Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik "Kennen Sie den noch?" studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe "Klassiker der Zukunft?" vorstellen.

Noch immer sieht man sie häufig in Gebrauchtwagenbörsen: Günstige Audi 80 der Baureihe B4, die trotz vielen Kilometern recht gut dastehen. Ist der letzte Audi 80 ein Youngtimer-Geheimtipp? Bewährte Technik aus dem Volkswagen-Konzern und Vollverzinkung sprechen dafür. Dagegen sein blasses Charisma und die optische Nähe zum Vorgänger. 

Audi 80
Audi 80 (B3)
Audi 80 B4 (1991-1995)
Audi 80 B4

Zugegeben, bei seiner Markteinführung im September 1991 (also vor 30 Jahren) wirkte der B4 wie ein großes Facelift des bisherigen Audi 80. Ganz falsch war das nicht, aber zugleich sollte jenes neue Modell wertvoller werden. Unter der Ägide von Ferdinand Piëch begann der Aufstieg von Audi zur Premiummarke.

Der B4 sollte sich stärker vom 1988 erschienenen Passat abgrenzen und zugleich den bisherigen Audi 90 ersetzen, weshalb auch Fünfzylinder-Motoren unter die Haube im Stil des Audi V8 und 100 wanderten. 

Damit nicht genug: Vom Audi 100 (C4) übernahm der neue Audi 80 den 2,8-Liter-V6 mit 174 PS Leistung. Ab Januar 1992 ergänzte der bald populäre 1.9 TDI mit 90 PS das Motorenprogramm. Auf ebenfalls 90 PS brachte es der Einstiegsbenziner. Aber aus satten zwei Liter Hubraum, nicht wie heute aus der Hälfte! Preis: 31.700 DM, der 2.8er kostete knapp 48.000 Mark.

Audi 80 B4 (1991-1995)

Unverändert gegenüber dem B3 blieb ein Großteil der Dachpartie inklusive Form und Position der Frontscheibe. Der Kofferraum des Vorgängermodells hatte der hinteren Torsionskurbelachse wegen, die einen relativ großen Einbauraum erforderte, eine vielfach kritisierte ungünstige Formgebung. Zudem waren die Lehnen nicht umklappbar.

Ein größerer Kofferraum mit ebenem Laderaumboden und umlegbaren Sitzen wurde im Nachfolger B4 durch die Verwendung einer Verbundlenkerachse ermöglicht. Dies erforderte jedoch einen größeren Radstand, weswegen der Wagen knapp acht Zentimeter (4,48 Meter) länger wurde. Durch die größeren Räder (15 Zoll war nun Serie) wurde geschickt kaschiert, dass die Hinterkante der hinteren Tür an der gleichen Stelle stand wie zuvor.

Audi 80 B4 (1991-1995)

Und noch einen Vorteil bot die neue Hinterachse: Zwar war schon der Vorgänger als Kombi projektiert worden. Doch diese Formgebung konnte der Entwurf endlich in die Praxis umgesetzt werden. 20 Jahre nach dem ersten Audi 80, im Oktober 1992, kam endlich der 80 Avant auf den Markt. Stellen Sie sich nur heute den A4 ohne Kombi vor. Undenkbar!

Schon im Sommer des gleichen Jahres hatte Audi das Motorenprogramm beim 80 um einen V6-Benziner mit 2,6 Liter Hubraum und 150 PS ergänzt. Im Februar 1993 wurde der Audi Avant S2 vorgestellt: Auf 230 PS und 242 km/h Spitze brachte er es, im Juli folgte die Limousine.

Im September zündete Audi die ultimative B4-Bombe: Der Avant RS2 raste dank 315 PS auf bis zu 262 km/h. 2.900 Exemplare des 100.000 Mark teuren Sport-Kombis wurden bei Porsche in Zuffenhausen gebaut.

1994 debütierte der erste A4 als Erbe des Audi 80, den 80 Avant produzierte man noch bis August 1995. In gut vier Jahren liefen immerhin rund 826.000 B4 vom Band, davon etwas mehr als 177.000 Avant. Am beliebtesten waren der 2.0 E mit 115 PS (456.861 Exemplare) und der TDI (182.777 Exemplare). Kein Wunder also, dass die Autobörsen noch heute voll mit dem letzten Audi 80 sind.

Bildergalerie: Audi 80 B4 (1991-1995)