Für immer mehr Autokäufer wird der Plug-in-Hybrid zur reellen Alternative. Zum einen lockt mehr Förderung vom Staat, zum anderen gibt es steuerliche Vorteile bei gewerblicher Nutzung. Gut, dass Kia genügend Fahrzeuge mit Stecker im Angebot hat. In Sachen PHEV gibt es den Kia Ceed SW, den Kia XCeed, den Optima SW und den jetzt von uns getesteten Kia Niro

Ni-was? Erzähl mir mehr ...

Seit 2016 ist der Kia Niro auf dem Markt und zwar als Hybrid, Plug-in-Hybrid und komplett elektrisch. Vor kurzem erfolgte eine Modellpflege. Der Niro präsentiert sich zum Modelljahr 2020 mit modifiziertem Design, neu gestaltetem, veredeltem Interieur und mit modernen Technologien wie Stauassistent, 10,25-Zoll-Navigation und den Online-Diensten UVO Connect, die Echtzeitinformationen und App-gesteuerte Fernbedienungsfunktionen bieten.

In der Kia-Modellpalette nimmt der Niro von seinen Außenmaßen her einen eigenen Platz ein. Mit 4,36 Meter Länge, 1,81 Meter Breite und 1,54 Meter Höhe ist er kompakter als der Sportage, aber etwas größer als der Kompaktwagen Ceed. Beim Radstand übertrifft der Niro mit 2,70 Meter beide Modelle. Das wirkt sich positiv auf das Raumangebot aus, innen geht es luftig zu. Wie bei vielen Kia-Modellen ist das Cockpit vorzüglich gestaltet, die Bedienung geht leicht von der Hand.

Allerdings knapst der Plug-in-Hybrid beim Niro spürbar Kofferraumvolumen ab: Sind es beim Hybrid noch 436 bis 1.434 Liter, verringert es sich hier auf 324 bis 1.322 Liter. Wirklich spürbar ist der Verlust aber nicht, aufgrund der großen Batterie gibt es schlicht weniger Tiefe.

Kia Niro Plug-in Hybrid (2020) im Test

Was steckt unter dem Blech?

Das bringt mich zur Technik. Sie entspricht den PHEV-Varianten von Ceed und XCeed: Ein 1,6-Liter-Saugbenziner mit 77,2 kW (105 PS) Leistung trifft auf einen Elektromotor, der 44,5 kW (60,5 PS) heranschafft. Im Team bringen sie es auf eine Systemleistung von 103,6 kW (141 PS) und ein maximales Drehmoment von 265 Newtonmeter.

Der Niro Plug-in Hybrid kann im Elektrobetrieb bis zu 120 Stundenkilometer schnell fahren und hat als reiner Stromer eine kombinierte Reichweite von 58 Kilometern – im Stadtverkehr reicht eine Akkuladung sogar für 65 Kilometer. Dadurch bietet er die Möglichkeit, kurze Strecken und tägliches Pendeln emissionsfrei zu absolvieren.

Kia Niro Plug-in Hybrid (2020) im Test

Mit der „HEV“-Taste in der Mittelkonsole kann der Fahrer zwischen zwei Betriebsarten des Hybridsystems wählen. Der standardmäßig eingestellte Hybrid-Modus („HEV“) sorgt für ein effizientes und ausgewogenes Zusammenspiel von Elektro- und Verbrennungsmotor. Im Elektro-Modus („EV“) wird der Elektromotor prioritär eingesetzt, sofern nicht durch sehr starkes Beschleunigen oder hohe Geschwindigkeiten der Verbrennungsmotor auf den Plan gerufen wird.

Der Benziner arbeitet mit dem Atkinson-Zyklus, der den Wirkungsgrad erhöht und zu einer leichten Drehmoment-Reduzierung führt, die aber durch das Drehmoment des Elektromotors kompensiert wird. Beim Plug-in Hybrid dienen die Schaltwippen im Normalmodus dazu, zwischen den fünf Einstellungen des regenerativen Bremssystems zu wählen (Off, Level 1, 2, 3, One Pedal).

Kia Niro Plug-in Hybrid (2020) im Test

Soweit die Theorie. Und die Praxis?

Unmerklich schaltet der Niro PHEV zwischen den Betriebsarten hin und her, lediglich das kleine EV-Symbol im digitalen Cockpit verrät mir, dass ich elektrisch unterwegs bin. Umso stärker fällt der rauhe Lauf des Saugbenziners auf. Spätestens bei ziemlich leerem Akku (8,9 kWh passen hinein) wird zudem offensichtlich, dass das 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DCT) am harmonischten arbeitet, wenn viel Saft in der Batterie ist und der E-Motor mehr am Geschehen teilnimmt.

Für maximale Effizienz im Zusammenwirken von DCT und Hybridsystem hat Kia ein „Transmission-Mounted Electric Device“ (TMED) entwickelt. Durch diesen ins Getriebegehäuse integrierten Elektromotor kann das DCT die volle Leistung von Verbrennungs- und Elektromotor parallel übertragen, so dass nur minimale Energieverluste auftreten. Das ist ein entscheidender Unterschied des TMED-Konzepts gegenüber dem Power-Split-System, bei dem – wie der Name sagt – die Leistung auf elektrischem und mechanischem Weg verzweigt wird.

