Was ist das?

Das ist bei Mercedes derzeit gar nicht so leicht zu beantworten, stimmt's? S-Klasse mit seeehr kleinem Radstand? Bisschen zu heiß gewaschenes E-Klasse Facelift? Leicht aufgepumpte A-Klasse Limousine? Man könnte jetzt behaupten, beim Daimler sieht inzwischen alles gleich aus.

Aber halt auch gleich gefällig. Das würden wir der neuen C-Klasse (W206) ebenso unterstellen und das ist gut, denn der C ist noch immer der wichtigste Mercedes und deshalb sollte er besser gefallen.

Vom Vorgänger W 205 gingen seit 2014 mehr als 2,5 Millionen Einheiten über den Ladentisch, seit dem seligen 190 insgesamt sogar über 10 Millionen. Mit anderen Worten: Wenn du eine neue C-Klasse in den Sand setzt, hast du ein dickes Problem. 

Damit das nicht passiert hat man nicht revolutioniert, sondern dort angepasst und modernisiert, wo es nötig war. Mit 4,75 Meter ist der Neue sechs Zentimeter länger als der Alte, der Radstand wächst um 2,5 Zentimeter. Die Schwaben versprechen spürbar mehr Luft im Innenraum. Das Kofferraumvolumen der Limo bleibt mit 455 Liter gleich, das vom Start weg verfügbare T-Modell packt nun 490-1.510 Liter weg und damit 30 mehr als bisher. 

Mercedes C-Klasse C300 Limousine (2021) im Test
Mercedes C-Klasse C300d T-Modell (2021) im Test
Mercedes C-Klasse C300e Limousine (2021) im Test

Die C-Klasse steht auf einer modifizierten Variante der MRA II-Plattform (Modular Rear Architecture), die auch die neue S-Klasse nutzt. Mercedes spricht von einem "dynamisch ausgelegten" Fahrwerk mit einer neuen Vierlenkerachse vorne und einer Raumlenker-Hinterachse. Optional gibt es ein Adaptiv- und ein Sportfahrwerk. Erstmals ist auch eine Hinterachslenkung mit 2,5 Grad Lenkwinkel zu haben. 

Serienmäßig kommt die C-Klasse mit LED-Scheinwerfern. Als Sonderausstattung gibt es das aus der neuen S-Klasse bekannte Digital Light, dessen Auflösung 2,6 Millionen Pixel beträgt. Zudem ist es in der Lage, Hilfsmarkierungen oder Warnsymbole auf die Fahrbahn zu projizieren.

Der große Schock in puncto Antrieb lautet: Nur noch Vierzylinder. Und ja, das gilt auch für die künftigen AMG-Modelle. Ciao Sechszylinder, ciao Vierliter-Biturbo-V8. Hier dürfte es stattdessen elektrifizierte Versionen des A 45-Motors geben und das tatsächlich auch im C 63.

Zum Start des Modells wird es drei Benziner mit 170, 204 und 258 PS geben. Letztere auch mit Allrad. Die beiden Dieselmotoren leisten 200 und 265 PS. Alle Varianten verfügen über einen integrierten Starter-Generator (neu beim Selbstzünder) und ein 48-Volt-Bordnetz als Mild-Hybride der zweiten Generation. Ein Schaltgetriebe sucht man im C künftig vergebens, eine 9-Gang-Automatik ist nun durch die Bank Serie.  

Die Führung im Segment - zumindest was die elektrische Reichweite betrifft - übernimmt die neue C-Klasse in puncto Plug-in-Hybride. Sie sollen "bald nach dem Marktstart" folgen und rund 100 Kilometern rein elektrisch fahren können. Ein neuer 25,4-kWh-Monster-Akku macht's möglich.

Alle nutzen einen 95-kW-Elektromotor, dessen volle Leistung durch verbessertes Thermo-Management nun deutlich länger nutzbar sein soll. Den Anfang macht der C 300e mit 204-PS-Benziner und 312 PS Systemleistung. 2022 folgen der C 300de mit 200-PS-Diesel sowie der C 400e, dessen ebenfalls zwei Liter großer Benziner um die 250 PS leisten dürfte. Allrad für die PHEVs gibt es ebenfalls ab 2022. 

