Der 126er ist längst Kult: Keine Mercedes S-Klasse wurde bislang häufiger gebaut, für viele gilt die intern W 126 genannte Baureihe als schönster Entwurf in der Geschichte der Oberklasse mit Stern. Zugleich prägte die damalige S-Klasse das Bild der 1980er-Jahre: Fast täglich rollte die politische Elite der Bundesrepublik im großen Mercedes an den Kameras der Fernseh-Nachrichten vorbei. Obwohl ab 1986 die schicke und hochmoderne BMW 7er-Reihe (E32) dem W 126 zusetzte, blieb er weiterhin so beliebt, dass der dicke Nachfolger W 140 länger warten musste als ursprünglich geplant. In diesem Jahr feiert der 126er einen runden Geburtstag, er wird 40 Jahre alt. Eine gute Gelegenheit, um einen Blick zurückzuwerfen.

Im September 1979 präsentiert Mercedes auf der IAA in Frankfurt eine neue Generation von Oberklasse-Limousinen der S-Klasse (Baureihe 126). Deren Modellpalette umfasst zunächst sieben Typen; zur Wahl stehen vier Motoren (vom 2,8-Liter-Sechszylinder mit Vergaser mit 156 PS bis zum 5,0-Liter-V8-Leichtmetallmotor mit Benzineinspritzung und 240 PS) sowie zwei Karosserievarianten – neben der Normalversion gibt es eine verlängerte Variante, wie sie bei den Oberklasse-Limousinen seit zwei Generationen angeboten wird. Die Vergrößerung des Radstands fällt diesmal mit 140 Millimetern (3.075 Millimeter statt 2.935 Millimeter) deutlicher als sonst aus und kommt wie gewohnt der Beinfreiheit im Fond und der Einstiegsbreite der hinteren Türen zugute.

Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126

Bei ihrem Erscheinen wird die S-Klasse der Baureihe 126 zunächst von manchem Betrachter als nüchtern und schmucklos empfunden. Doch schon bald gilt das Design als wegweisend. Auch das trägt zum heutigen Status dieser Baureihe als zeitloser, beliebter Youngtimer bei. Die charakteristischen Designelemente der neuen S-Klasse präsentieren sich gewissermaßen unter der Gürtellinie. Erstmals hat ein Mercedes-Benz Pkw keine Stoßstangen im klassischen Sinn, sondern großzügig dimensionierte, kunststoffummantelte Stoßfänger, die in Bug- und Heckschürze nahtlos integriert sind. Eine optische Verbindung zwischen Bug- und Heckschürze bilden breite seitliche Schutzleisten aus Kunststoff, die zwischen den Radausschnitten auf Höhe der Stoßfänger angeordnet sind. Sie bekommen, sehr zum Leidwesen des Designchefs, bald den Spitznamen "Sacco-Bretter".

Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126

Die beiden Achtzylindermotoren der Vorgängerbaureihe 116 werden durch zwei überarbeitete Aggregate mit vergrößertem Hubraum und Leichtmetall-Kurbelgehäuse ersetzt. Der 5,0-Liter-Motor, der das 4,5-Liter-Grauguss-Aggregat ablöst, ist bereits aus dem 450 SLC 5.0 (C 107) bekannt, während der 3,8-Liter-Leichtmetallmotor aus dem 3,5-Liter-V8 mit Graugussblock entsteht. Mit höherer Leistung bei geringerem Gewicht ermöglichen die neuen V8-Motoren verbesserte Fahrleistungen bei sparsamerem Benzinverbrauch. Unverändert im Programm bleiben Vergaser- und Einspritz-Version des 2,8-Liter-Sechszylinders. Für den Export in die USA wird auch von der Baureihe 126 wieder eine Diesel-Ausführung angeboten. Der 300 SD Turbodiesel bietet wie sein Vorgängermodell einen aufgeladenen 3,0-Liter-Fünfzylinder, dessen Leistung allerdings um zehn PS auf 125 PS gesteigert ist.

Bei der Entwicklung der neuen Baureihe stehen, neben der Erhöhung des Fahrkomforts und der Sicherheit, Maßnahmen zur Verringerung des Energieverbrauchs im Vordergrund. Gewichtsreduzierende Materialien und die optimierte Aerodynamik verhelfen der neuen S-Klasse zu einem um zehn Prozent reduzierten Kraftstoffverbrauch gegenüber den Vorgängermodellen.

Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126

Ab den 1970er-Jahren und damit in der Zeit der ersten großen Ölkrisen gewinnt die Aerodynamik immens an Bedeutung. Die Baureihe 126 ist das erste Mercedes-Serienfahrzeug, das konsequent unter Aerodynamik-Gesichtspunkten entwickelt und gestaltet wird. Das Resultat: Mit einem cw-Wert von 0,36 nimmt sie bereits Ende der 1970er-Jahre im internationalen Vergleich eine Spitzenposition in ihrem Segment ein. Bei der Vorgängerbaureihe 116 lag der cw-Wert noch bei 0,41.

1981 feiert der Fahrer-Airbag Weltpremiere in der Baureihe 126. Er ist zunächst als Sonderausstattung erhältlich und bietet bei einem Frontalaufprall, im Zusammenspiel mit dem Sicherheitsgurt, einen erheblich besseren Schutz vor Verletzungen. Ab dem gleichen Jahr bietet Mercedes-Benz, ebenfalls als Sonderausstattung, den Gurtstraffer für den Beifahrer an. Er reduziert effektiv die „Gurtlose“, sodass der Sicherheitsgurt die Person bei einem drohenden Aufprall optimal im Sitz hält. 1988 folgt mit der Modellpflege ebenfalls als Weltpremiere der Beifahrer-Airbag.

Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126

Die Karosserie wird nach jüngsten Erkenntnissen der Sicherheitsforschung konstruiert. Dank neuer Konstruktionsprinzipien übersteht die Fahrgastzelle bei geringerem Gewicht als in der Baureihe 116 nun auch einen versetzten Frontalaufprall – den sogenannten „Offset-Crash“ – bei einer Kollisionsgeschwindigkeit von 55 km/h unbeschadet. Die Limousinen der Baureihe 126 erfüllen als weltweit erste Serienfahrzeuge das Kriterium des asymmetrischen Frontalaufpralls.

Es gibt zahlreiche weitere Sicherheitsmerkmale. Etwa die elektrisch verstellbare Lenksäule (Sonderausstattung ab 1985), das automatische Sperrdifferenzial für die Sechszylindermodelle sowie die Antriebs-Schlupf-Regelung für die V8-Modelle (alles als Sonderausstattung ab 1985).

Im Sommer 1985 schenkt Mercedes dem amtierenden Papst Johannes Paul II. einen Mercedes 500 SEL in Sonderschutzausführung (Baureihe V 126). Werner Breitschwerdt, Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG, übergibt das schwarzmetallic lackierte Fahrzeug in einer Privataudienz an den Heiligen Vater. Die Dimensionen des neuen Wagens, der den Mercedes-Benz 600 aus dem Jahr 1965 als offizielles Fahrzeug des Papstes ablösen sollte, wurden gegenüber der Serie deutlich verändert: Die Limousine erhielt einen um 200 Millimeter verlängerten Radstand und ein um 30 Millimeter höheres Dach. Im Fond bietet das Fahrzeug einen Einzelsitz für den Papst, gegenüber befinden sich zwei Klappsitze.

Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126

Trotz gepanzerter Sonderschutzausführung bietet die Limousine dem Heiligen Vater die Möglichkeit, sich der Öffentlichkeit zu zeigen. Dazu ist vor dem Fondsitz ein um 100 Millimeter verlängertes Schiebedach eingebaut. Unter dem Dachfenster installierten die Schöpfer des Papstwagens zwei mit Elektromotoren betriebene kleine Plattformen. Diese können auf das Niveau des Kardantunnels ausgefahren werden und sorgen so für ein ebenes Podest mit gegenüber dem Boden deutlich vergrößerter Stehhöhe. Zum Schutz des Papstes vor Fahrtwind lässt sich vor dem Dachfenster ein Schild aus sechs Millimeter starkem Polykarbonat ausfahren. Mit geöffnetem Dach und ausgefahrenem Schild fährt die Limousine maximal 30 km/h schnell. Geschlossen läuft der Wagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über drei Tonnen (Leergewicht 2.673 Kilogramm) bis zu 160 km/h. Mit dieser Limousine unternahm auch Papst Benedikt XVI. nach seiner Wahl 2005 seine ersten offiziellen Fahrten in Rom.

Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126

Im September 1985 bekommt die S-Klasse eine umfangreiche Modellpflege, auf der IAA in Frankfurt stellt Mercedes ein komplett überarbeitetes Typenprogramm der Baureihe 126 vor. Die Optik wird dezent überarbeitet, was primär die Stoßfänger und den Flankenschutz betrifft, aber auch die Räder, die von 14 auf 15 Zoll umgestellt werden. Das beinhaltet zugleich einen Sicherheitsaspekt, denn so lassen sich größere Bremsscheiben unterbringen. Im Vordergrund steht aber eine Umstrukturierung der Motorenpalette, die der S-Klasse zwei neu konstruierte Sechszylinder-Motoren beschert, die in der Mittelklasse-Baureihe 124 neun Monate zuvor ihren ersten Auftritt hatten. Neu im Programm ist ein 4,2-Liter-V8-Motor, der durch Aufbohren des 3,8-Liter-Aggregats entstanden ist. Der 5,0-Liter-Motor ist ebenfalls modifiziert; er ist jetzt mit elektronischer Zündanlage und der elektronisch-mechanisch gesteuerten Einspritzanlage Bosch KE-Jetronic ausgerüstet und entwickelt eine Leistung von 245 PS. Das Diesel-Exportmodell wird durch den neuen 300 SDL mit 150 PS Leistung ersetzt.

Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126

Im Zuge der Modellpflege steht für alle Varianten der überarbeiteten Modellpalette mit Ausnahme der 5,6-Liter-Typen in ECE-Version auf Wunsch eine geregelte Abgasreinigungsanlage mit Dreiwege-Katalysator zur Verfügung. Serienausführung ist jeweils die sogenannte „RÜF-Version“, bei der das Fahrzeug ohne Katalysator und Lambdasonde, aber mit dem multifunktionalen Gemischaufbereitungs- und Zündsystem ausgeliefert wird. Eine Nachrüstung mit dem geregelten Katalysator kann bei einem „Rückrüstfahrzeug“ jederzeit und ohne Probleme vorgenommen werden. Diese Regelung gestattet dem Kunden den Zeitpunkt der Umrüstung betreffend größtmögliche Flexibilität – in Anbetracht der damals noch nicht flächendeckenden Versorgung mit bleifreiem Kraftstoff ein nicht unerheblicher Vorteil. Ab September 1986 gehört der geregelte Katalysator bei allen Mercedes-Pkw-Modellen mit Ottomotor zur Serienausstattung; die Rückrüstfahrzeuge sind – mit entsprechendem Preisabschlag – bis August 1989 auf Wunsch weiterhin lieferbar.

Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126

Die spektakulärste Neuheit in der Motorenpalette ist ein 5,6-Liter-Achtzylinder, der aus dem 5,0-Liter-V8 durch Verlängerung des Hubs entwickelt wird und eine Leistung von 272 PS mobilisiert. Auf Wunsch gibt es sogar noch eine höher verdichtete Ausführung, die 300 PS entfaltet, jedoch nicht mit einer geregelten Abgasreinigungsanlage kombiniert werden kann. Aber auch ohne Katalysator erfüllt diese sogenannte „ECE-Version“ die von der Europäischen Wirtschaftskommission ECE festgelegten Abgasgrenzwerte. Der mit dieser Motorvariante ausgerüstete 560 SEL und auch das Coupé 560 SEC sind zum Zeitpunkt des Erscheinens die leistungsstärksten bis dahin gebauten Mercedes-Serien-Pkw. Zugleich sind sie die schwäbische Antwort auf den 1987 erschienenen BMW 750i mit 300 PS starkem V12.

Insgesamt verlassen bis 1991 innerhalb des zwölfjährigen Produktionszeitraums 818.036 Limousinen die Produktionshallen in Sindelfingen. Von 1981 bis 1991 werden außerdem 74.060 SEC-Coupés (C 126) gebaut. Damit ist die Baureihe 126 die erfolgreichste Oberklasse-Baureihe in der Geschichte des Unternehmens.

Bildergalerie: Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 126