Volkswagen und Ford machen gemeinsame Sache. Bei Pkw-Modellen und bei den Nutzfahrzeugen. Der neue Elektro-Explorer? Eigentlich nur ein umgemodelter ID.4. Der Tourneo Courier? Ein Caddy. Im Gegenzug darf VW seinen neuen Transporter beispielsweise auf einer Ford-Basis aufbauen und der neue Amarok ist eigentlich auch nur ein Ranger mit VW-Logo. Kann man den Pick-up mit Wolfsburg-Genen trotzdem in Betracht ziehen? Wir haben ihn im Alltag getestet.

Bildergalerie: VW Amarok (2024) im Test

Was ist das?

Die zweite Generation des VW Amarok ist also ein Pick-up der Marke Volkswagen. Er wird seit 2023 gemeinsam mit dem baugleichen Ford Ranger im südafrikanischen Ford-Werk in Johannesburg mit eigenständigem Design gebaut. In anderen Märkten wird das Modell auch mit Einzelkabine angeboten. Hierzulande gibt es allerdings nur die viertürige Doppelkabine.

Der neue Amarok wird zudem wieder mit V6-TDI-Motor angeboten, der – genau wie die anderen Aggregate auch – ebenfalls von Ford stammt. Die Basis bildet allerdings ein 170 PS starker 2,0-Liter-Diesel mit 6-Gang-Schaltgetriebe. Darüber rangiert der gleiche Vierzylinder mit 205 PS. Wahlweise mit der manuellen Gangbox oder einer 10-Gang-Automatik. Der 4-Motion-Allradantrieb mit elektronischer Lamellenkupplung und Differenzialsperre an der Hinterachse ist immer serienmäßig. Wer ein Modell nur mit Hinterradantrieb haben möchte, muss sich außerhalb Europas umsehen.

VW Amarok (2024) im Test
VW Amarok (2024) im Test
VW Amarok (2024) im Test

Allgemein baut der Amarok auf einem Leiterrahmen auf. Hinten kommt eine Starrachse mit Blattfedern zum Einsatz. Alte Schule und so. Die Felgen sind zwischen 18 und 20 Zoll groß, das Basismodell fährt sogar noch auf Stahlfelgen vor. Die Servolenkung arbeitet elektromechanisch.

Im Innenraum gleicht in Sachen Anordnung so ziemlich alles dem Ford-Pendant. Mit etwas VW-Würze wenn es um die Gestaltung der Infotainment-Software (die Display-Landschaft reicht je nach Ausstattung von 8 und 10,1 Zoll bis zur Kombination 12,3 und 12,0 Zoll), der digitalen Instrumente und der Multifunktions-Schalter am Lenkrad geht. Der Pick-up kann außerdem mit bis zu 25 Fahrerassistenzsystemen bestückt werden, darunter auch eine 360-Grad-Rundumsicht.

Wie sieht unser Testwagen aus?

Wie alle anderen VW Amarok ist auch unser mit der Style-Ausstattung ausgerüstete Testwagen brockige 5,35 Meter lang. Rund 1,62 Meter entfallen dabei auf die Ladefläche, die dazu knapp 1,23 Meter zwischen den Radkästen breit ist. Der Pick-up selbst ist dann 1,91 Meter breit, die Höhe schwankt je nach Ausstattung zwischen 1,75 und 1,88 Meter, der Radstand misst immer 3,27 Meter.

VW Amarok (2024) im Test
VW Amarok (2024) im Test

Unter der hohen Haube sitzt der 1.996 cm3 große Vierzylinder-Diesel mit 205 PS und 500 Nm Drehmoment, die 10-Gang-Automatik ist ebenfalls an Bord. Die Lackierung schimpft sich "Deep Red Metallic" und kostet 708 Euro Aufpreis, die 20-Zoll-Felgen namens "Bendigo" kosten 1.006 Euro extra und das Rollcover-System schlägt mit 2.148 Euro ins Zubehör-Konto ein.

Die schicke "Ebony Black"-Ausstattung für Sitze, Armaturenbrett und Co. ist hingegen serienmäßig. Dann trotzdem noch die volle Komfort- und Sicherheitsassistenz und schon landet man im Konfigurator bei über 70.000 Euro. Ob sich die wirklich lohnen? Gehen wir ins Detail ...

