

Denn Elektroautos sind in der Klimabilanz beim aktuellen Strommix reine Luftschlösser in Sachen Umweltschutz, erst bei 100 Prozent regenerativem Strom wendet sich das Blatt. Bis dahin schneidet mit Blick auf alle relevanten Energieaufwendungen über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs Erdgas am besten ab, wie eine Analyse der Forschungsgesellschaft "Johanneum Research" ermittelt hat. Grundlage: "Golfklasse", 15.000 Kilometer jährliche Fahrleistung und 15 Jahre Gesamtlebensdauer. Apropos 15 Jahre: Alle zwei Jahre sind Dichtigkeits- und Sichtprüfungen der Erdgasanlage nötig und die Lebensdauer beträgt 20 Jahre ab Produktionsdatum. Danach müssen die Tanks (zwei aus Verbundwerkstoff, einer aus Stahl) getauscht werden. Das kann erhebliche Kosten verursachen und sich schon vorher auf den Wiederverkaufswert des Autos auswirken.

Erdgas lohnt sich also fürs Klima. Aber auch für den Geldbeutel? Über 5.496 Kilometer verbrauchten wir insgesamt 245,84 Kilogramm CNG, das entspricht 4,47 Kilogramm auf 100 Kilometer. Damit liegen wir zwischen dem Werksverbrauch nach NEFZ-Zyklus (4,2 kg) und WLTP-Zyklus (5,1 kg). Wer wie unser italienischer Kollege Fabio Gemelli stets eine gleichbleibende Strecke fährt, kann sogar knapp unter drei Kilogramm kommen. Bei uns erhöhten aber wechselnde Fahrer, Beladungszustände und Strecken den Verbrauch. Trotzdem bleibt das Tanken von CNG günstig: Bei einem Kilopreis von 1,14 Euro rund um München ergeben sich bei unseren 4,47 Kilogramm 5,10 Euro pro 100 Kilometer.

Skoda Octavia Combi mit CNG-Antrieb (2019) im Dauertest - Teil 4

Nur muss man sich den Erdgas-Octavia natürlich erstmal kaufen. Unser Testwagen lag mit üppiger Ausstattung bei 39.590 Euro, generell kostet der CNG-Octavia in der Style-Ausstattung ab 30.800 Euro, rund 1.800 Euro mehr als der Benziner mit 150 PS. Kollege Hohmeyer hat zu Recht kalkuliert: "Um die Preisdifferenz beim Kauf aufzuwiegen, müsste man (je nach Fluktuation von Erdgas- und Benzinpreisen) zirka 50.000 Kilometer fahren. Somit relativiert sich das Sparpotenzial. Verglichen mit dem 1,6-Liter-Diesel verhält es sich ähnlich. Dieser besitzt jedoch kein Siebengang-DSG. Macht man das zum Kriterium, wird der Zweiliter-Diesel (150 PS) zur Vergleichsoption. Da dieser mit einem Basispreis von 30.240 Euro teurer ausfällt als der G-Tec, rechnet sich der Gas-Octavia ab dem ersten Kilometer."

Allerdings bietet ein vollgetankter Diesel deutlich mehr Reichweite als die durchschnittlich 400 Kilometer des 1.5 TSI G-Tec. Nur absolute Sparfüchse stört das nicht. Für Vielfahrer fällt also der Gas-Octavia durchs Raster, für Wenigfahrer ist die CNG-Variante zu teuer. Damit bleibt eine Option und eine Hoffnung übrig. Die Option: Mit dem Marktstart des neuen Skoda Octavia im Frühjahr 2020 sinken vielleicht die Preise für junge Gebrauchte, also auch den 1.5 TSI G-Tec. Die Hoffnung: Auch im neuen Octavia wird es einen CNG-Antrieb geben und zwar exakt die Konfiguration wie in unserem Dauertester. Einziger Unterschied: Es steht dann optional wieder ein Sechsgang-Schaltgetriebe bereit. Vielleicht nimmt sich Skoda ein Herz und bietet den G-Tec zum gleichen Preis wie den normalen 1.5 TSI mit 150 PS an.

Löblich bleibt auf jeden Fall, dass Skoda weiterhin auf Erdgas setzt. Im Angebot sind auch der Scala und der Kamiq als G-Tec. Beide weisen drei Gastanks aus Stahl auf, den Antrieb übernimmt ein 1,0-Liter-Dreizylinder mit 90 PS Leistung.

Bildergalerie: Skoda Octavia Combi mit CNG-Antrieb (2019) im Dauertest - Teil 4

Bild von: Fabian Grass