Was ist das?

Das Endergebnis der vermutlich längsten Hinhalte-Taktik der Automobilgeschichte. Die Entwicklungsphase zog sich über sieben Jahre. Die letzte Supra lief in Japan vor nunmehr 17 Jahren vom Band. In Europa warten die Fans gar seit 23 Jahren auf einen neuen Sportwagen mit dem legendären Namen. Wenn Sie zuletzt nicht unter einem großen Stein gelebt haben, wissen Sie, dass dieser Name noch immer gewaltige Strahlkraft hat. Die Fans warten sehnsüchtig auf das neue Auto. Seit Toyota 2014 das FT-1 Concept vorstellte, hatten sie auch Gewissheit, dass es passieren würde. Spätestens seitdem schwingen aber auch die Zweifel mit, denn die neue Supra A90 ist alles mögliche, aber sicher kein reinrassiger Toyota.

Aus wirtschaftlichen Gründen tat man sich bei der Entwicklung mit BMW zusammen. Die Supra übernimmt Chassis, Elektronik, Motor, Getriebe und einen spürbaren Teil des Interieurs vom neuen Z4. Klar, die Japaner haben gute Erfahrungen damit gemacht, Plattformen zu teilen, um den Geldbeutel zu schonen (GT86 und Subaru BRZ; Toyota Aygo, Peugeot 108, Citroen C1). Aber die Supra ist anders. Wichtiger. Sie ist sowas wie das sportliche Aushängeschild der Marke mit einer fürchterlich schwer wiegenden Historie. Vom Status her auf einem Level mit Honda NSX und Nissan GT-R. Nicht wenige hätten sich gewünscht, dass Toyota das neue Ding von Grund auf selbst entwickelt. Als Supercar, dass es mit den Besten aufnimmt. Aus wirtschaftlicher Sicht aber wäre das völliger Unsinn gewesen. Toyota wollte aus geschichtlichen Gründen einen Reihensechszylinder, hat derzeit aber keinen und hätte dafür ein komplett neues Werk bauen müssen. Nicht rentabel. Außerdem würde selbst laut Meinung diverser Toyota-Offizieller keine Sau eine sechsstellige Summe für einen Toyota ausgeben.

Wie Sie wissen, hat BMW eine ziemlich gute Reputation, was Reihensechszylinder betrifft (ungefähr als einziger, wenn man ehrlich ist). Nach anfänglichen Problemen fand man schnell zusammen. Man baute einen Prototypen auf. Einen BMW 2er mit verkürztem Radstand. Das Management auf beiden Seiten der Welt fuhr ihn und gab grünes Licht. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte und designte man eigenständig. Supra-Projektleiter Tetsuya Tada fuhr den Z4 tatsächlich erst vor ein paar Monaten zum ersten Mal. Ganz nebenbei: Er fand ihn sehr gut. Und damit genug vom Geschichtsexkurs.

Test Toyota Supra 2019
Test Toyota Supra 2019

Also kein feuerspeiendes völlig durchgeknalltes Nippon-Supercar, sondern ein Geschwisterchen für einen bayerischen Roadster mit mittelmäßiger Akzeptanz. Tada-san setzte sich dennoch zum Ziel, den Porsche Cayman, die Benchmark in diesem Bereich, zu schlagen. Was schon jetzt klar ist: Den Z4 schlägt die Supra optisch um Längen. In echt sieht sie besser aus als auf Bildern. Klassische Frontmotor-Hecktriebler-Proportionen. Üppige, lustvolle Linien. Schade dagegen: Die vielen Einlässe in der Haube und an den Kotflügeln sind alle Fake.

Unter der Haube steckt BMWs Dreiliter-R6 mit einem Turbolader. Toyota sagt, die Applikation sei (wie bei der ZF 8-Gang-Automatik und der Fahrwerksabstimmung) in Eigenregie entwickelt worden. Allerdings sind die Leistungsdaten mit 340 PS und 500 Nm identisch zu denen des Z4 M40i. Die 0-100 km/ erledigt die Supra Mk5 in 4,3 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf 250 km/h begrenzt.

Ganz klassisch Sportwagen: Zwei Sitze, eine große Heckklappe und eine Gewichtsverteilung von 50:50. Michelin liefert seine klebrigen Super-Sport-Pneus in 255/35/19 vorne und 275/35/19 hinten. Außerdem erwähnt Toyota stolz, dass das Auto steifer ist als die hauseigene Ikone Lexus LFA.

Klingt nach einem vielversprechenden BMW. Wie fährt sie?