Teilweise Level-3-Autonomie wie in der S-Klasse gibt es hier noch nicht. Und auch, wenn immer wieder die Rede davon war, dass man bei der nächsten C-Klasse-Generation auf der Autobahn ruhig mal für eine Minute die Hand vom Lenkrad nehmen könne, sieht die Realität im Jahr 2021 dann doch noch etwas anders aus. Neu ist ein verbesserter Abstands-Assistent. Zudem hält der aktive Lenk-Assistent jetzt bis 210 km/h die Spur.       

Die neue C-Klasse kommt zu einem für sie relativ günstigen Zeitpunkt auf den Markt. Der BMW 3er ist immerhin schon wieder zwei Jahre alt, der Audi A4 hat über fünf Jahre auf dem Buckel. Limousine und T-Modell können zu Preisen ab 41.138,30 respektive 46.975,25 Euro ab sofort bestellt werden. Aber es hilft ja alles nix, wenn sie sich nicht gut anfühlt. Tut sie's? Finden wir es heraus!

Wie fährt er?

Los geht's im 300d T-Modell. Was direkt klar wird: Auch diese C-Klasse ist mit Leib und Seele ein Mercedes. "Grandiose Analyse, Herr Wagner" werden Sie sich jetzt vielleicht denken, aber es ist nun mal so: Auch beim neuen C liegt der Fokus in erster Linie auf dem Fahrkomfort. Das Auto ist überraschend weich und behaglich abgestimmt. Es darf sich seitlich durchaus etwas mehr bewegen, neigt sich etwa gegenüber einem BMW 3er oder Audi A4 mehr in die Kurve und wippt auch längs ganz gerne nach. Gerade in schnelleren Kurven ist so ein wenig Couch-Mode angesagt.

All das erinnert in seiner Art und Weise schon mehr als nur ein bisschen an die S-Klasse. Nicht ganz so gediegen und geschliffen freilich, aber vom Charakter durchaus ähnlich. Das Ganze wohlgemerkt mit dem adaptiven Komfortfahrwerk, das alle Testwagen beim Fahrtermin an Bord hatten. Ob der C-Benz mit dem optionalen Sportfahrwerk eine andere Seite zeigt, bleibt abzuwarten.

Bildergalerie: Mercedes C-Klasse C300d T-Modell (2021) im Test

Ist das schlecht? Ganz und gar nicht! Es ist wirklich wohltuend. Man sollte halt wissen, dass man bei einem C-Klasse Kombi mit Diesel keinen Supersportler erwarten darf. Sie werden - gerade in der Kombination mit dem Selbstzünder - jetzt nicht wie ein Trüffelschwein nach Kurven suchen und wenn Sie permanent zum Heizen animiert werden wollen, dann schauen Sie vielleicht auch besser mal nach München oder Turin. 

Das soll nicht heißen, dass der C nur sänftet und wogt. Gerade mit der aufpreispflichtigen Hinterachslenkung fühlt sich der Wagen sehr wendig an. Außerdem fährt er bei allem Komfort wirklich sehr präzise. Das ist auch ein Verdienst der hervorragend abgestimmten Lenkung. Sie ist sehr schön gewichtet, übermittelt viel Gefühl und wirkt total natürlich. Lediglich in "Sport Plus" verhärtet sie sich ins Künstliche, aber wer 300d fährt, wird diesen Modus vermutlich eh nie benutzen.

Das bringt uns direkt zum Motor. Wie bisher handelt es sich um einen Zweiliter-Vierzylinder mit zwei Turbos, nun aber mit 265 PS (+20 PS). Das Drehmoment beträgt weiterhin 500 Nm. Das sind natürlich heftige Leistungswerte und nicht nur auf dem Papier (0-100 km/h in 5,7 Sekunden) schiebt das Ding an wie der Teufel. Aber man muss auch ehrlich sein: BMW etwa bietet in diesen Regionen halt noch einen ganz wunderbaren Dreiliter-Reihensechszylinder an und der ist - da muss man nochmal ehrlich sein - einfach souveräner. 

Am Bumms fehlt ja wie gesagt gar nichts beim 300d und der Verbrauch geht auch voll in Ordnung. Laut Bordcomputer waren es unter sieben Liter, gerne auch mal 5,8, wenn man es etwas sachter angehen ließ. Aber alles in allem fühlt er sich halt schon sehr dieselig an. Unter Last ist er ziemlich kernig und rauh, am Pedal genauso wie am Ohr. Und er wiegt 100 Kilo mehr als der 300er-Benziner. 