VW Amarok (2023) im Test

Stichwort Amarok im Gelände: Hier eine Aufnahme aus dem Winter ...

Fünf Dinge, die uns gut gefallen haben ...

  1. Die Ausstattung: Wenn man erst einmal Platz genommen hat, erinnert nur sehr wenig an ein Nutzfahrzeug. Tolle Materialien, gute Verarbeitung und ein reichhaltiges Infotainment-Angebot lassen den Pick-up-Charakter schnell in den Hintergrund rücken. Und auch bei Alltagsfahrten fühlen wir uns gut aufgehoben. Mit den gängigen Level-2-Autonomie-Assistenten, guten Komfort-Features und mit der bereits erwähnten kamerabasierten Rundumsicht. Gute Arbeit.
  2. Das Platzangebot: Zuerst klettern wir über optionale Trittbretter in die erste Reihe. Hier haben Pick-ups meist keine Platzprobleme für die Passagiere. Dazu kommen zahlreiche Ablagemöglichkeiten in dem breiten Mitteltunnel. Im Fond wird es aber meist selbst in Doppelkabinen eng. Sowohl bei der Bein- als auch bei der Kopffreiheit. Der neue Amarok ist da zwar auch kein Meister des Raumes, aber im Vergleich zur Konkurrenz (Ford natürlich außen vor), würden wir uns selbst mit über 1,80 Meter Körpergröße zu längeren Strecken auf der Rückbank überreden lassen.
  3. Der Fahrkomfort: Zum Pkw-Ambiente gesellt sich ein Pkw-ähnliches Fahrverhalten. Über die sinnvollen und gut funktionierenden Assistenten sprachen wir bereits, über das Infotainment ebenso. Darüber hinaus hat es das Ford-VW-Abkommen geschafft, ein auch auf der Straße komfortables Leiterrahmen-Fahrzeug zu bauen. Mit kurzen Stößen haben die Blattfedern an der Hinterachse zwar weiterhin ihre Mühe, aber zumindest poltert es dabei im Innenraum nicht wild darauf los. Seitenneigung? Angenehm. Lenkung? Kommunikativ (im angenehmen Sinn). Getriebe? Sanft und schnell. Motor? Ausreichend. Dazu deshalb ein weiterer Absatz im nächsten Kapitel ...
  4. Die Offroad-Fähigkeiten: Zuschaltbarer Allradantrieb, Untersetzungsgetriebe, Hinterachs-Differenzialsperre und ein ziemlich robuster Aufbau sind die Grundzutaten. Dazu gesellen sich Offroad-spezifische Fahrhilfen. Ergibt? Eine Bodenfreiheit von 22 bis 24 Zentimetern, eine Wattiefe von 80 Zentimetern (das Vorgängermodell konnte nur durch 50 Zentimeter tiefes Wasser fahren) und Böschungswinkel von 30 Grad (vorne) sowie 23 Grad (hinten). Lediglich der Rampenwinkel fällt mit 21 Grad nicht ganz so großzügig aus. Hier verdirbt der gewachsene Radstand ein wenig die Geländelaune.
  5. Die Lademöglichkeiten: Über die Abmessungen der Ladefläche des Doppelkabinen-Modells sprachen wir bereits. Eine Europalette passt. Längs oder quer. Puh. Schwer darf sie auch sein. Je nach Ausstattung kann aber unterschiedlich viel geladen werden. In unserem Fall sind es 901 kg. Reicht nicht? Dann gibt's ja noch die Anhängerkupplung, an die gebremste 3,2 bis 3,5 Tonnen gehängt werden dürfen.
VW Amarok (2024) im Test

Fünf Punkte, die verbessert werden könnten ...

