Der neue Opel Zafira Life hat mit dem altgewohnten Zafira nur mehr den Namen gemeinsam. War der Zafira ein Kompaktvan, so tritt der Zafira Life ein Segment höher an und konkurriert nun mit dem VW-Bus. Bestellstart war im März 2019, zu den Händlern kommt der Wagen aber erst im Herbst. Wir haben ihn getestet.
Wie bitte? Der Zafira tritt jetzt plötzlich gegen den Bulli an?
Das ist in der Tat etwas ungewohnt. Also nochmal zurück zum Start: Den Zafira als Kompaktvan gibt es nur noch in Restbeständen beim Händler, gebaut wird er nicht mehr. Das Segment der Kompaktvans ist in den letzten Jahren kaum mehr gefragt. Dass Opel den Zafira Tourer abschafft, finde ich daher verständlich. Da immer mehr D-Segment-Vans verkauft werden, ist auch ein neues Auto in diesem Segment zu begrüßen. Opel übernimmt ihn von PSA, der Peugeot Traveller, und Citroën Spacetourer sind praktisch baugleich (wie auch der Toyota ProAce Verso übrigens). Soweit alles okay. Aber der Name! Meiner Ansicht nach hätte das neue Auto Vivaro Life heißen müssen. Denn erstens enden bei Opel die Nutzfahrzeuge mit dem Buchstaben O (Combo, Vivaro, Movano), während die normalen Pkws ein A am Ende haben (Corsa, Astra, Insignia, Zafira) und der Zafira Life ist nun mal ein Nutzfahrzeug (wie der VW-Bus auch). Zweitens trägt die Kastenwagen-Version des Zafira Life den Namen Vivaro, und zwischen diesen beiden Autos gibt es technisch keine großen Unterschiede. Drittens heißt das Auto in Großbritannien Vauxhall Vivaro Life. Der Grund für die Namensgebung bei uns liegt im Marketingbereich. Man wollte den guten Namen Zafira nicht aufgeben. Nun ja, lassen wir das jetzt.
Okay, weiter im Text! Wie groß ist der Zafira Life denn nun?
Es gibt ihn in drei Größen: S mit 4,61 Meter, M mit 4,96 Meter und L mit 5,31 Meter Länge. Am beliebtesten wird die mittelgroße Version sein, glaubt Opel. Da ich das erst später erfahren habe, bin ich die S-Variante gefahren. Mit 4,61 Meter Länge ist das Auto rund 30 Zentimeter kürzer als der VW T6. Direkter T6-Konkurrent wäre also der Zafira Life M.
Für wen ist so ein Auto geeignet?
Wenn man eine Version mit Einzelsitzen hinten bestellt, wird daraus zum Beispiel ein Hotelshuttle, mit einer im Verhältnis zwei zu eins geteilten Rückbank ein Familienauto. Letztere bin ich gefahren. Sie ist für Familien mit drei Kindern optimal. Denn hinter den Vordersitzen gibt es drei gleich breite Sitze, es entfällt also ein Grund für Streit. Man kann sogaar auf allen drei Fondplätzen Isofix-Kindersitze befestigen. Auch mit fünf Personen an Bord bleibt noch viel Platz für Gepäck.
Dabei ist der Zafira Life sehr variabel: Die Rückbank lässt sich in den Schienen beliebig längs verschieben. Dabei muss man nur auf die Position der Sicherheitsgurte achten, denn die sind in den Außenwänden angebracht, verschieben sich also nicht mit. Man kann die Fondbank auch komplett ausbauen, wozu aber zwei kräftige Männer nötig sind. Wer den halben Kindergarten transportieren will, kann die S-Version (für 1.350 Euro Aufpreis) sogar als Achtsitzer bestellen. Dann bekommt man noch eine zweite Sitzbank hinzu, die man auf die beschriebenen Schienen setzen kann.
Wie viel Gepäck passt denn rein?
In die S-Version 3.600 Liter, wenn man die gesamte Länge bis zu den Vordersitzen nutzt und das Auto dachhoch belädt. Die Laderaumlänge liegt zwischen 27 Zentimetern bis zu 2,81 Meter. Wer will, kann den Zafira Life also vielleicht sogar zum Campingmobil umrüsten, denn 2,81 Meter dürften auch für zwei längs ausgestreckte Erwachsene plus Gepäck ausreichen. Der Laderaum lässt sich durch den umklappbaren Beifahrersitz noch verlängern.
