Das Kleinstwagen-Segment hat sich inzwischen extrem ausgedünnt. Waren es vor einigen Jahren etliche Modelle, die bei einem Preis von zirka 10.000 Euro um die Gunst der Lieferdienste, ambulanten Pflege, Zweit- oder Einkaufswagenkäufer buhlten, hat sich der Markt inzwischen extrem ausgedünnt.
Schuld daran ist weniger die Nachfrage als vielmehr Auflagen zu Sicherheit und Klimaschutz, die Entwicklungs- und Herstellungskosten seitens der Autobauer in die Höhe treiben. Aber auch fehlende Allroundqualitäten und eine stete Elektrifizierung machen den Stadtflitzern mit Verbrennern zu schaffen. Einer hält jedoch weiterhin tapfer durch – der Kia Picanto. Und das seit 2017 in der dritten Generation, die jetzt bereits das zweite Facelift erhalten hat.
Bildergalerie: Kia Picanto (2024) im Test
Was ist das?
Während sich die A-Segment-Zulassungskurve immer weiter im Abwärtstrend befindet, legte der kleinste Kia um 3.000 Zulassungen von 6.107 Einheiten in 2022 auf 9.184 in 2023 zu. Irgendwas macht der Zwerg also richtig.
Der Picanto kommt 2024 entweder mit 1,0-Liter-Dreizylinder und 63 PS oder 1,2-Liter-Vierzylinder und 79 PS. Eine elektrifizierte Variante gibt es ebenso wenig wie eine vollelektrische. Wobei ich nach dem Fahrgenuss sagen muss, eine Mild- oder Full-Hybrid-Version hätte dem Kleinen wohl gar nicht so schlecht gestanden. Gerade weil der 1,0-Liter Turbo-GDI mit 100 PS schon im Herbst 2022 eingestampft wurde.
Als vollwertige Kleinwagenlösung abseits des städtischen oder kurzen Überland-Gebrauchs war diese Version besser zu gebrauchen und damit schon fast ein Allrounder. Denn mit 63 und 79 PS haben die Leistungen gegenüber den 67 und 84 PS des Vorfacelift noch einmal abgenommen. Bei den Getrieben stehen ein manuelles und ein automatisches Schaltgetriebe zur Auswahl.
Schnelle Daten | Kia Picanto (2024) GT-line |
Motor | 1,2 Liter Vierzylinder |
Getriebe | 5-Gang-Schaltgetriebe |
Antrieb | Frontantrieb |
Leistung | 58 kW (79 PS) bei 6.000 U/min |
Drehmoment | 113 Nm bei 4.200 U/min |
Basispreis | 21.190 Euro (Edition 7 ab 16.690 Euro) |
Exterieur | Interieur | Fahrbericht | Preise | Fazit
Exterieur
Der Datenzettel steht im völligen Gegensatz zum aufgefrischten Design des Kia Picanto. Zwar war der schon mit dem Vorfacelift nicht gerade zurückhaltend unterwegs, die neugestaltete wuchtige Front mit dem angedeuteten oder durchgehenden Leuchtband lässt ihn jedoch noch aufgepumpter dastehen – gerade in der von uns gefahrenen GT-line.
Wie bei seinen Kollegen Niro, dem kommenden Ceed und Sorento, trägt auch das kleinste Kia-Mitglied jetzt das Familiengesicht mit dem markanten T-Signatur-Scheinwerfern. Während sich im Profil nichts änderte kommt auch am Heck nun ein sich komplett über die Klappe streckendes Leuchtband zum Einsatz. Die Mulde zum Öffnen dieser wurde mittig in das Stilmittel integriert.
Kia zeigt auf dem um 10 Millimeter gewachsenen Zwerg etwas mehr Mut zu Ecken und Kanten und erntet damit ein anerkennendes Nicken.
Kia Picanto (2024) im Test
Kia Picanto (2024) im Test
Kia Picanto (2024) im Test
Abmessungen | Kia Picanto (2024) GT-line |
Länge | 3.605 mm |
Breite | 1.595 mm |
Höhe | 1.485 mm |
Radstand | 2.400 mm |
Kofferraumvolumen | 255 - 1.010 Liter |
Leergewicht | 991 - 1.101 kg (ausstattungsabhängig) |
Zuladung maximal | 424 kg |
Interieur
Es sitzt sich eigentlich recht prächtig im Picanto. Klar, die Abmessungen machen es ziemlich deutlich, dass das Auto egal in welche Richtung endlich ist, aber mit meinen 1,76 Meter war genügend Raum, um eine angenehme Fahrposition zu finden. Ein anderes Thema ist das im Fond: Wer auf die Idee kommen sollte, drei weitere Erwachsene mitzunehmen, sollte dessen Geduldsfadenrisszeitpunkt genau kennen oder sich darauf einstellen, mit dem Gestühl sehr weit vorzurücken.
Dafür bietet der Kia Picanto mit 255 Litern in seiner Klasse das größte Kofferraumvolumen. Über die geteilt klappbare Rückbank lässt sich das noch einmal auf schluckspechtartige 1.010 Liter erweitern – formidable!
