Die rasante Entwicklung in der Automobilindustrie ist gleichzeitig eine Kinderstube für neue Technologien und ein Friedhof für überholte Dinge. Ein Beispiel: Während wir auf die Ankunft echter selbstfahrender Autos mit fortschrittlichen Systemen warten, verschwinden andere Merkmale, die einst Standard waren.

So zum Beispiel das Schaltgetriebe. Dieses manuelle Getriebesystem, bei dem der Fahrer die Gänge selbst einlegen muss, wird auf vielen Märkten zu einer Rarität. Und das gilt nicht nur für Nordamerika, wo Automatikgetriebe schon immer die Autolandschaft dominieren.

Motor1 Numbers: Manuelles Schaltgetriebe

Informationen von JATO Dynamics zeigen nun, dass diese Art von Getriebe überall an Beliebtheit verliert.

Europa mit Zwei-Pedal-Getriebe

Europa ist ein gutes Beispiel für diesen Wandel. Im Jahr 2000 waren fast alle neu zugelassenen Autos mit einem Schaltgetriebe ausgestattet. Konkret lag der Anteil bei 89 Prozent und in einigen Ländern wie Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland, Ungarn, Irland und Portugal bei über 95 Prozent. Ausnahmen bildeten Norwegen und die Schweiz, wo etwa 25 Prozent der Neuwagen schon mit einem Automatikgetriebe ausgestattet waren.

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Dieser Prozentsatz blieb einige Jahre lang hoch, bis verschiedene Arten von Automatikgetrieben auf den Markt kamen. Im Jahr 2017 war der Anteil der Handschaltgetriebe an den Neuwagen auf 78 Prozent gesunken, und er ist seitdem weiter im freien Fall. Im Jahr 2022 waren es nur noch 34 Prozent und in der ersten Hälfte dieses Jahres sind wir bei 32 Prozent angelangt.

Hierfür gibt es mehrere Gründe: Die Autofahrer sind sich der Vorteile und der einfachen Bedienung eines Automatikfahrzeugs stärker bewusst. Die Staus werden in vielen Städten immer schlimmer. Und der Preisunterschied zwischen Handschaltung und Automatik wird immer geringer. Der Zustrom von Elektroautos (mit neuen Marken wie BYD oder Tesla) trägt ebenfalls dazu bei. Diese Fahrzeuge brauchen keine Getriebe mit mehreren Gängen, um die Kraft der Elektromotoren zu nutzen.

Autos in Nordamerika

Die JATO-Daten zeigen, dass im Jahr 2010 nur 6 Prozent der in den Vereinigten Staaten verkauften neuen Fahrzeuge mit einem Schaltgetriebe ausgestattet waren. Dieser Prozentsatz fiel auf 4 Prozent im Jahr 2019 und 2 Prozent im Jahr 2020. In den letzten beiden Jahren war das manuelle Getriebe auf dem US-Markt mit einem Anteil von nur 1 Prozent kaum vertreten. Und in diesem Jahr sind es sogar noch weniger – nämlich nur 0,9 Prozent bis zum Ende der ersten Hälfte des Jahres 2023.

Motor1 Numbers: Manuelles Schaltgetriebe

Noch nicht tot

Andererseits sind Autos mit Schaltgetriebe nach wie vor eine gute Wahl für Käufer in Schwellenländern. In Märkten wie Lateinamerika oder Südafrika wird immer noch ein beträchtlicher Anteil der Neufahrzeuge mit Schaltgetriebe zugelassen – nämlich mehr als 30 Prozent. Obwohl sich der Preisunterschied zwischen Schalt- und Automatikgetrieben in den letzten 20 Jahren drastisch verringert hat, ist er für einkommensschwache Verbraucher immer noch ein wichtiger Aspekt. 

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Wird sich die Situation mit dem Aufkommen erschwinglicher Elektroautos ändern? Der deutliche Rückgang von Autos mit Schaltgetriebe in China – wo preisgünstige Elektroautos an Beliebtheit gewinnen – zeichnet ein düsteres Bild für alle, die gerne mit drei Pedalen fahren.

Der Autor des Artikels, Juan Felipe Munoz, ist ein Spezialist für die Automobilindustrie bei JATO Dynamics.