Die Chinesen kommen! Seit gut einem Jahrzehnt wartet man auf den Durchbruch von Automarken aus dem Reich der Mitte, doch trotz Ankündigungen passierte wenig. Gewiss, es gibt freie Importeure von China-Autos, doch ihre Absatzzahlen bleiben gering. Lange waren die Modelle von BYD und Co. in jeder Hinsicht billig und vor allem bei der Sicherheit oft eine Katastrophe.
Aber in China hat man schnell dazugelernt, mittlerweile sind die Autos von dort in Sachen Verarbeitung, Sicherheit und Antrieben auf internationalem Niveau. Beim letzten Punkt meist elektrisch, da die chinesische Staatsführung Emissionsfreiheit stark fördert. Nach den Japanern um 1980 und den Koreanern um 2000 herum, scheinen nun im nächsten 20-Jahres-Zyklus die China-Autos zu kommen. Noch sind sie auf dem deutschen Markt mit 0,5 Prozent Anteil keine Gefahr und besonders die deutschen Marken müssen nicht zittern. Aber kleinere Importmarken wie Alfa Romeo, Honda oder Lexus könnten Anteile verlieren.

Bleibt der moralische Gesichtspunkt beim Kauf eines Autos aus China. Sixt bekam nach der Bestellung von 100.000 Fahrzeugen der Marke BYD heftige Kritik mit Blick auf nicht vorhandene Demokratie und überschaubare Menschenrechte in China. Indes: Deutsche Autokonzerne verdienen in dem Riesenreich gutes Geld. Müssten Hüter der Moral dann nicht auch Audi und Co. boykottieren? Ganz zu schweigen von Firmen wie Volvo, Polestar, Smart oder Daimler, an denen chinesische Investoren teilweise oder komplett beteiligt sind.
Wie dem auch sei, wir geben Ihnen eine Übersicht, welche chinesischen Hersteller bereits auf dem Markt sind und welche demnächst dazukommen. Auffallend: Sie locken nicht mit absoluten Kampfpreisen, sondern vielmehr mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Aiways
Mit dem 4,68 Meter langen SUV namens U5 ist Aiways schon seit 2020 auf dem deutschen Markt vertreten. Zwischen 432 und 1.555 Liter Gepäck passen hier in den Kofferraum. Der U5 wird elektrischen angetrieben und ist 150 kW (204 PS) stark. In 7,5 Sekunden geht es auf 100 km/h, die Reichweite liegt bei knapp über 400 Kilometer.
Als schnittigere und mit 4,81 Meter etwas längere Variante des U5 wurde jetzt der U6 präsentiert. Der U6 erhält den vom U5 bekannten 63-kWh-Akku mit 24 Modulen mit Zellen vom chinesischen Hersteller CATL. Die Reichweite wird mit 400 km angegeben. Statt 150 kW wie der U5 hat der U6 jedoch 160 kW. Damit sprintet der Fronttriebler in 7,0 Sekunden auf Tempo 100; die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 160 km/h.

Aiways U5

Aiways U6
Zum Preis macht Aiways noch keine Angaben, doch dürfte der U6 teurer sein als der U5, den es laut Konfigurator in der zunächst startenden Prime-Version für 42.567 Euro gibt. Die erst Mitte 2023 startende Version Xcite soll es für 36.677 Euro geben. Auch beim U6 dürfte zunächst nur eine gut ausgestattete Prime-Variante verfügbar sein.
BYD
Die Chinesen kommen. Noch 2022 sollen mit dem Atto 3, dem Han und dem Tang die ersten drei Modelle von BYD in Deutschland auf den Markt kommen. Das günstigste Modell ist das Kompakt-SUV Atto 3, das im Vorverkauf für 38.000 Euro erhältlich ist. Mit 4,46 Meter ist das Modell etwa so groß wie der Mercedes EQA. Für den Antrieb sorgt ein 150-kW-Frontmotor. Mit der 60 kWh (brutto) großen Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LFP) sollen 420 km machbar sein.
Zweiter Neuling von BYD ist die knapp fünf Meter lange Elektrolimousine Han. Für den Antrieb sorgt ein 380 kW starkes Allradsystem, für die Stromversorgung eine 85 kWh große LFP-Batterie. Damit ergibt sich eine WLTP-Reichweite von 521 km. Zum Start gibt es den Mercedes-EQE-Konkurrenten für 72.000 Euro.

