Was ist das?

Wenn Sie kein Die-Hard-Hybrid-Fan oder Besitzer eines rigide geführten Uber-Imperiums sind, mag diese Info womöglich an Ihnen vorbei gegangen sein, aber der Toyota Corolla ist tatsächlich schon wieder viereinhalb Jahre auf dem Markt und weil das nach den Gesetzen des Marktes sehr laut „FACELIFT“ schreit, gibt es nun – naja – ein Facelift.

Styling-mäßig musste tatsächlich nicht viel passieren. Nachdem der Vorgänger Auris als eines der nichtssagendsten Autos aller Zeiten in die Geschichte einging, kam man 2018 nach 13-jähriger Corolla-Abstinenz mit einem Corolla ums Eck, der verblüffend gut aussah und das auch nach wie vor tut. Man kann sich ja kaum noch erklären, welcher frohsinnige Hausgeist vor ein paar Jahren in die hohen Herren des weltgrößten Autoherstellers gefahren ist – plötzlich kriegt man famose Sportmodelle (GR Yaris, GR 86, den bei uns leider nicht erhältlichen GR Corolla) und ansehnliche Designs ohne Ende. Schönen Gruß nach Wolfsburg an dieser Stelle.

Bildergalerie: Toyota Corolla (2023) im Test

Um das ungewohnt schnittige Antlitz des Corolla nicht mit Füßen zu treten, belässt man es bei Kosmetik in homöopathischen Dosen. Falls Sie das Geänderte auch nicht erkennen, wird Sie der freundliche Toyota-Händler auf den modifizierten Kühlergrill, eine frische Lichtsignatur der Scheinwerfer, neu eingefasste Nebelscheinwerfer sowie überarbeitete Leichtmetallfelgen hinweisen. Außerdem wird er Ihnen vermutlich recht begeistert die zwei neuen Farben Juniper Blue Metallic und Marlingrau Metallic ans Herz legen.

Mehr Remmidemmi - zumindest optisch - verspricht die Ausstattung GR Sport mit offensiverem Geschürz, 18-Zöllern, rassig geschnittenen Sportstühlen, viel roter Naht und optionalem schwarzem Dach. 

Toyota Corolla Touring Sports (2023) im Test
Toyota Corolla Touring Sports (2023) im Test

In puncto Sicherheitssysteme, Konnektivität und Infotainment gibt es die üblichen Modellpflege-Benefits zu vermelden. Eine aufgebrezelte Frontkamera mit verdoppeltem Erkennungsradius zieht einen ganzen Rattenschwanz ein Verbesserungen, schnelleren Reaktionszeiten et Cetera pp nach sich – unter anderem für Notbremsassistent, Notlenkassistent, den adaptiven Tempomaten, den Spurhalteassistent und die Verkehrszeichenerkennung.

Ein 12,3-Zoll-Instrumentendisplay und ein 10,5-Zoll-Infotainmentbildschirm mit Navi-Funktion sind Serie. Mehr Rechenleistung soll dafür sorgen, dass letzterer schneller reagiert. Apple Carplay geht jetzt auch drahtlos, Android Auto nach wie vor nicht.

Aber mangelte es dem Corolla nicht hauptsächlich an anderer Stelle?

So ist es. Wo er bis dato den meisten Menschen auf den S… äääh ... wo man es durchaus noch ein wenig besser hätte machen können, ist ausgerechnet bei seinen Hybrid-Antrieben.

Bei Einführung ihres neuesten Golf-Gegners versprachen die Japaner deutlich mehr Biss und Attitüde bezüglich Fahrdynamik und Fahrspaß. Am Fahrwerk lag’s vermutlich nicht, dass der Corolla in dieser Hinsicht eher halbherzig performte. Vielmehr ist sein durchwachsener Unterhaltungswert auf die lahmenden Motoren und die nervenbelastenden CVT-Getriebe zurückzuführen.

Hier hat man nun nachgelegt. Partiell zumindest. Die beiden Vierzylinder mit 1,8 und 2,0 Liter Hubraum blieben unangetastet. Auch das CVT (immerhin um 15 Prozent erleichtert) darf weiter sein Unwesen treiben. Allerdings hat man den Elektromotoren Beine gemacht und die Batterien staubgewischt. 

Toyota Corolla Touring Sports (2023) im Test

Der Einsachter bringt es fortan auf 140 PS (plus 15 Prozent oder 18 PS), der Zwoliter auf 196 Pferde (plus 8 Prozent oder 16 PS). Beide verfügen nun über Lithium-Ionen-Akkus (der 2.0 lief bisher mit Nickel-Metallhydrid-Batterie), die laut Toyota dank neuer Zellen und effizienterer Verkabelung 14 Prozent kleiner und gleichzeitig 14 Prozent leistungsstärker sein sollen. 

Sie sehen schon, die Japaner haben es mit Prozentzahlen. Ich werde Ihnen jetzt aber nicht auftischen, dass der Corolla dadurch 14 oder weiß der Teufel wie viele Prozent besser fährt als bisher. 