Beruhigenderweise ganz hervorragend. Locker leicht, aber verbindlich. Sehr flink. Sehr schnell. Sehr sehr gut austariert, mit haufenweise Grip und einer Art, bei der man sich im Nu sicher und gut aufgehoben fühlt. Schön auch: Dieses Auto ist nicht bretthart, es darf sich bewegen. Der ultrakurze Radstand (der den neuen Z4 ein bisschen komisch aussehen lässt) war ein Wunsch aus Japan. Aber selbst härter und wilder gefahren, fängt die Supra nicht an zu schnappen oder unvermittelt Blödsinn zu machen. 

"Es ist beeindruckend, wie sehr die Supra gegen Unter- oder Übersteuertendenzen immun ist."

Sie bleibt sehr ruhig, wenn man in die Kurve hinein bremst und sehr stabil, wenn man mit ordentlich Karacho wieder hinausfeuert. Man hat grundsätzlich das Gefühl, sehr gut zu wissen, was da gerade unter einem passiert. Das Einlenken geschieht super agil, fast als hätte man Hinterradlenkung (Küsschen an den Winz-Radstand). Die Lenkung selbst wirkt im Normal-Modus recht leicht (anders als bei BMW gibt es hier nur die Fahrmodi "Normal" und "Sport"), im Sportmodus etwas kräftiger. Vielleicht ist es auch der dünne Lenkradkranz, aber insgesamt wirkt sie besser und weniger gummig als bei BMW. Die Vorderachse ist gut angebunden, steuert das Auto punktgenau. Mehr Info kriegt man gefühlt aber vom Heck. Es drückt super schön und man merkt richtig, wie das elektronische Sperrdifferenzial rödelt, trotzdem strotzt dieses Auto vor Traktion. Es ist beeindruckend, wie sehr die Supra gegen Unter- oder Übersteuertendenzen immun ist. Natürlich hat sie auch genug Schmalz, um arme Hinterreifen mühelos in Rauch aufgehen zu lassen. Das Ganze sogar relativ gutmütig. Die Enthusiasten-Ehre ist also gerettet, aber wichtiger sind andere Dinge.

Test Toyota Supra 2019

Denn vermutlich interessieren Sie sich auch für die Schwachpunkte und bei allem Lob ist die Supra bei weitem nicht frei davon. Der Sechszylinder zum Beispiel, so forsch er auch antritt und so sämig er seine Leistung auch frei gibt - zwischen knapp 5.500 und seiner Höchstdrehzahl von 6.800 Touren kommt nicht mehr so arg viel. Außerdem versucht er sich im Sportmodus zwar an ein wenig Gegrolle und den üblichen „Prrapapaps“ beim Gastupfen, richtig besonders klingt er allerdings nicht. Alles in allem ist er sehr effizient dabei, dieses Auto überaus schnell zu machen, fühlt sich dabei aber zu 99,5 Prozent nach BMW an und lässt ein wenig Charakter vermissen. Seien Sie ehrlich, so oft verliebt man sich in den Motor und dann in den Rest des Sportwagens, oder? Hier fehlt ein Stück weit das Eigenständige, dieses abgefahren Japanische (im positiven Sinne).

Zwei weitere Kritikpunkte betreffen das Getriebe und die Bremsen. Letztere scheint trotz Vier-Kolben-Sätteln und 348er-Scheiben vorne nicht besonders Fading-resistent, wird zu früh weich und baut auch schnell beim Pedalgefühl ab. Die Achtgang-Box ist auf der Landstraße alles, was man sich nur wünschen kann. Wir loben sie in jedem BMW und ich tue das gerne auch hier. Auf der Rennstrecke allerdings, sprich unter richtig Stress, ist sie nicht ganz auf dem Niveau der besten Sportgetriebe, verdaddelt ein bisschen zu oft den initialen Befehl zum Runterschalten. 

Also Butter bei die Fische: Besser als ein Cayman?

Hm … schwierig. Und das ich das sage, ist schon ein verdammt gutes Zeichen. Die Supra fühlt sich auf jeden Fall ähnlich grippig und leichtfüßig an. Sie wiegt 1.495 Kilo (nur 40 Kilo weniger als der offene Z4), aber würden 1.350 Kg auf dem Datenblatt stehen, hätte ich es auch geglaubt. Der Cayman ist wahrscheinlich noch ein bisschen akkurater, wirkt mechanischer, roher und im Grenzbereich ein bisschen magischer, aber die Supra ist auf ihre Art nicht weit weg. Außerdem kann sie die GT-Seite besser als der Porsche. Gerade im Normal-Modus federt sie überraschend geschmeidig und rollt gut ab. Außerdem ist sie bei der normalen Fahrerei leiser als der Cayman. Das bevorzugte Fahrzeug für längere Etappen käme hier klar aus Japan.