BYD Han

BYD Tang

BYD Atto 3
Der Dritte im Bunde der BYD-Neulinge ist das Siebensitzer-SUV namens Tang. Mit 4,87 Meter Länge tritt der Wagen gegen den Auto e-tron an. Der 380-kW-Allradantrieb dürfte der gleiche wie im BYD Han sein, die Batterie ist mit 86 kWh noch etwas größer. Damit sollen 400 WLTP-Kilometer zu schaffen sein. Der Vorverkaufspreis ist der gleiche wie beim Han: 72.000 Euro.
Lynk & Co.
Einen speziellen Ansatz verfolgt die über Eck mit Volvo verwandte Marke Lynk & Co. Sie gehört wie Volvo und inzwischen auch Smart zum Geely-Konzern. Im April 2017 debütierte der 4,54 Meter lange Lynk & Co. 01, er teilt sich die modulare CMA-Plattform mit dem Volvo XC40. Das SUV gibt es auch für eine Flatrate von 500 Euro im Monat. Lediglich tanken muss der Nutzer noch auf eigene Rechnung.
Beim 01 ist schon viel inklusive: Einparkassistent, 18-Zoll-Felgen (HEV) respektive 20-Zöller (PHEV), 12,7-Zoll-Instrumentendisplay, 12,3-Zoll-Touchscreen mit Navi und eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik. Der Vollhybrid ist für 35.000 Euro erhältlich, der Plug-In-Hybrid für 42.000 Euro.

Lynk & Co. 01
MG
Die Zulassungen von MG verdoppelten sich in den ersten acht Monaten diesen Jahres in Europa und erreichten 58.300 Einheiten. Das ist mehr als das von Honda oder Mitsubishi registrierte Volumen und 70 Prozent mehr als das von Suzuki. Natürlich ist es MG gelungen, in die europäischen Top 25 der Marken aufzusteigen und zwar mit dem höchsten prozentualen Zuwachs. Allerdings ist der Marktanteil von MG auf dem europäischen Gesamtmarkt immer noch sehr niedrig (0,82 % bis August 2022).
Die seit der Rover-Pleite zu SAIC gehörende Marke brachte im März 2022 den MG5 Electric auf den Markt. Den bislang einzigen Elektro-Kombi überhaupt gibt es in zwei Motor-Akku-Kombinationen: als 130-kW-Version, mit der man 320 km schaffen soll, und als 115-kW-Variante, deren Reichweite mit 400 Kilometern angegeben wird. Die Preise beginnen bei 35.490 Euro. Wir haben bereits einen Test zum MG5 Electric veröffentlicht.

MG5 Electric

MG4 Electric
Die zweite Neuheit von MG für das Jahr 2022 ist der MG4 Electric. Der VW-ID.3-Rivale hat in der Einstiegsversion einen 125-kW-Motor im Heck und 350 km Reichweite. Außerdem gibt es eine 150-kW-Version mit bis zu 450 km Reichweite. Aufgeladen wird mit bis zu 135 kW. Während sich die technischen Daten erkennbar am VW-Konkurrenten orientieren, sind die Preise günstiger; sie beginnen bei 31.990 Euro. Die ersten Auslieferungen sollen noch 2022 erfolgen.
Das 4,32 Meter lange Kompakt-SUV MG ZS erfuhr Ende 2021 eine Modellpflege, lange war es nur rein elektrisch erhältlich. Zur Auswahl standen eine 50-kWh-Batterie und 130 kW (177 PS) sowie 70 kWh mit 115 kW (156 PS). Reichweite? 320 bis 440 Kilometer. Preise: ab 33.990 Euro.

MG EHS

MG Marvel R

MG ZS Benziner
Neu ist der ZS als Benziner. Zwei Motoren stehen zur Auswahl: Ein 1,5-Liter-Saugbenziner mit 78 kW (106 PS) Leistung beim Basismodell sowie ein 1,0-Liter-Turbo mit 82 kW (111 PS). 141 Newtonmeter maximales Drehmoment liefert der Sauger mit Fünfgang-Schaltung, jedoch erst bei 4.500 U/min. 10,9 Sekunden soll er auf 100 km/h benötigen, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 175 km/h. Der Basispreis ist attraktiv: Mit Klimaanlage geht es bei 17.990 Euro los.
Weitere Modelle von MG sind hierzulande der vollelektrische Marvel R mit bis zu 212 kW (288 PS) Leistung und 402 Kilometer Reichweite ab 46.990 Euro und der EHS Plug-in-Hybrid, ein Plug-in-Hybrid mit 190 kW (258 PS) Systemleistung und 52 Kilometer elektrischer Rechweite ab 34.990 Euro.
Nio
Der Nio ET7 ist seit 7. Oktober in Deutschland bestellbar, die Auslieferung beginnt am 17. Oktober. Der Allradantrieb bietet stolze 480 kW, damit sprintet der Wagen in 3,8 Sekunden auf 100. Wählen darf man zwischen einem Akku mit 75 kWh (für 445 Kilometer WLTP-Reichweite) und 100 kWh (für stolze 580 km). Ein Festkörperakku mit 150 kWh für 1.000 km Reichweite (nach chinesischer CLTC-Norm) ist für 2023 angekündigt.
Den ET7 kann man zwar bestellen, aber nicht kaufen: Nur Abos werden angeboten, zu Monatsraten ab 1.199 Euro. Auch sehr flexible Modelle mit monatlicher Kündigungsfrist werden offeriert. Versicherung und Service sind stets inklusive, dennoch gab es schon Kritik an den doch recht hohen Raten.

