Wenn man von den sportlichsten Opel-Modellen sprechen möchte, muss man ordentlich Vokabeln lernen. Die Rüsselsheimer haben nämlich so einige Abkürzungen. GS, GSi, OPC oder GS/E. Die letztgenannte Buchstabenkombination wurde beispielsweise für den Commodore oder den Monza verwendet und bedeutete "Grand Sport Einspritzung". Sie kehrt nun zurück. In anderer Schreibweise. Mit anderer Bedeutung. Aber immer noch mit sportlichen Ansprüchen.

Seit dem Opel Manta GSe ElektroMOD – einem elektrifizierten Manta A-Konzeptfahrzeug – steht das Kürzel also für "Grand Sport Electric". Und unter dieser Bezeichnung sollen in Zukunft alle sportlichen Modelle von Opel laufen. Der Hersteller spricht sogar von einer neuen Submarke. Und diese Submarke startet jetzt mit ihren ersten drei Fahrzeugen – dem Opel Astra GSe, dem Opel Astra GSe Sports Tourer und dem Opel Grandland GSe. Wir konnten bereits alle Abkömmlinge bewegen und verraten Ihnen in diesem Artikel nun erst einmal, ob die neuen Astra-Derivate Ihre sportlichen Gelüste befriedigen können.

Opel Astra GSe (2023) im Test

Das Design

Sowohl der Fünftürer als auch der Kombi basieren auf der GS-Line von Opel und der damit bisher sportlichsten Ausstattungsvariante der Baureihe. Trotzdem sehen die GSe-Fahrzeuge noch etwas anders aus. In der Frontschürze werden dafür mehr schwarze Einsätze untergebracht, es gibt ein entsprechendes Logo am Heck und in den Radkästen sitzen 18-Zoll-Felgen, die stilistisch nahezu 1:1 vom Manta GSe ElektroMOD übernommen wurden. Außerdem fällt direkt auf, dass die Modelle etwas tiefer liegen. Zehn Millimeter sind es ganz genau. Doch dazu später mehr.

Opel Astra Sports Tourer GSe (2023) im Test
Opel Astra GSe (2023) im Test

Im Innenraum wird sich in Zurückhaltung geübt. Es gibt zwar einen GSe-Hinweis in Form von einer Plakette auf den neuen, vollintegrierten, bequemen und gleichzeitig auch noch Seitenhalt schaffenden AGR-Sportsitzen in der ersten Reihe, aber wenn Sie jetzt überall Alcantara, Carboneinlagen oder einen verschwenderischen Umgang mit Aluminium erwarten, müssen wir Sie leider enttäuschen. Gut aussehen kann das aufgeräumte Cockpit mit seinem aus zwei 10 Zoll großen Bildschirmen bestehendem Pure Panel natürlich trotzdem. Auch wenn es sich nicht von den Standard-Modellen abhebt.

Die Technik

Weil aus "Einspritzung" ein "Electric" geworden ist, kommt in den GSe-Astras selbstverständlich ein elektrifizierter Antrieb zum Einsatz. Es handelt sich um einen Plug-in-Hybrid, der aus einem 1,6-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner mit 180 PS und einem 110 PS starken Elektromotor zusammengesetzt wird. Als Stromspeicher wird ein 12,4-kWh-Akku verbaut und die acht Gänge werden von der e-EAT8-Wandlerautomatik verwaltet. Die Systemleistung? 225 PS. Das Systemdrehmoment? 360 Nm.

Opel Astra GSe (2023) im Test

Damit hat der GSe zwar 45 PS mehr Leistung als das bisher stärkste PHEV-Modell der Baureihe, aber am Drehmoment ändert sich für den Fronttriebler nichts. Und aus diesem Grund lesen sich auch die auf dem im Datenblatt vermerkten Fahrleistungen ähnlich. Die Fünftürer-Variante mit 180-PS-PHEV beschleunigt in 7,6 Sekunden auf Tempo 100, das GSe-Topmodell ist mit 7,5 Sekunden nur einen Hauch schneller. Bei der Höchstgeschwindigkeit werden aus vormals maximal 225 km/h jetzt 235 km/h. Elektrisch kann weiterhin bis zu 135 km/h schnell gefahren werden.

Opel Astra Sports Tourer GSe (2023) im Test
Opel Astra Sports Tourer GSe (2023) im Test

Interessant wird es erst, wenn wir uns an die 10-Millimeter-Tieferlegung zurückerinnern. Die hat Opel nämlich nicht nur durchgeführt, damit der Astra cooler aussieht. Sie geht einher mit einer speziellen Fahrwerksabstimmung, bei der gleich auch elf Prozent straffere Federn und Koni-FSD-Dämpfer (Frequency Selective Damping) verbaut wurden. Kommt Ihnen bekannt vor? Kann sein, denn genau so hat der Hersteller in der Vergangenheit auch einen normalen Corsa zu einem Corsa OPC gemacht. Darüber hinaus hat man die Lenkung neu konfiguriert, um sie neun Prozent schneller zu machen. Na dann … schnell auf die Straße.