 

Und der Innenraum?

Sagen wir mal so: BMW-Fahrer sollten keinerlei Probleme haben, sich sofort heimisch zu fühlen. Werten Sie das so positiv oder negativ wie Sie wollen. Was die Materialqualität, die Verarbeitung und die Bedienlogik angeht, ist es sicher ein gewaltiger Vorteil. So hätte das Toyota bei einem vollwertigen Toyota eher nicht hinbekommen. Die komplette Mittelkonsole inklusive Schaltknauf und iDrive-Controller sowie der Infotainment-Bildschirm sind 100 Prozent München. So ist das eben, wenn man sich entscheidet Plattform und Elektronik zu übernehmen: Man muss auch alles mit hinüber ziehen, was den ganzen Kram steuert.

Ein wenig Eigenständigkeit gibt es trotzdem. Bei allem anderen haben die Japaner nämlich so gut es geht ihr eigenes Ding durchgezogen. Das Armaturenbrett ist schlicht, aber sicher nicht verkehrt. Die Instrumente, ein Mix aus Digital-Display und großem analogen Drehzahlmesser in der Mitte, wirkt sogar deutlich schöner und intuitiver als im Z4.

Test Toyota Supra 2019
Test Toyota Supra 2019

Die Sitzposition ist voll auf den Punkt. Die elektrischen Sitze mit ihren aufgepolsterten Seitenwangen sind im richtigen Maße eng und halten gut fest, ohne unbequem zu sein. Die Sicht über die Schulter ist absolut grauenvoll, ansonsten geht es jedoch recht gut. Von den 290 Liter Kofferraum darf man sich nicht abschrecken lassen. Das Stauabteil ist recht lang und schluckt zwei mittelgroße Koffer mit links.

Außerdem kriegt man für den Basispreis von 62.900 Euro im Prinzip schon alles, was man braucht. Inklusive Navi, Rückfahrkamera, LED-Scheinwerfern, elektrischen und beheizbaren Alcantara-Sitzen, adaptivem Tempomaten und einer ganzen Latte an weiteren gängigen Assistenzsystemen. Vermutlich werden die meisten Kunden die 2.000 Euro Aufpreis für das Premium-Paket bezahlen. Ich persönlich würde mir das Geld sparen. Das Alcantara-Gestühl ist besser als die Ledersitze und wer braucht in einem Sportwagen schon ein Premium-Soundsystem oder ein Head-up-Display?

Soll ich sie kaufen?

Ein Fehler ist es garantiert nicht. Ich denke, Toyota hat hier den minimal besseren BMW gebaut. Den schöneren ohne Zweifel auch. Die Supra (oder der Supra; wie Sie wollen) ist ein überaus talentiertes Fahrerauto, ein sehr komplettes Coupé. Sehr aufregend gezeichnet. Schön kompakt, aber erwachsen genug. Sehr agil, aber erfreulich sanft und sanftmütig. Auf der verwinkelten Landstraße genauso kompetent wie auf der Rennstrecke (abzüglich Bremse) oder der Autobahn.

Was ein wenig fehlt, ist mehr eigener Charakter. Die Bayerischen Motoren Werke sind schon sehr präsent, wenn man dieses Auto fährt. Nichtsdestotrotz hat Toyota hier insgesamt wunderbare Arbeit geleistet. Die Supra bietet wohl den besten Mix aus GT-Tugenden, Sportlichkeit und Attraktivität in ihrer Klasse. Und jetzt schafft uns schleunigst den Cayman zum Vergleichstest ran ...

Fazit: 8/10

 + sehr sportliches, sehr rundes Fahrverhalten; aufregende Optik; gute Alltagstauglichkeit und Funktionalität; gute Ausstattung

- BMW-Gene verhindern mehr eigenen Charakter; verbesserungswürdige Bremse  

Bildergalerie: Test Toyota Supra 2019

Toyota Supra

Motor Sechszylinder-Turbo-Benziner; 2.998 ccm
Antrieb Hinterradantrieb
Getriebeart 8-Gang-Automatik
Leistung 250 kW (340 PS) bei 5.000 - 6.500 U/min
Max. Drehmoment 500 Nm bei 1.600 - 4.500 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 4,3 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h
Leergewicht 1.570 kg
Verbrauch 7,5 Liter
Emission 170 g/km CO2
Zuladung 320 kg
Basispreis 62.900 Euro