Das merkt man beim Umstieg relativ schnell. Der Benziner bewegt sich deutlich agiler als der Diesel (und auch als der Plug-in-Hybrid, dazu komme ich gleich). Er ist leichtfüßiger, sämiger, reagiert spielerischer auf Inputs. Selbst das Bremspedal ist straffer und wacher als im etwas lätschig druckpunktenden Diesel und PHEV.

Mercedes C-Klasse C300d T-Modell (2021) im Test
Mercedes C-Klasse C300 Limousine (2021) im Test

Hier erkennt man plötzlich auch, dass die Ingenieure dem Adaptiv-Fahrwerk eine sehr ordentliche Portion Spreizung in die Dämpfer programmiert haben. In "Comfort" agiert er genauso kommod und schmeichlerisch wie zuvor, in "Sport" und "Sport +" aber merkt man nun einen gehörigen Unterschied. Das Auto wird deutlich straffer, fast ein wenig hoppelig, allerdings kurvt es ein gehöriges Stück flacher. Es versetzt und schaukelt gar nicht mehr und beweist so, dass der C auch mal dynamischer bewegt werden kann.  

Der 2,0-Liter-Benziner selbst ist relativ unauffällig. Mit seinen 258 PS und 400 Nm absolut schnell genug, beim Ausbeschleunigen etwas dröhnig, ansonsten absolut zurückhaltend. Gleiches kann man über die 9-Gang-Automatik sagen. Nicht der allerletzte Schrei in puncto sportliche Schaltzeiten (warum auch?), aber sehr angenehm, intelligent und zuverlässig. 

Was kann der Plug-in-Hybrid?

Zuallererst einmal kann er wesentlich weiter rein elektrisch fahren als jeder andere Hybrid in dieser Klasse. 100 Kilometer gibt der Daimler hier an. Ich fuhr beim Test eine Strecke von 51 Kilometer. Etwa zur Hälfte im Hybrid- und zur Hälfte im E-Modus. Dazwischen zwei Mal ganz kurz in "Sport" das Gas in die Matte gehauen, um zu sehen, was passiert, wenn die vollen 312 PS und 550 Nm Systemleistung einschlagen. Nur der Vollständigkeit halber: Es passiert recht viel. 

In jeglicher Hinsicht, denn das komplette Hybrid-Paket aus 95-kW-Elektromotor, fetter 25,4-kWh-Batterie, Verkabelung und Co. wiegt heftige 300 Kilo. Und das Auto damit satte zwei Tonnen. Der Tritt aufs Gas wird trotzdem mit relativ spektakulärem Vortrieb belohnt. Und man merkt richtig, wie man durch den Speed und die Masse ein Momentum aufbaut, das ein wenig an Abrissbirne erinnert. Beim Bremsen ist es ganz ähnlich, das ganze Gewicht muss ja auch irgendwie wieder zum Stillstand kommen. 

Dennoch fühlt sich der Plug-in alleine schon durch die ausbleibenden Vibrationen und den frühen Boost des E-Aggregats fahrfreudiger an als der Diesel. Hinten gibt es wegen des hohen Mehrgewichts eine Luftfederung. Die nimmt man als Kunde natürlich auch gerne mit.

Schon im E-Modus beschleunigt der 300e recht anständig und das bis maximal 140 km/h. Der Kickdown schaltet aber auch hier schon den wepsig und gar nicht übel klingenden Benziner dazu. 

Bildergalerie: Mercedes C-Klasse C300e Limousine (2021) im Test

Insgesamt gibt es gleich vier Rekuperationsstufen (nur im Sport-Modus wird nicht rekuperiert). Von stark nach schwach: D-, D und D+ und dann noch Dauto. In D- beispielsweise wird ab 80 km/h mit den maximal möglichen 100 kW rekuperiert. Dauto wiederum ist sowas wie ein adaptiver Brems-Helfer. Hier werden Frontkamera-, Navi- und Radadaten genutzt, um umgebungsabhängig - etwa vor Ortseinfahrten, Kreisverkehren oder dem langsamer werdenden Vordermann - zu bremsen. Funktioniert alles tadellos, damit kann man wunderbar leben. 

Aber wie sieht es denn jetzt eigentlich mit der versprochenen Reichweite aus? Ziemlich gut würde ich sagen. Am Ende der 51 Kilometer hatte ich noch 46 Kilometer Restreichweite übrig. Bei einem Durchschnittsverbrauch von 1,8 Liter Sprit und 20,6 kWh Strom.  