  1. Das Design: Natürlich liegt hier immer die Schönheit im Auge der Betrachtenden, aber sind wir doch einmal ehrlich, denn das einzige wirkliche Unterscheidungsmerkmal zwischen Amarok und Ranger – die Frontpartie – sieht beim Ford einfach besser aus. Der VW wirkt irgendwie beliebig. Man denkt an einen bulligen Tiguan der letzten Generation. Langweilig. Hingegen weckt der Ranger echte Pick-up-Gefühle und er lässt an die Full-Size-Verwandtschaft namens F-150 aus den USA denken. Bullig.
  2. Die Fahrleistungen: Hier möchten wir die angedeutete Motorkritik von Punkt 3 aus dem vorherigen Absatz aufgreifen. Das Ford-Aggregat läuft nämlich nicht nur recht rau, es hat mit dem Leergewicht von rund 2,2 Tonnen auch so seine Mühe. Obwohl ein Drehmoment von 500 Nm angegeben ist, die – und hier liegt der Schwachpunkt – nur von 1.750 bis 2.000 U/min anliegen. Etwa 10,5 Sekunden vergehen deshalb für den Sprint von 0 auf 100 km/h. Es muss einfach extrem oft geschaltet werden, um den Motor im optimalen Drehzahlbereich zu halten. Und das alles ohne Gewicht auf der Ladefläche oder am Haken.
  3. Der Verbrauch: Angegeben ist der Pick-up mit einem WLTP-Wert von 8,7 bis 9,1 l/100 km. Wir verbrauchen am Ende bei moderater Fahrweise 9,4 l/100 km. Wieder mit dem Hinweis, nie die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h ausgereizt zu haben und nie auch mit nur ansatzweise nennenswerter Beladung unterwegs gewesen zu sein. Im richtigen Einsatz dürfte ein einstelliger Wert vor dem Komma also nur schwer machbar sein.
  4. Die Bedienung: Wenn das Onboard-Infotainment nerven sollte, hat man ja immer noch die Möglichkeit, kabellos auf Apple CarPlay oder Android Auto zu wechseln. Die Klimasteuerung lässt sich bei dem VW aber leider nicht outsourcen. Und die macht mit ihren zahlreichen Untermenüs einfach keinen Spaß. Vor allem nicht in einem Auto, das eigentlich ein einfaches Nutzfahrzeug sein sollte. Beim Ford gibt's noch richtige Knöpfe für die Klima.
  5. Die Preisgestaltung: Für unseren auf den Bildern abgelichteten Testwagen sind also rund 70.000 Euro fällig. Klingt im ersten Moment ziemlich happig. Beim Blick auf die Ford-Website und die Preispolitik beim Ranger bestätigt sich der Eindruck. Das Original ist nämlich günstiger. Zwar nicht viel, aber etwa 5.000 Euro lassen sich trotzdem sparen. Und dann bekommt man die gleiche Technik in der ansprechenderen Verpackung.

Fazit: 7/10

Wenn es ein Pick-up von VW sein soll, kommt man am Amarok nicht vorbei. Und theoretisch gibt's dann einen ziemlich vollkommenen (aber eben nicht gerade günstigen) 1-Tonnen-Truck mit vielen Fähigkeiten und der richtigen Portion Lifestyle-Faktor. Ob wir trotzdem den Ford nehmen würden? Wahrscheinlich schon.

Noch wahrscheinlicher wäre aber der Griff zum Isuzu D-Max. Der hat zwar nicht den letzten Technik-Schick, sieht aber in der Vollfett-V Cross-Ausstattung mindestens genauso gut aus, wenn er als Lifestyle-Accessoire und nicht als Arbeitstier verwendet wird. Und ist dann sogar über 15.000 Euro günstiger als der VW.

VW Amarok (2024)

Motor 1.996 ccm / Vierzylinder-Biturbo-Diesel / Common-Rail-Direkteinspritzung
Getriebeart 10-Gang-Automatik
Antrieb Allradantrieb
Leistung 205 PS (bei 3.750 U/min)
Max. Drehmoment 500 Nm (bei 1.750 – 2.000 U/min)
Beschleunigung 0-100 km/h 10,5 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Verbrauch 8,7 – 9,1 l/100km (WLTP) // 9,4 l/100km (Testverbrauch)
Emission 229 – 239 g/km (WLTP)
Länge 5.350 mm
Breite 1.910 mm
Höhe 1.884 mm
Leergewicht 2.214 – 2.264 kg
Zuladung 901 kg (im Falle unseres Testwagens)
Anhängelast 3,2 – 3,5 Tonnen (je nach Ausstattung)
Anzahl der Sitze 5
Basispreis ab 62.982 Euro (Amarok 2.0 TDI mit 151 kW 4Motion 10-Gang-Automatik in der Style-Ausstattung)