Im Vorfeld unserer Testfahrt mit dem frisch gelifteten Plug-in-Hybrid-Countryman haben wir mal ein wenig in unserer Testwagen-Historie gekramt. So ist es erst fünf Jahre her, dass Mini offiziell bekannt gab, an einem PHEV-Modell des "größten und vielseitigsten Mitglieds der Modellfamilie" zu arbeiten.

2017 fand dann der erste Test des Mini Cooper SE Countryman ALL4 statt und nach einer Reichweitensteigerung um 30 Prozent sowie einer Übernachtung im Dachzelt ist die "Ausnahmeerscheinung im Premium-Kompaktsegment" nun also erneut frisch gemacht worden, um einem gravierenden Trend entgegenzuwirken. Denn der Maxi-Mini hat Probleme und der Absatz sinkt seit 2015. Kann der überarbeitete Crossover der Mini-Baureihe zu neuer Größe verhelfen? Das klärt unser Kurztest ...

Das Problem der Modellpflege gleich vorneweg: Sie fällt relativ moderat aus und ist vor allem optischer Natur. Von vorne erkennt man das kompakte SUV also an einer neu gestalteten Frontschürze, einem geänderten Grill und neuen Scheinwerfern, die jetzt serienmäßig mit LED-Technik kommen.

Optional gibt es adaptive LED-Scheinwerfer mit variabler Lichtverteilung und Matrix-Funktion für das Fernlicht. LED-Rückleuchten mit Union Jack-Motiv und eine veränderte Heckschürze gibt"s fürs Hinterteil.

Mini Cooper SE Countryman ALL4 (2021) im Test
Mini Cooper SE Countryman ALL4 (2021) im Test
Mini Cooper SE Countryman ALL4 (2021) im Test

Wie bei Mini üblich, lässt man ein neues Modell natürlich nie ohne neue Felgen-Optionen und neue Farben auf die Lifestyle-Kundschaft los. Da macht der Countryman keine Ausnahme. Analog dazu gibt es auch im Innenraum immer wiederkehrende Modellpflege-Must-haves bei Mini.

Dazu zählen neue Oberflächen-Optionen, neue Lederausstattungen und ein Sport-Lederlenkrad. Soweit so gut. Doch auch wenn die Neuerungen eine gewisse Frische an den Countryman zaubern, dürften diese Maßnahmen nicht ausreichen, um das Modell vom absteigenden Ast zu holen.

Da hilft auch nicht die prägnanteste Neuerung im Cockpit: das digitale 5,0-Zoll-Instrumentendisplay. Es holt zwar endlich die 2020er-Jahre hinter das Lenkrad mit dem unglaublich wulstigen Kranz, lässt aber nicht über den sonst etwas altbackenen wirkenden – aber stets gut verarbeiteten – Innenraum mit seinen unendlich vielen Schaltern, Knöpfen und einem Head-up-Display mit Plastikscheibe hinwegsehen.

Zum Glück stehen wir aber teilweise auf solche Cockpits, die mit ihren Kipphebeln bis unters Dach an Apollo-Mondlandefähren der Amerikaner von vor über 50 Jahren erinnern. Natürlich hätte man die eine oder andere Funktion in der gut laufenden Infotainment-Einheit der Mittelkonsole integrieren und dadurch etwas aufräumen können. Aber diesen Schritt spart sich der Hersteller wohl für die dritte Generation auf.

Mini Cooper SE Countryman ALL4 (2021) im Test

So freuen wir uns bei der Abfahrt beispielsweise über einen separaten Schalter, der den E-Modus des Cooper SE Countryman steuert. Wir müssen nicht durch zahlreiche Untermenüs scrollen, bis wir auf reinen EV-Betrieb schalten können. Einmal am Schalter kippen. Fertig.

So bleibt der 1,5-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner erst einmal ruhig und wir überlassen den Stadtverkehr dem 95 PS starken Elektromotor, der exklusiv die Hinterräder bedient. Er wird aus einem 9,6-kWh-Lithium-Ionen-Akku gespeist und verleiht dem Countryman ausreichend Agilität im urbanen Umfeld.

Mini Cooper SE Countryman ALL4 (2021) im Test

135 km/h kann das Modell so maximal fahren. Das reicht theoretisch sogar für Landstraße und Autobahn. Und noch theoretischer für insgesamt 51 Kilometer. Weil wir aber eher praxisorientiert sind, schalten wir bei Anblick des Ortsschilds in den Hybrid-Modus und dadurch die Vorderachse und den Verbrenner dazu. Die Systemleistung beträgt nun 220 PS und das maximale Drehmoment bei 385 Newtonmeter. Die Gangwechsel übernimmt eine etwas verträumte Sechsgang-Automatik.

