Der europäische Neuwagenmarkt durchlebte im ersten Halbjahr 2022 weiterhin schwierige Zeiten. Die neuesten von JATO Dynamics veröffentlichten Daten zeigen, dass die Neuzulassungen in den 27 Ländern im Vergleich zum gleichen in Zeitraum 2021 um 14 % auf 5,54 Millionen Einheiten gesunken sind. Das unterscheidet sich deutlich von der positiven Entwicklung in China (+3,4 %), ist aber besser als die Ergebnisse in den USA (-18,2 %).
Zu den sicheren Häfen, die einen weiteren Rückgang verhinderten, gehörten die SUVs und Elektroautos. Erstere verzeichneten einen moderaten Rückgang von nur 4 %, was fast 50 % des Volumens ausmacht. Letztere schnitten deutlich besser ab: Ihre Zulassungen stiegen von 485.000 Einheiten im ersten Halbjahr 2021 auf 633.200 Einheiten im ersten Halbjahr 2022, ein Plus von 31 %. Das bedeutet, dass die BEVs jetzt 11,4 % des Gesamtmarktes ausmachen, was fast vier Punkte über ihrem Marktanteil im Vorjahr liegt.
Tesla-Wachstum verlangsamt sich
Die steigende Nachfrage nach BEVs kam aber nicht allen Autoherstellern gleichermaßen zugute. Tesla zum Beispiel war nicht in der Lage, dieses Wachstum zu nutzen. Und obwohl das Unternehmen mehr Autos als je zuvor zugelassen hat, blieb das Wachstum hinter dem Gesamtmarkt zurück. Da der Hersteller aus dem Silicon Valley aufgrund des Produktionsstopps in seinem chinesischen Werk mit Problemen bei der Verfügbarkeit von Neuwagen zu kämpfen hatte, sank der Marktanteil am BEV-Markt von 13,75 % im ersten Halbjahr 2021 auf 13,33 % im ersten Halbjahr 2022.

Mit dem Verlust von 0,42 Prozentpunkten ist Tesla der drittgrößte OEM mit dem höchsten Marktanteilsverlust in diesem Zeitraum. Dahinter rangieren nur der Volkswagen-Konzern mit einem Rückgang von 5,7 Punkten und die Nissan-Gruppe mit einem Rückgang von 1,4 Punkten. Tesla wurde durch einen massiven Rückgang der Zulassungen des Model 3 im Juni (-76 %) schwer getroffen, einem Monat, der normalerweise sehr volumenstark ist.
Da die Marke noch auf die volle Auslastung ihres neuen Werks in Berlin zusteuert, ist sie immer noch auf Produkte aus ihren Fabriken in Übersee angewiesen. Es gibt jedoch noch andere Gründe für die Verlangsamung des Wachstums in Europa.

Mehr Wettbewerb als je zuvor
Das Model 3 sieht sich jetzt nicht nur mit mehr Konkurrenz aus dem Ausland, sondern auch aus dem eigenen Land konfrontiert. Der BMW i4 und der Polestar 2 sind zwei direkte Konkurrenten, die im Juni weiter auf dem Vormarsch waren. Darüber hinaus hat sich das Tesla Model Y in den USA und China zu einer ernsthaften und attraktiveren Alternative entwickelt. Und tatsächlich war das Model Y in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auch das am häufigsten zugelassene Elektrofahrzeug in Europa.
An dem Wettlauf um die Elektrifizierung sind fast alle in Europa vertretenen Marken beteiligt. Die BMW Group zum Beispiel ist der am schnellsten wachsende Hersteller in diesem Segment. Ihr Marktanteil stieg von 5,76 % im ersten Halbjahr 2021 auf 8,37 % ein Jahr später. Die neuesten Produkte wie der iX, iX3 und i4 werden von der Öffentlichkeit positiv aufgenommen.

Auch der koreanische Hyundai-Kia-Konzern wächst schneller als seine Konkurrenten, dank der starken Ergebnisse des Hyundai Ioniq 5 und des Kia EV6 sowie der guten Position des Hyundai Kona EV und des Kia Niro EV. Hyundai-Kia hat sich mit interessanten Produkten und wettbewerbsfähigen Preisen als ernstzunehmender Hersteller von Elektrofahrzeugen positioniert.
Stellantis ist ebenfalls ein Gewinner in diesem Zeitraum. Es hat seine Position als zweitgrößter BEV-Verkäufer in Europa gefestigt und liegt nur hinter der Volkswagen-Gruppe. Möglich wurde dies durch die sehr guten Ergebnisse des Fiat 500e, dem drittmeisten zugelassenen reinen Elektroauto in Europa in diesem Zeitraum. Es scheint, dass die Fiat-Ikone die Erfolgsformel der Verbrenner-Version wiederholt: hübsches Design, leicht zu fahren und günstig im Unterhalt.
Der Autor des Artikels, Juan Felipe Munoz, ist ein Spezialist für die Automobilindustrie bei JATO Dynamics.