Dabei wird ein Teil der Leistung des Verbrennungsmotors genutzt, um elektrische Energie zu erzeugen, mit der wiederum der Elektromotor betrieben wird. Diese Umwandlung führt zu einem Energieverlust, der typisch ist für Hybridsysteme mit stufenlosem Getriebe. Das Kia-TMED hat noch einen Vorteil: Das Hybridsystem kann bei höheren Geschwindigkeiten direkt auf die Batterieleistung zugreifen, dadurch spricht der Niro beim Beschleunigen schneller an.

Kia Niro Plug-in Hybrid (2020) im Test

Zum Stromtanken bietet der Niro Plug-in Hybrid einen Typ-2-Ladeanschluss. Dieser europäische Standardstecker ist bei den Ladestationen in Deutschland am weitesten verbreitet. Mit dem serienmäßigen Ladekabel, das in einem Ablagefach im Gepäckraumboden deponiert ist, kann der Akku in der eigenen Garage geladen werden. An einer entsprechend leistungsfähigen 240-Volt-Ladestation (3,3 kW) ist das nach 135 Minuten erledigt. Der Fortschritt des Ladevorgangs lässt sich dabei im Bordcomputer-Display ablesen. 258 Euro kostet das optionale Ladekabel, welches an beiden Enden einen Typ-2-Stecker aufweist. Wer häufiger öffentlich lädt, sollte dieses Geld investieren. 

Kia Niro Plug-in Hybrid (2020) im Test

Eine weitere Besonderheit unterstreicht die praktische Ausrichtung des Niro: Er ist eines der wenigen Fahrzeuge im Hybridsegment, das sich als Zugmaschine einsetzen lässt. Beide Antriebsvarianten können gebremste Anhänger mit einem Gewicht von bis zu 1.300 Kilogramm ziehen (ungebremst 600 kg). Eine abnehmbare Anhängerkupplung ist als Zubehör erhältlich.

Extra-Knete vom Staat

Wie viel haben wir verbraucht? Die offiziellen 1,3 Liter vergessen Sie bitte schnell. Natürlich hängt der Verbrauch bei einem Plug-in-Hybrid davon ab, wie oft man ihn komplett auflädt. Wir haben das eher schleifen lassen (Asche auf unser Haupt!), kamen aber dennoch auf sehr manierliche 5,3 Liter im Durchschnitt und eine Reichweite von 650 Kilometer mit einem Tank.   

Die Preise für den Kia Niro Plug-in-Hybrid beginnen bei 33.990 Euro. Keine Kleinigkeit, allerdings ist das Fahrzeug schon an der Basis ordentlich ausgestattet. Hinzu kommt die für Kia übliche 7-Jahres-Garantie, sie inkludiert auch die Antriebsbatterie.

Kia Niro Plug-in Hybrid (2020) im Test

Aber kommt einem da nicht trotzdem unwillkürlich der Karnevalsschlager von Jupp Schmitz in den Sinn: "Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt? Wer hat soviel Pinke-Pinke, wer hat soviel Geld?"

Netterweise wirft Vater Staat etwas Kamelle unters Volk: Bei Plug-in-Hybriden dieser Preisklasse liegt die neue Kaufprämie bei 4.927,50 Euro brutto (4.500 Euro zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer auf den Herstelleranteil von 2.250 Euro). Verfügt das Fahrzeug zudem über einen virtuellen Motorsound – der bei allen elektrifizierten Kia-Modellen bis auf den Optima Sportswagon Plug-in Hybrid Standard ist – erhöht sich der staatliche Förderbetrag um weitere 100 Euro (AVAS-Förderung).

Wir rechnen das mal schnell durch: Abzüglich der Prämie von 5.027,50 Euro startet der Kia Niro Plug-in-Hybrid bei 28.962,50 Euro.

Fazit: 8/10

Ein unaufgeregter Plug-in-Hybrid mit viel Platz zum fairen Tarif: Der Kia Niro ist eine klare Empfehlung für Pendler mit definierter Wegstrecke, die nur gelegentlich ganz lange Reisen antreten. Idealerweise sollten sie aber ein eigenes Haus oder zumindest eine eigene Garage mit Stromanschluss haben. In Parkhäusern sieht es mit normalen Steckdosen nämlich verdammt oft ziemlich mau aus. 

Bildergalerie: Kia Niro Plug-in Hybrid (2020) im Test

Bild von: Fabian Grass

Kia e-Niro Plug-in-Hybrid (2020)

Motor Vierzylinder-Saugbenziner mit 1.580 ccm Hubraum plus Elektromotor
Leistung 77 kW/105 PS (Verbrenner), 44,5 kW/60,5 PS (Elektro), 104 kW/141 PS (Systemleistung)
Getriebeart Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe
Max. Drehmoment 265 Nm bei 1.000 bis 2.400 U/min (Systemleistung)
Antrieb Frontantrieb
Beschleunigung 0-100 km/h 10,8 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 172 km/h
Batterie Lithium-Ion-Polymer, 8,9 kWh Kapazität
Elektrische Reichweite 58 km
Ladeanschluss Typ 2 mit 3,3 kW
Aufladezeit 135 Minuten
Länge 4.355 mm
Breite 1.805 mm
Höhe 1.545 mm (mit Dachreling)
Kofferraumvolumen 324-1.322 Liter
Leergewicht 1.651 kg
Zuladung 406 kg
Anhängelast 1.300 kg
Verbrauch 1,3 Liter/100 km (NEFZ)
Emission Euro 6d-TEMP
Basispreis 33.990 Euro