Für nicht wenige ist er DER Skoda schlechthin: Über 6,5 Millionen Octavia wurden seit 1996 unters Volk gebracht. Nun rollt die vierte Generation an den Start, sie teilt sich ihre Technik mit den Neuauflagen des Audi A3, Seat Leon und VW Golf. Kann sich der neue Skoda Octavia positiv hervortun? Wir konnten jetzt das neue Modell als Combi (Skoda schreibt ihn traditionell mit C) mit 2,0-Liter-Diesel, 150 PS und DSG testen.
Wirkt ziemlich groß, der neue Octavia ...
Ist er auch. Aber das war schon immer sein Erfolgsgeheimnis: Kostet so viel wie ein Golf, bietet aber Platz wie im Passat. Moppelig ist der neue Skoda Octavia zum Glück nicht geworden. Der Combi wuchs um 22 Millimeter in der Länge, in der Breite um 15 Millimeter. Optisch gibt sich der Octavia straffer und dreidimensionaler, wie sich am Grill zeigt. Serienmäßig sind jetzt immer LED-Scheinwerfer.
Bildergalerie: Skoda Octavia Combi (2020) im Test
Was mir sofort auffällt, ist das vorzügliche Platzangebot, besonders auf den hinteren Plätzen und im Kofferraum. Das hat fast schon Superb-Niveau, denke ich mir. Und die Zahlen bestätigen meinen Verdacht: 640 Liter im Normalzustand sind nur 20 Liter weniger als im Superb Combi, der aber rund 20 Zentimeter länger ist. Und auch die Ladelänge des Kofferraum ist mit 1,09 Meter beim Octavia Combi nur gut 5 Zentimeter kürzer.
Kleiner Tipp unter uns: Die ansehnliche Octavia Limousine bietet sogar noch ein wenig mehr Ladelänge. Wer also nicht so viel Laderaumhöhe benötigt, macht hier einen guten Fang und spart 700 Euro. Erst bei umgeklappten Rücksitzen kann sich der Superb Combi gegenüber seinem kleinen Bruder deutlich absetzen. Doch auch die 1.700 Liter des neuen Octavia Combi sollten keine Platzprobleme aufkommen lassen.

Immer wieder pfiffig sind die "Simply Clever"-Lösungen von Skoda. Sie alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Herausheben möchte ich nur den Deckel des Waschwasser-Behälters, der zum Trichter wird. Gut gefallen haben mir auch die Gasdruckdämpfer an der Motorhaube.
Digitale Welten im Cockpit
Einfach clever ist die Bedienung des Cockpits hingegen nicht unbedingt. Digitale Instrumente (10,25 Zoll) sind künftig immer an Bord, in unserem Testwagen gesellten sich noch das beheizbare Zweispeichen-Lenkrad und das große 10-Zoll-Infotainment mit Navigation hinzu. "Columbus" nennt Skoda Letzteres. Ein treffender Name, denn es gilt viel zu entdecken. Anders gesagt: Durch die Digitalisierung und "Vertouchung" geht einiges von der einst schön einfachen Bedienung verloren. Besonders für die Einstellung der Anzeigen direkt vor meiner Nase scrolle und drücke ich leicht hilflos auf dem Lenkrad herum.

Natürlich ist die Kommandobrücke des neuen Octavia kein Boeing-747-Cockpit. Aber künftige Besitzer sollten etwas Zeit zum Kennenlernen investieren. Positiv: Unter dem mittigen Touchscreen sind physische Direktwahltasten angebracht, anders als im neuen Audi A3 aber nicht zur direkten Einstellung der Klimatisierung. Apropos: Die beiden zentralen Lüftungsdüsen empfand ich als zu tief angebracht. Auch das Lenkrad könnte noch etwas mehr in der Höhe verstellbar sein. Ein echter Hingucker im wahrsten Sinne des Wortes ist das optional erhältliche Head-Up-Display.
Hinsichtlich der Verarbeitungsqualität kann sich der neue Octavia sehen lassen: Einfache Kunststoffe werden geschmackvoll angerichtet, dazu gab es im Testwagen viel Chrom und eine hübsche Stoffbespannung entlang des Armaturenbretts.
Wie fährt er sich denn?
Unter der konturierten Haube meines Testwagens befindet sich der Liebling aller Vielfahrer und Außendienstler: Diesel, 2,0 Liter Hubraum, 150 PS. Bei den Dieselmotoren im neuen Octavia kommt in der Abgasnachbehandlung das neue "Twindosing"-Verfahren zum Einsatz, bei dem AdBlue gezielt vor den zwei hintereinander angeordneten Katalysatoren eingespritzt wird.
Dazu kommt in unserem Testwagen das 7-Gang-DSG mit dem internen Namen DQ 381. Wie bei den Konzernkumpels des neuen Octavia gibt es auch hier einen Mini-Wählhebel auf dem Mitteltunnel, von mir poetisch "Pinöpel" getauft.