Auf der Autobahn können wir uns jetzt durchaus mit dem Durchzug anfreunden. In unter sieben Sekunden geht es auf Tempo 100. Knapp 200 km/h sind in der Spitze drin. Dabei hinterlässt das Fahrwerk einen durchaus langstreckentauglichen Eindruck und Windgeräusche bleiben auch jenseits der 150 km/h sehr zurückhaltend.

Sich mit den sehr straffen Sitzen anzufreunden, ist jedoch eine Herausforderung. Und das Mini auch in ihrem Premium-Kompakt-SUV immer noch keinen Spurhalteassistent verbaut (es gibt nur ein rüttelndes Lenkrad, wenn man abdriftet), ist gerade für lange Etappen wirklich uncool. Automatisch Abstand halten geht zwar, aber das kann mittlerweile auch ein Suzuki Vitara.

Mini Cooper SE Countryman ALL4 (2021) im Test

Verlassen wir die Autobahn, den Mid-Modus (über wieder einen Extra-Kipphebel wählen wir "Sport") und begeben uns auf Landstraßen. Denn auch der Maxi-Mini will noch Go-Kart sein. Gegen diesen Wunsch sprechen vor allem zwei Punkte: das Gewicht und die Sitzposition.

Letztere ist irgendwie zu hoch, um auch visuell sowie vom Körpergefühl her einen Kontakt zur Straße aufzubauen. Subjektiv. Das Gewicht von knapp 1,8 Tonnen – PHEV-Technik bringt halt einfach ein paar Extra-Kilo mit – lässt sich aber auch objektiv nicht wegdiskutieren.

Zum Glück arbeiten Lenkung, Fahrwerk und der Allradantrieb aber so gut zusammen, dass der Countryman zumindest im Segmentvergleich vor keiner Konkurrenz fürchten muss. Die Frage ist jedoch: Braucht es diese straffe Sportlichkeit in einem Plug-in-Hybrid-SUV? Nicht unbedingt! Macht es Spaß? Total!

Soviel Eigenständigkeit samt Go-Kart-USP und PHEV-Technik lässt sich Mini natürlich auch gut bezahlen. Wir erinnern uns: Er ist die ja schließlich die "Ausnahmeerscheinung im Premium-Kompaktsegment". So stehen für den knapp 4,30 Meter langen Cooper SE Countryman bereits in der Basis ausnehmende 39.100 Euro auf der Rechnung. Und die Preisliste ist lang. 63 Seiten, um genau zu sein. 

Fazit: 6,5/10

Ja ... er sieht schon cool aus, dieser Mini Cooper SE Countryman ALL4. Verarbeitung und Design sowie einzelne technische Features lassen sich – genau wie der Preis – sicher mit dem Prädikat "Premium" versehen. Im Detail ist das Modell aber irgendwie spürbar in die Jahre gekommen und dem Segment nicht mehr entsprechend.

Da können auch kein Design-Update, neue Lackfarben und funky Felgen darüber hinwegtäuschen. Pluspunkte sammelt der Countryman trotzdem. Denn der PHEV-Antrieb funktioniert reibungslos, die E-Reichweite passt und auch wenn durch das hohe Gewicht nur bedingt Go-Kart-Feeling aufkommt, ist er immer noch der Go-kartigste im Segment.

Bildergalerie: Mini Cooper SE Countryman ALL4 (2021) im Test

Mini Cooper SE Countryman ALL4

Motor 1.499 ccm / 3-Zylinder-Turbobenziner + E-Motor
Getriebeart 6-Gang-Automatik
Antrieb Allradantrieb
Leistung 162 kW (220 PS)
Max. Drehmoment 385 Nm bei 1.500 – 3.800 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 6,8 s
Höchstgeschwindigkeit 196 km/h
Länge 4.297 mm
Breite 1.822 mm
Höhe 1.559 mm
Verbrauch 1,9 - 1,7 l/100km (WLTP) / 6,6 l/100km (Testverbrauch) + 9,4 kWh/100km
Emission 44 - 39 g/km (WLTP)
Elektrische Reichweite 47 - 51 km (WLTP)
Leergewicht 1.790 kg
Kofferraumvolumen 450 - 1.390 l
Basispreis 39.100 Euro