Das Fahrverhalten

Wie nicht anders zu erwarten, sind die Astra-GSe-Modelle aufgrund des doch eher dezenten Leistungszuwachses gegenüber der schon bekannten Plug-in-Versionen keine sportliche Offenbarung auf der Geraden. Die Software braucht eine Weile, bis sich nach dem Durchdrücken des Gaspedals alle Bauteile des PHEV-Antriebs miteinander abgesprochen haben und der Befehl in Vortrieb umgesetzt wird. Wenn die 1,7 Tonnen aber erst einmal laufen, dann laufen sie. Trotzdem kommt eher gediegenes GT- als crazy Kompaktsportler-Feeling auf. Egal ob "Sport", "Hybrid" oder "Electric" als Fahrmodus ausgewählt ist.

Bildergalerie: Opel Astra Sports Tourer GSe (2023) im Test

Bei vollem Leistungsabruf klingt der Verbrenner oft angestrengt. Um dies zu entschärfen, hilft Opel künstlich nach. Und das recht erfolgreich. Wenn Sie sich also im "Sport"-Modus befinden, kann man im Infotainment-System ein Soundmodul aktivieren, dass über die Musikanlage einen etwas angenehmeren und vor allem kernigeren Motorklang in den Innenraum einspielt. Klar ist das alles nicht echt, aber wenn man es nicht wüsste, würde man es nicht merken. Versprochen.

Auf der Geraden kann der Astra GSe der Konkurrenz um Hyundai i30 N und VW Golf GTI nicht den Schneid abkaufen. In kurvigen Gefilden wird der Opel trotz seines Mehrgewichts von rund 250 kg gegenüber den Kontrahenten aber zumindest ansatzweise ebenbürtig. Das Fahrwerk und die Lenkung reagieren schnell, präzise und ausgewogen, ohne dabei mit unnötiger Härte oder Nervosität zu nerven. Man fühlt sich sicher und souverän, das passt schon irgendwie ganz gut zu "Grand Sport".

Die Preise

Bestellt werden kann ab sofort. Zumindest der Fünftürer. Auf den Sports Tourer muss man noch etwas warten. 45.510 Euro. So viel verlangt Opel für den Astra GSe ohne vergrößerten Kofferraum. 40.330 Euro sind es hingegen für das etwas weniger sportliche aber entsprechende GS-Modell mit nur 180-PHEV-PS. Mit Förderungen vom Staat kann man ab diesem Jahr nicht mehr rechnen, deshalb kann man den Preis auch direkt mit den ähnlich voll (aber doch etwas dürftiger) ausgestatteten Performance-Modellen von Golf und i30 vergleichen.

Ein Golf GTI findet man im VW-Konfigurator also ab 39.310 Euro, bei Hyundai gibt’s den i30 N sogar ab 33.650 Euro. Das sind schon ein paar Euro Unterschied, die sich aber eventuell im Alltag wieder reinfahren lassen könnten, denn wenn man den Astra GSe beharrlich rund alle 60 Kilometer mit (derzeit noch günstigerem Strom) versorgt, kommt man laut WLTP-Verbrauch auf 1,1 bis 1,2 l/100km. Da könnte die reinrassige Kompaktsportler-Konkurrenz dann nicht mithalten.

Fazit: 7/10 Punkte

An die Bissigkeit vergangener OPC-Modelle kommt Opel mit dem neuen GSe-Siegel bislang nicht heran. Sportlicher und spaßiger wird der Astra dadurch aber trotzdem. Ohne dabei den Komfort für den Alltag aus den Augen zu verlieren. Kundschaft, die einen echten Kompaktsportler sucht, könnte allerdings enttäuscht werden. Denn obwohl der Astra GSe in Kurven sehr solide abliefern kann, macht er als auf Wunsch recht sparsamer GT mehr Sinn, als als unvernünftige Knallbüchse.

Aber vielleicht ist das auch die Zukunft der sportlichen Alleskönner in diesem Segment?! Denn etwas zukunftsfähiger als aktuelle GTI-Modelle oder Verbrenner-Fahrzeuge der N-Baureihe ist die neue GSe-Submarke von Opel nach jetzigem Stand schon irgendwie.

Bildergalerie: Opel Astra GSe (2023) im Test

Opel Astra GSe (2023)

Motor 1,6-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner + Elektromotor
Getriebeart 8-Gang-Automatikgetriebe
Antrieb Frontantrieb
Leistung 225 PS (Systemleistung)
Max. Drehmoment 360 Nm (Systemdrehmoment)
Beschleunigung 0-100 km/h 7,5 s
Höchstgeschwindigkeit 235 km/h (135 km/h elektrisch)
Verbrauch 1,1 – 1,2 l/100km (WLTP)
Emission 25 – 26 g/km (WLTP)
Batterie 12,4 kWh
Elektrische Reichweite 64 km (WLTP)
Länge 4.374 mm
Breite 1.860 mm
Höhe 1.442 – 1.472 mm
Leergewicht 1.703 kg
Zuladung 447 kg
Anhängelast 1.450 kg (gebremst bei 12% Steigung)
Kofferraumvolumen 352 – 1.268 l
Anzahl der Sitze 5
Basispreis 45.510 Euro