Eingestiegen wird über Schiebetüren. Serie ist nur eine auf der Beifahrerseite, die manuell bedient wird, optional gibt es eine manuelle Schiebetür für die Fahrerseite oder elektrische Schiebetüren, entweder eine oder zwei. Wir hatten zwei elektrische, und dazu ein Panorama-Glasdach.
Hui, das klingt nicht nach Nutzfahrzeug. Und das Cockpit?
Auch das Cockpit sieht nicht nach Nutzfahrzeug aus, zumindest in der gefahrenen Version nicht. Mich hat die Gestaltung sehr an VW erinnert, und das ist ein Kompliment, denn die Wolfsburger Konkurrenz macht meiner Ansicht nach sehr ordentliche Innenräume. Der Zafira Life ist jedenfalls alles andere als ein Maurer- oder Klempner-Auto. Ein Instrumentendisplay (also ein Monitor statt traditioneller Instrumente) gibt es im Zafira Life zwar nicht, aber die Materialien sind durchaus in Ordnung. Man bewegt sich hier etwa auf dem Niveau eines modernen Kleinwagens. Das gilt auch für die Größe des Infotainment-Monitors (7,0 Zoll).
Teils über dieses Segment hinaus weisen Extras wie elektrisch einstellbare Vordersitze mit Massagefunktion, ein 360-Grad-Rundumsichtsystem zum Rückwärtsfahren, ein Head-up-Display (in Form einer ausfahrbaren Plexiglasscheibe) und Assistenzsysteme wie Spurhalteassistent, Notbremsassistent oder Verkehrszeichenerkennung.
Welche Motoren gibt es?
Es gibt nur Diesel, keine Benziner. Zur Wahl stehen ein 1,5-Liter-Motor mit 102 oder 120 PS sowie ein 2,0-Liter-Selbstzünder mit 150 oder 177 PS. Um die Variantenvielfalt einzugrenzen, gibt es den S nicht mit 102 PS. Die beliebteste Version wird laut Opel-Prognose der 150-PS-Motor sein, doch in meinem Auto steckte der 177-PS-Diesel in Kombination mit einer Achtgangautomatik. Dieser Diesel bietet mit seinen 400 Newtonmeter Drehmoment viel Schwung, und auch auf der Autobahn genug Power, zumindest bis Tempo 140, schneller ging es bei den herrschenden Verkehrsverhältnissen nicht. Alle Diesel erfüllen die Abgasnorm Euro 6d-Temp. Die Abgase werden über ein SCR-System gereinigt, der Adblue-Tank fasst stattliche 22,5 Liter.
In Zusammenarbeit mit Partner Dangel werden auch Allradvarianten angeboten, und zwar für alle drei Längen (S, M und L) in den Motorisierungen mit 120 und 150 PS mit Handschaltung. DAs System basiert auf einer Viscokupplung. Im Cockpit gibt es dann die Wahl zwischen den Modi Eco 4x2 und 4x4. Außerdem werden die Allradfahrzeuge zwei Zentimeter (optional vier Zentimeter) höher gelegt und besitzen einen Unterfahrschutz.
Eine weitere interessante Variante ist die Elektroversion, die für das Jahr 2021 angekündigt wird.
Und sonst? Wie sind Fahrwerk und Lenkung?
In puncto Lenkung (ziemlich indirekt) und Automatik (mit Schaltwippen) fand ich nichts zu kritisieren. Das Fahrwerk ist eher auf der straffen Seite. Bei unebenem Belag rumpelt es etwas. Und schon bei kleineren Lenkmanövern wird man in den Sitzen (guter Seitenhalt am Rücken, aber nicht an den Oberschenkeln) stärker hin- und herbewegt als bei einem niedrigeren Auto. Das ist eben ein Nachteil der hohen Sitzposition.