Nio ET7
Zu den ersten Elektroautos, die Nio in Deutschland einführt, gehört auch der EL7, ein Oberklasse-SUV, der gegen Audi e-tron, BMW iX und Mercedes EQS SUV antritt. Marktstart ist im Januar 2023. Für den Antrieb sorgen (wie beim ET7) ein Permanentmagnetmotor vorne mit 180 kW und ein Induktionsmotor mit 300 kW hinten. So ergeben sich 480 kW Systemleistung, mit denen der Wagen in 3,9 Sekunden auf 100 km/h sprinten soll.
Dazu kommt wahlweise eine 75-kWh-Batterie für 394 km WLTP-Reichweite oder ein 100-kWh-Akku für 513 km. Im nächsten Jahr soll eine 150-kWh-Batterie hinzukommen. Wie den ET7 und den ET5 kann man den EL7 in Deutschland nicht kaufen, sondern nur abonnieren. Die monatlichen Abo-Raten beginnen bei 1.299 Euro.
Mit 4,79 Meter Länge ist die Elektro-Limousine ET5 etwa 20 Zentimeter kürzer als der ET7, das Design wirkt etwas gedrungener. Antreten wird das Modell gegen das zehn Zentimeter kürzere Tesla Model 3 (4,69 Meter) und den praktisch gleich großen BMW i4 (4,78 Meter).

Nio EL7

Nio ET5
Der Allradantrieb bringt es auf stattliche 360 kW und 700 Newtonmeter. Damit ist der ET5 etwas schwächer als der i4 M50 (400 kW und 795 Nm). Den Normsprint schafft der ET5 in 4,3 Sekunden – damit ist der ET5 ein Zehntel schneller als das Tesla Model 3 Long Range, aber langsamer als der BMW i4 M50 (3,9 Sekunden).
Den EL7 und ET5 kann man auf der Nio-Webseite ebenfalls schon reservieren; die Auslieferung beginnt im Januar 2023 (EL7) bzw. März 2023 (ET5). Alle neuen Nio werden dem Besitzer vor die Haustür gebracht.
Ora
Noch im vierten Quartal 2020 soll hierzulande der Ora Cat auf den Markt kommen. Mit 4,20 Meter Länge tritt der Elektro-Kompaktwagen mit Retro-Elementen gegen den Renault Zoe an. Für den Antrieb sorgt ein 120-kW-Motor; die zwei Batterievarianten (49 und 63 kWh) sollen etwa 300 bzw. 400 km schaffen.
2023 folgt von GWM Ora "The Next Ora Cat". Als "Ora 03 Cat" stand das Fahrzeug bereits als sehr seriennahe Studie auf der IAA 2021 in München. Das viertürige, vollelektrische Coupé wirkt durch seine geschwungenen Designelemente und rahmenlosen Türen elegant.

Ora Funky Cat

Next Ora Cat
Die Frontpartie ähnelt der des kleineren Ora Cat, während die hintere Fensterlinie und das Heck manch einen Beobachter an den Porsche Panamera erinnert. Als Abmessungen gibt Ora 4,87 Meter Länge, 1,86 Meter Breite und eine Höhe von 1,50 Meter an. Der Radstand beträgt 2,87 Meter, das Leergewicht 2,2 Tonnen.
Der Next Ora Cat ist serienmäßig mit 19-Zoll-Rädern ausgestattet. Mit einem maximalen Drehmoment von 680 Newtonmetern beschleunigt er in 4,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Möglich macht es ein Allradantrieb, der 300 kW (408 PS) Leistung auf beide Achsen überträgt.

Smart #1

Wey Coffee 01
Smart
Das neue Smart-SUV kommt aus China und ist ab 16. Oktober bestellbar. Das 4,27 Meter lange Auto heißt Smart #1 und basiert auf der SEA-Plattform von Geely. Der "Hashtag One" wird von einem 200 kW starken E-Motor im Heck angetrieben. Alternativ gibt es einen 315 kW starken Brabus-Allradler. Beide Varianten erhalten einen 61-kWh-Akku (netto). Die Reichweite liegt bei bis zu 440 km und ist damit deutlich größer als zum Beispiel beim Peugeot e-2008. Die Preise beginnen bei 41.490 Euro.
Wey
Außerdem ist der Wey Coffee 01 für Deutschland eingeplant, ein SUV mit Plug-in-Hybrid-Antrieb, das ebenfalls auf der IAA stand. Mit 4,87 Meter ist das wuchtige SUV ein paar Zentimeter kürzer als ein BMW X6. Für den Antrieb sorgen ein Vierzylinder-Benziner mit rund 150 kW an der Vorderachse und eine elektrische Hinterachse mit 130 kW. Verbrenner und Elektroantrieb sind also fast gleich stark – eine Besonderheit auf dem Markt. So ist auch der Akku mit 40 kWh extrem groß, die Reichweite liegt bei rekordhohen 150 km.
Noch dieses Jahr sollen rund 3.000 Ora Cat und Wey Coffee 01 verkauft werden, 2023 dann schon 15.000.