Normalerweise sind Rettungswagen besonders auffällig. Dieser hier nicht: Vor 50 Jahren kam der erste eigenständige Audi 80 auf den Markt. Intern B1 getauft, diente die Limousine nicht nur als Grundlage für den ersten VW Passat. Ihre Motoren fanden sich unter anderem im VW Scirocco und lange im Golf. Kurzum: Der diskret auftretende Audi 80 rettete die Marke Volkswagen.

Aber der Reihe nach: "Modern, aber nicht modisch" sollte er sein, ein bodenständiges und preiswertes Familienauto. So lautete die Vorgabe für den Audi 80 (B1), als das Projekt unter Bezeichnung EA 838 startete. Wie beim Rennwagenbau ließ der damalige Chefentwickler Ludwig Kraus seine Mitarbeitenden für jedes einzelne Teil prüfen, wo man noch Gewicht reduzieren konnte. 

Audi 80 B1 (1972-1978)
Audi 80 B1 (1972-1978)

Die Optik im Stil der neuen Sachlichkeit der 1970er-Jahre hatte Designer Hartmut Warkuß mitgestaltet. Er prägte das Audi-Design mehrerer Modellgenerationen der B-, C- und D-Reihe und entwarf später bei VW Fahrzeuge wie den Golf IV oder den Phaeton. Betrachtet man heute einen frühen Audi 80, wird die Vorgabe klar: Einerseits Familienähnlichkeit zum größeren 100, andererseits ein deutlich moderner Look als der Vorgänger F103. Er stammte noch aus der DKW-Erbmasse und wurde hauptsächlich technisch modernisiert. 

Doch nun hatte Audi wieder ordentlich Geld in der Kasse und zudem nach der Fusion mit NSU begabte Ingenieure an Bord. Endlich konnte man von Grund auf ein modernes Fahrzeug der Mittelklasse entwickeln. Dafür genügte seinerzeit eine Länge von gut 4,20 Meter, eine Breite von 1,60 Meter und eine Höhe von 1,36 Meter. 

Zwei technische Highlights zeichneten den Audi 80 (B1) aus: Er war das erste Großserienfahrzeug mit negativem Lenkrollradius. Das sorgte für Spurstabilität beim Bremsen. Hinzu kam der intern EA 827 getaufte Vierzylinder mit zunächst 1,3 und 1,5 Liter Hubraum. Der im Laufe der Jahre meistgebaute Motor im VW-Konzern lief noch bis in die 2000er-Jahre vom Band, was für seine damals moderne Konzeption spricht.

Audi 80 B1 (1972-1978)
Audi 80 B1 (1972-1978)

Im Audi 80 leistete das Aggregat 55, 75 oder 85 PS. Getriebe? Viergang manuell oder Dreigang-Automatik für 75 und 85 PS. In Verbindung mit unter 900 Kilogramm Leergewicht sorgte das für ansprechende Fahrleistungen und einen für damalige Verhältnisse niedrigen Verbrauch. Spätestens nach der Ölkrise 1973 ein schlagendes Argument. 

Offiziell vorgestellt wurde der B1 im Juli 1972 kurz vor den Olympischen Sommerspielen in München. Zunächst gab es ihn nur als zweitürige Limousine ab rund 8.000 DM, der Viertürer folgte im März 1973. Beiden gemeinsam war der mit 450 Liter wohl proportionierte Kofferraum. Der Erfolg ließ nicht nicht lange auf sich warten: Bis 1974 wurde der Audi 80 sogar in Wolfsburg gebaut, um die Nachfrage zu bedienen. 66.549 Exemplare liefen dort vom Band.

Audi 80 B1 (1972-1978)
Audi 80 B1 (1972-1978)

Der ultimative Ritterschlag war die Wahl zum "Auto des Jahres" 1973 in Europa als erster Audi überhaupt. Aufgrund seiner gelungenen Konzeption wilderte der 80 im Revier von Ford Taunus, Opel Ascona und bis zum Erscheinen der 3er-Reihe auch beim BMW 02. Tatsächlich bot der 100 PS starke Audi 80 GT sportliche Fahrleistungen, zum Modelljahr 1976 folgte der GTE mit dem 110-PS-Einspritzer des Golf GTI. 

Seine sportliche Karriere reicht zurück bis in das Jahr 1974, als der Audi 80 GT für Tourenwagen-Rennen und wenig später auch für den Rallyeeinsatz homologiert wurde. Er bildete die Basis für den Aufbau der Audi-Sportabteilung im Jahr 1978 und die motorsportlichen Erfolge von Audi im internationalen Rallyesport der 80er- wie auch im Rundstreckenrennsport der 90er-Jahre.

Aber zurück ins Jahr 1973: Damals erschien der erste VW Passat, bei dem es sich de facto um einen optisch modifizierten Audi 80 mit Schräg- und Kombiheck handelte. Letzteres erhielt der 80 sogar später in den USA, wo man ihn als Fox Wagon verkauften. Dank des Frontantriebs plus EA 827 konnte VW schnell sein Modellprogramm modernisieren.

Audi 80 B1 (1972-1978)
Audi 80 B1 (1972-1978)

Stichwort modern: Im August 1976 bekam der Audi ein Facelift im Stil des neu erschienenen 100 (C2). Große quadratische Scheinwerfer und breite Rückleuchten am bislang etwas traurig schauenden Heck werteten den 80 für seine letzten beiden Jahre auf. 

Mit Erfolg, denn der erste Audi 80 knackte die Million. Hierzu gibt es unterschiedliche Angaben: 1.103.766 Exemplare bis August 1978 nennt ein großes Online-Lexikon, auf 1.010.201 Fahrzeuge kommt Kevin Thiel in seinem glänzend recherchierten Buch zum Audi 80. 

Und 50 Jahre später? Einschlägige Gebrauchtwagen-Börsen liste gerade mal 14 Audi 80 der ersten Generation. Wie bei fast allen Autos der 1970er-Jahre nagte auch hier der Rost hemmungslos. Teuer ist der B1 dennoch nicht: Das Preisniveau im guten Zustand liegt zwischen 6.500 und 12.000 Euro.

Bildergalerie: Audi 80 B1 (1972-1978)