Ist der Saft irgendwann alle, verspricht Mercedes mit dem optionalen 55-kW-DC-Lader eine volle Batterie innerhalb von 30 Minuten. Mit dem serienmäßigen 11-kW-Charger für dreiphasiges Laden an der Wallbox sind es zwei Stunden. 

Wie ist er innen?

Nun, irgendwie sieht der W206 auch hier aus, als hätte man die S-Klasse geschrumpft. Die großen digitalen Instrumente, der (optionale) 11,9-Zoll-Infotainment-Screen, der jetzt viel weiter unten und vertikal im Raum steht, das ganze Holz, Alu, Leder und Ambientelicht wie im Design-Magazin. Und erst die neuen Lenkräder - eine Schau, besonders in der AMG-Line. Hüpfst du das erste Mal rein, denkst du nur "was für eine Augenweide!" Das ist mit Abstand Best in Class. Punkt. 

Aber dann schaust du ein bisschen genauer hin und stellst fest, dass das ganz schöne Füchse sind beim Daimler. Zumindest verstehen sie es prächtig, mit der ganzen Show von den billigeren Materialien abzulenken. Und davon gibt es leider recht viele. In den Türablagen, seitlich der Mittelkonsole oder am unteren Teil des Armaturenbretts ist das Plastik deutlich dünner als zuletzt. Enttäuschend. 

Mercedes C-Klasse C300d T-Modell (2021) im Test
Mercedes C-Klasse C300d T-Modell (2021) im Test
Mercedes C-Klasse C300e Limousine (2021) im Test

Wenn ich jetzt sage, dass der Gesamteindruck im Interieur dennoch irre geil ist, dann ist das kein Widerspruch. Die zweite Generation des Infotainmentsystems MBUX funktioniert einmal mehr hervorragend. Allein durch die neue Anordnung hat sich die Bedienung verbessert. Dinge wie die Sprachsteuerung, das Musikstreaming, die Navigation mit Augmented-Reality-Funktion, das sensationelle neue Head-up-Display oder auch wie souverän das teilautonome Fahren funktioniert, das ist einfach besser als bei der Konkurrenz. Hier sammelt der C-Benz dicke Pluspunkte.

Etwas weniger sahnig sieht es bei den Platzverhältnissen aus. Von der versprochenen Optimierung im Fond habe ich zumindest nichts mitbekommen. Die Beinfreiheit ist eher mittelprächtig. Beim 3er oder dem A4 sieht es allerdings auch nicht besser aus. 

Gute Nachrichten gibt es dagegen für alle Fans von Hybriden und flachen Kofferraumböden. Denn die fürchterliche Stufe im Gepäckraum gehört bei den PHEVs nun der Vergangenheit an. Beim Kombi etwa steigt dadurch die Länge des Gepäckraums um 6,3 cm, die Höhe um 15 cm. Insgesamt fasst das Ladeabteil 360 bis 1.375 Liter. 

Fazit: 8/10

Die C-Klasse ist, wie nicht anders zu erwarten, auf den modernen Mercedes-Zug aufgesprungen. Fahrdynamisch und was die klassischen Antriebe angeht ist das solide. In Sachen Komfort und Hightech dominiert sie die Konkurrenz. Dazu gehört neben einem grandiosen Infotainment und sehr nützlichen digitalen Lösungen auch ein Plug-in-Hybrid, der mehr kann als alle anderen in dieser Klasse. 

Das Ambiente im Innenraum steckt auf den ersten Blick alles, was man im Segment bisher kannte in die Tasche, offenbart auf den zweiten aber überraschende Schwächen. Nichtsdestotrotz überzeugt die neue C-Klasse als komfortable, sehr attraktive und technologisch führende Alternative.  

Bildergalerie: Mercedes C-Klasse C300 Limousine (2021) im Test

Technische Daten und Preise Mercedes C 300 Limousine

Motor Vierzylinder-Turbo-Benziner; 1.999 ccm
Getriebeart 9-Gang-Automatik
Antrieb Hinterradantrieb
Leistung 190 kW (258 PS) bei 5.800 U/min
Max. Drehmoment 400 Nm bei 2.000-3.200 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 6,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h
Länge 4.751 mm
Breite 1.820 mm
Höhe 1.438 mm
Leergewicht 1.675 kg
Zuladung 605 kg
Kofferraumvolumen 455 Liter
Verbrauch Normverbrauch: 6,6-7,0 Liter
Emission 150-169 g/km CO2
Basispreis xxx