Was mir aber sehr gut gefällt, ist das Trucker-Feeling, das sich in so einem Bus ergibt. Das Lenkrad liegt flacher als bei normalen Pkw und kann seinen Arm auf eine breite Leiste unter dem Seitenfenster legen. Denn so ein Bus reicht einem anders als die allermeisten Pkw nicht bis zum Kinn, man hat ein viel großzügigeres Raumgefühl. Auch zwischen den Vordersitzen ist sehr viel Platz. So viel Platz, dass man ohne Probleme nach hinten durchgehen kann, wenn der Wagen steht. Allerdings wird so mancher eine Mittelkonsole vermissen, wo man zum Beispiel sein Handy ablegen kann. Dafür gibt es nur einen kleinen Schacht im Armaturenbrett. Und es gibt nur einen einzigen USB-Slot im ganzen Auto. Für die Bedürfnisse von heutigen Familien ist das völlig unzeitgemäß. Bei der gehobenen Innovation-Ausstattung gibt es allerdings noch eine 230-Volt-Steckdose für den Fond (unter dem Beifahrersitz), die als Ersatz dienen kann.
Und die Preise?
Der günstigste Zafira Life ist ein Modell mit mittlerer Länge (M) und dem 102-PS-Diesel für 34.660 Euro. Einen VW T6 Multivan gibt es nicht unter 38.800 Euro. Für den gefahrenen Zafira Life S mit 177-PS-Diesel und Automatik verlangt Opel 43.510 Euro. Ganz schön viel Geld. Ein Opel Grandland X (mit dem 177-PS-Diesel und Automatik, ab etwa 38.000 Euro) ist um fünf Tausender billiger, mit einem vergleichbar motorisierten Insignia Kombi (rund 35.500 Euro) spart man sogar 7.500 Euro. Eine weitere Option mit viel Platz wäre der Opel Combo Life XL (mit 130-PS-Diesel ab rund 31.000 Euro).
Wer wegen des großartigen Platzangebots beim Zafira Life bleiben möchte, kann vielleicht auch bei Motor und Getriebe sparen. Erstens gibt es den 177-PS-Diesel gibt es nur mit Automatik, auf die ich prsönlich auch verzichten könnte. Wer sich mit 150-PS-Diesel und Handschaltung begnügt, spart fast 3.500 Euro.
Reicht denn beim Zafira Life die Basisausstattung aus?
Wohl kaum. Den Zafira Life S gibt es in den Ausstattungen Edition und Innovation. Zu Edition gehören die beschriebene asymmetrisch geteilte und verschiebbare Fondbank, ein umklappbarer Beifahrersitz, eine Schiebetüre mit festem Fenster auf der Beifahrerseite, ein Schiebefenster im Fond auf der Fahrerseite, ein Tempomat, eine Zweizonen-Klimaautomatik, ein Bluetooth-Radio, eine USB-Schnittstelle, Licht- und Regensensor, Nebelscheinwerfer mit Abbiegelichtfunktion, elektrische Fensterheber vorne, elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel sowie Zentralverriegelung mit Fernbedienung.
Schlappe 7.590 Euro Aufpreis kostet die Version Innovation. Diese Variante wäre mir mit Lederausstattung und den Vordersitzen mit elektrischer Einstellung sowie Massagefunktion zu überkandidelt. Ich würde Edition nehmen und die fehlenden Elemente dazuordern. Vor allem wären das eine elektrische Schiebetür auf der Gehsteigseite inklusive 230-Volt-Steckdose (650 Euro), das 180-Grad-Rundumsichtsystem (400 Euro), das Multimedia-Radio mit 7,0-Zoll-Touchscreen und Smartphone-Integration (350 Euro). Für Leute, die viel Autobahn fahren, würde ich noch das Fahrerassistenzpaket 2 mit Abstandstempomat (1.130 Euro) empfehlen. Macht mit dem 150-PS-Diesel und Handschaltung in Edition-Ausstattung (40.060 Euro) rund 43.000 Euro.
Fazit: 8 von 10
+ viel Platz und hohe Variabilität, drei gleich breite Sitze hinten, drei Isofix-Kindersitzbefestigungen hinten, variables Sitzkonzept
- etwas wenig Ablagen, deutlich höhere Preise als bei SUVs oder Kombis
Bildergalerie: Opel Zafira Life S Family Automatik (2019)
Opel Zafira Life S 2.0 Diesel 177 PS Automatik