Würden Sie nicht auch gerne einmal Mäuschen in den streng geheimen Designabteilungen der Autohersteller sein? Sehen, was kaum jemand sehen darf. Oder um entscheiden zu können, welches Design am besten aussieht. Doch das ist gar nicht so einfach, fünf bis sechs Jahre vor dem Marktstart. 

Ein neues, spannendes Buch nimmt uns nun mit zum Ford-Design der 1970er- und 1980er-Jahre. "Secret Fords" heißt es und stammt aus der Feder von Steve Saxty. Steve, der einst selbst als Designer bei Ford tätig war, hat wahre Schätze aus dem Archiv gehoben. So sieht der Leser erstmals die schon sehr seriennah wirkenden Entwürfe für einen neuen Capri, dessen Optik an den VW Scirocco II erinnert. 

Und man begegnet Erika, Toni und DE1. Wie bitte? Nun, hinter diesen Codenamen verbergen sich die dritte Generation des Escort (Erika), der Sierra (Toni) und der Scorpio (DE1). Ihre Design-Entwicklung bis zum finalen Ergebnis wird spannend erläutert, ebenso das Projekt "Bobcat" alias Fiesta.

Das Buch enthüllt eine erstaunliche, kaum zu glaubende Anzahl von Unikaten, Prototypen und eingestellten Autos, die geheim gehalten wurden. Sie werden durch bisher private Fotos und außerordentlich seltene Designskizzen enthüllt.

Ford gewährte dem Autor erstmalig Zugang zu seinen vertraulichsten Archiven, und mehr als 50 ehemalige Ford-Designer und -Ingenieure öffneten ihre lange verborgenen privaten Akten. Ein zweiter Teil, der die 1990er- und 2000er-Jahre behandelt, ist übrigens bereits in Arbeit.

Üppig bebildert, fällt der englische Text des über 300 Seiten starken Buches für deutschsprachige Leser nicht allzu negativ ins Gewicht. Steve erläutert auf vielen großformatigen Doppelseiten die jeweiligen Designentwürfe ausführlich und kenntnisreich. Ein Glossar der wichtigsten Design-Begriffe hilft beim Verständnis.

Und so taucht man immer tiefer in die Materie ein, zumal das Buch spannend geschrieben ist. Wir lernen Designer-Helden wie Harm Lagaay (später Porsche), Pinky Lai (er entwarf den BMW 3er E36) oder Patrick Le Quement (später Renault) kennen. Sie alle schufen bei Ford noch ohne große Computer-Hilfe aufsehenerregende Entwürfe, die manchmal wirken, als könne man sich direkt hineinsetzen und losfahren. 

Doch damit nicht genug: Der Leser erfährt auch einiges über die bisweilen unübersichtliche Gliederung des riesigen Ford-Konzerns, der sogar eine eigene Fluglinie besaß. Design-Studios in Großbritannien und Deutschland konkurrierten mit den USA und Ghia in Italien. Über allem thronte Henry Ford II. als Firmenpatriach. 

Eine von vielen Anekdoten, die das Buch würzen: Henry Ford II. mochte keine Klappscheinwerfer, weshalb es erst nach seinem Rückzug 1979/80 Modelle der Marke mit diesem Gimmick gab. Viel Raum nehmen auch die sportlichen Derivate bekannter Modelle bis hin zur Entwicklung des extremen RS200 ein. 

Fazit: Mit mindestens 40 Pfund (umgerechnet rund 46 Euro) erscheint "Secret Fords" auf den ersten Blick nicht gerade günstig. Aber angesichts seines üppigen Umfangs und unglaublichen Informationsgehalt ist das Geld gut angelegt. Bestellbar ist das Buch über die Homepage des Autors.   

Bildergalerie: "Secret Fords" von Steve Saxty