Neben dem 8-Zoll-Infotainment mit kabelgebundener Apple-CarPlay- und Android-Auto-Konnektivität, ist jetzt das neue 4,2 Zoll fassende, digitale Kombiinstrument eingezogen. Das interne Navi hob auf unserer Fahrt die Route jedoch nicht eindeutig genug von der restlichen Straßenführung ab. Verschiedene Grüntöne reichen da leider nicht aus. Zumal Richtungsansagen und eine Detailansicht oftmals irritierend früh ausgegeben werden.
Kia Picanto (2024) im Test
Kia Picanto (2024) im Test
Kia Picanto (2024) im Test
Fahrbericht
Geringe Abmessungen bedeuten beim Picanto ebenso gute Übersicht, da auch die Fensterflächen nicht unnötig eingeschränkt wurden. Für moderne Verhältnisse besitzt der Kleine noch immer eine recht schlanke C-Säule. Perfekte Bedingungen also, um das Vehikel durch enge Gassen zu zirkeln.
Und das macht der Kia Picanto echt gut. Lenkbefehle werden direkt wiedergegeben, der geringe Radstand von 2,40 Meter wirbelt ihn nahezu go-kart-mäßig durch die 30er-Zonen der Republik. Abseits seines urbanen Wohlfühlraum wird es jedoch zäh. Zwar wird der 1,2-Liter-Vierzylinder mit 13,1 Sekunden von 0 auf 100 angegeben, die sind aber nur zu erreichen, wenn in jedem Gang gnadenlos ausgedreht wird. Und so, wie der Picanto einen schon bei 4.000 Umdrehungen anschreit, will man ihm es eigentlich gar nicht zumuten.
Das geht zu Lasten der Fahrdynamik, für die es bei Überlandfahrten oder gar auf der Autobahn einiges an Geduld braucht. Das gilt noch einmal mehr für den 1,0-Liter-Dreizylinder. Wer dazu noch schaltfaul ist und bei 50 km/h im vierten Gang aus der Ortschaft raus beschleunigen will, kann dem digitalen Tachometer beim gemächlichen Zählen zusehen, wie es Graf Zahl so nett in der Sesamstraße vorgemacht hat. Goodbye, Elastizität!
Fahrleistungen | Kia Picanto (2024) GT-line |
0 - 100 km/h | 13,1 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 159 km/h |
Verbrauch (WLTP) | 5,6 Liter (kombiniert) |
CO2-Emmissionen (WLTP) | 127 g/km |
Wendekreisdurchmesser | 9,4 Meter |
Preise
Preislich startet der Kia Picanto in der Edition-7-Ausführung bei 16.690 Euro inklusive Schaltgetriebe, dem 1,0-Liter-Dreizylinder und überschaubaren 63 PS. Dafür gibt es inzwischen ein Potpourri an Assistenzsystemen wie den aktiven Spurhalte-, den Spurfolge-, den Geschwindigkeitsassistenten und den Frontkollisionswarner. Auch das 8-Zoll-Infotainment mit Navigation und kabelgebundener Konnektivität ist hier direkt mit an Bord.
Das obere Ende markiert die von uns gefahrene sportlich inszenierte GT-line ab üppigen 21.190 Euro. Zusätzlich zu Sportlenkrad, 16-Zoll-Felgen und Diffusor, gibt es nur in dieser Version des kleinsten Kia das durchgehende markante Lichtband vorne. Unnötig zu betonen, dass die Motoren bei der Optik nun erst recht nicht mehr mithalten können.
Kia Picanto (2024) im Test
Kia Picanto (2024) im Test
Kia Picanto (2024) im Test
Fazit: 6/10
Schade, Chance verpasst – Raumangebot, Fahrwerk, Übersicht, Optik und Basisausstattung sprechen eindeutig für den Kia Picanto. Gegen ihn jedoch der hohe Preis, der Verbrauch und die Fahrdynamik. Gerade in der GT-line-Ausstattung wird der Koreaner zum Schaf im Wolfspelz. Wobei auch Schafe noch ordentlich rennen können.
Die geringen Leistungsentfaltungen der überschaubaren Motorenpalette disqualifizieren den Kleinen für Dienste abseits der Stadt nicht vollends, aber für große Teile. Und dafür ist er dann schlicht zu teuer. Mit ein wenig mehr Leistung würde der Picanto zum absoluten Allroundtalent mutieren und auch für Käufergruppen attraktiv werden, die ein Auto nur nutzen, um aus der Stadt rauszukommen. Nicht um dort rumzukurven. Dafür ist der ÖPNV in Großstädten inzwischen zu attraktiv und benötigter Platz zu knapp.
Doch, wer als Platzhirsch bleibt, bestimmt den Kurs. Kia verharrt in der Ausrichtung des Picanto leider eindeutig beim Angebot für städtische Dienstleistungen und urbane Einkaufswägen. Wer wirklich nur sowas sucht, ist mit der Wendigkeit des markanten Kia Picanto gut beraten. Wer nicht, sollte einen Blick auf die Liste der Neufahrzeuge werfen, die derzeit noch bis 20.000 Euro zu haben sind. Urban: top – Überland: fl ... puh, naja, geht so!