Also ab in "D" und los! Durchaus vernehmbar nimmt der 2.0 TDI seine Arbeit auf, das Getriebe sortiert die Gänge unauffällig. Zumindest, bis ich an der Ampel vom Fleck kommen will. Hier passiert eine Sekunde lang nichts, dann fällt gefühlt das gesamte Drehmoment von 360 Newtonmeter über die Vorderräder her. Also notiere ich mir: spürbare Anfahrschwäche.
Auf der Autobahn zeigt der Octavia dann aber seine Paradedisziplin, die Langstrecke. Selbst bei Tempo 160 ist die Geräuschkulisse dezent, genügend Kraft für Überholvorgänge ist immer da. Auf der Landstraße erkunde ich die adaptive Fahrwerksregelung DCC mit Fahrprofilauswahl. Sie bietet erstmals auch innerhalb der verschiedenen Fahrmodi die Option, über Schieberegler einzelne Parameter wie Federung, Dämpfung, Lenkung oder die Schaltcharakteristik des DSG individuell an eigene Vorlieben anzupassen.

Soweit will ich aber gar nicht gehen, vielmehr geht es um mögliche Unterschiede zwischen den einzelnen Modi. Bei "Sport" dreht das DSG höher aus, in "Comfort" spürt man eine leichtgängigere Lenkung. Aber selbst hier schmust das Fahrwerk nicht jeden groben Straßenbelag weg, obwohl die Bereifung mit 17 Zoll maßvoll ausfällt. Der Grund mag in der verbauten Verbundlenker-Hinterachse liegen, die nicht so ausgefeilt wie eine Mehrlenker-Achse ist.
Der "Normal"-Modus bietet ausgewogenes Fahren, speziell die Lenkung ist hier für meinen Geschmack perfekt austariert. Prima auch der Verbrauch: Auf meiner knapp 70 Kilometer langen Testrunde benötigte ich 5,1 Liter im Schnitt, mit Blick auf die gebotenen Fahrleistungen ein guter Wert.
Bleibt der Preis auch künftig heiß?
Auf den ersten Blick könnten Octavia-Fans erschüttert sein: Mindestens 32.380 Euro kostet der Octavia Combi 2.0 TDI mit 150 PS und DSG in der Ausstattungslinie "Ambition", also über 2.000 Euro mehr als der Vorgänger. Doch halt! Jetzt ist bei "Ambition" viel mehr inklusive: Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Multifunktionslenkrad, 16-Zoll-Alufelgen, das "Virtual Cockpit", LED-Scheinwerfer sowie das 8-Zoll-Infotainment "Swing" mit Apple CarPlay und Android Auto.

Ausstattungsbereinigt sieht das Bild anders aus: Nun ist der neue Octavia gut 1.500 Euro günstiger als bislang. Noch mehr Dinge sind beim "Style" inklusive, etwa eine Sitzheizung vorne, Parkpiepser vorne und hinten, elektrisch einstellbare Vordersitze mit Memory-Funktion oder 17-Zöller. Diese Version dürfte bei Dienstwagen-Fahrern viel Anklang finden.
Positiv: Die Aufpreise für Extras halten sich Skoda im Rahmen, auch wenn einige Pakete vierstellig notieren. Dort ist aber viel enthalten. Im Infotainmentpaket "Columbus" für 2.490 Euro beim Style etwa Navigation, Head-Up-Display, elektrische Heckklappenbedienung und die Gepäcknetztrennwand für den Combi. Der Marktstart des Octavia war für Ende März 2020 vorgesehen, Kunden sollten sich aber gedulden: Skoda hat wegen Corona vorerst bis zum 27. April die Produktion gestoppt.
Fazit: 9/10
Streng genommen müsste es eigentlich 8,5 von 10 lauten. Der neue Skoda Octavia macht vieles richtig. Besonders das Platzangebot ist phänomenal, hinzu kommen ausgewogene Fahreigenschaften. Störend ist die Anfahrschwäche des 150-PS-Diesel, hier lohnt eventuell das Warten auf die Variante mit manueller Schaltung oder die Mildhybrid-Benziner mit DSG. Etwas Eingewöhnung bedarf das digitale Cockpit. Trotzdem kann man sagen: Mittel? Klasse!
Bildergalerie: Skoda Octavia Combi (2020) On Location
Skoda Octavia Combi 2.0 TDI DSG (110 kW)