Kurz freuen ist trotzdem erlaubt, denn wie angekündigt hängt das Auto nun deutlich besser am Gas als bisher und zieht auch mit mehr Nachdruck durch. Das gilt wohlgemerkt für beide Varianten. Beim 1,8er verkürzt sich die 0-100-Zeit von 10,9 auf 9,2 Sekunden. Beim 2.0er von 8,0 auf 7,5 Sekunden. Popometer sagt: Unterschreib ich so. 

Und was sagt die Tendenz? Wenn Sie eher der Typ Sparfuchs sind, reichen die 140 PS allemal. Da ist jetzt schon spürbar mehr Pfeffer drin als vor dem Facelift. Die Variante mit 196 PS kriegt trotzdem meine Stimme. Also vor allem, wenn Sie auch mal außerhalb der Stadt oder auf der Autobahn unterwegs sind. Das schiebt schon erheblich robuster aus der Hüfte. 

Toyota Corolla Touring Sports (2023) im Test

Und dieses Gefühl ist nicht ganz unwichtig, denn ein erhebliches Manko des gesamten Systems Corolla bleibt trotz aller Feinschliff-Bekundungen bestehen. Das CVT-Getriebe frisst nicht nur einen fetten Batzen Gefühl für Dynamik, es frisst sich mit seinem quengeligen Geräuschpegel auch nachdrücklich ins Nervenkostüm der Insassen. 

Es ist besser als vor der Modellpflege und beim souveräneren 2.0 fällt es weniger ins Gewicht, aber wegdiskutieren lässt es sich auf keinen Fall. Frei nach dem erfolgreichsten deutschen Film der letzten Jahre möchte man ständig sagen: "Corolla, heul leise!"

Wir reden hier - so fair muss man sein - über Fahrzustände, in denen viel Last abgefordert wird. Oder auch über starkes Rekuperieren bergab, wo die Motorbremse lautstark mithilft. Apropos Rekuperation: Die agiert jetzt wesentlich schlauer, bezieht Echtzeit-Navi-Daten mit ein, etwa bei angesprochenen Bergabfahrten, vor Kreisverkehren oder Kreuzungen. Funktioniert soweit gut und ohne spürbares Ruckeln. 

Beim normalen Dahincruisen ist das Auto hingegen sehr leise. Leiser als bisher, weil die Ingenieure die Motordrehzahl bei klassischen Autobahntempi reduziert haben. 

Also noch immer kein Fahrspaß-Wunder?

Ich glaube nicht, dass dieser Skill im Lastenheft des Corolla ganz oben steht. Oder dass irgendwer dieses Auto kauft, weil es den imaginären KOTY-Award (Kurvenräuber-of-the-Year) absahnen würde. Der neue Honda Civic (hier geht's zum Test) etwa, dessen Antriebskonzept ja zumindest ähnlich ist, hat bei gleichem Fokus auf Effizienz das merklich engagiertere Fahrwerk. 

Der Corolla ist trotzdem fein abgestimmt. Falls es sie bei diesem Auto (aus welchem Grund auch immer) wirklich interessieren sollte: Er verhält sich am Limit sehr neutral und stemmt sich lange erfolgreich gegen Untersteuern. 

Was aber tausendmal wichtiger ist: Er macht einem das Leben hinter dem Steuer unglaublich angenehm. Alle Kontrollen (Lenkung, Gas, Bremse) sind leichtgängig, aber verbindlich und präzise. Die Federung hat man auch mit erfreulicher Hochwertigkeit gesegnet. Sprich: Sie bügelt das grobe Zeug satt weg, ist aber nicht weich. Und deswegen fährt das Auto auch nicht behäbig sondern recht leichtfüßig. Das ist angenehm.

Und innen?

Letztens dachte ich mir: Ich saß bestimmt schon 10-mal im aktuellen Corolla und ich habe keine Ahnung, wie er aussieht. Das dürfte einem Großteil der Bevölkerung so gehen und hauptsächlich an Art der (Uber), Zeit der (1-3 Uhr früh) sowie Zustand ("ausgelassen") während der Fahrt gelegen haben. 

Endlich weiß ich es besser und ich muss sagen: Außerhalb seines natürlichen Habitats als Taxi-Alleinherrscher macht der Corolla Touring Sports einen sehr soliden Eindruck. Die Materialien wirken zum Großteil weniger rotstiftig als beim Golf, die Bedienung des Infotainments ist nicht der allerletzte Schrei, geht aber durchaus in Ordnung und erfreulicherweise gibt es noch echte Schalter und Drehknöpfe für die Klimabedienung. 

Toyota Corolla Touring Sports (2023) im Test
Toyota Corolla Touring Sports (2023) im Test
Toyota Corolla Touring Sports (2023) im Test

Alle Modelle, die ich fuhr, hatten die optionalen Sportsitze an Bord. Top Optik, guter Seitenhalt, ein paar Millimeter mehr Fläche in alle Richtungen wäre schön und man sitzt ein Mü zu hoch. Was das Platzangebot in Reihe Zwei betrifft heißt es: Augen auf beim Fahrzeugkauf, denn der Kombi hat sechs Zentimeter mehr Radstand (2,70 Meter) als das Schrägheck und spielt in Sachen Beinraum circa eineinhalb Ligen höher. Zum Glück tut er das, denn besagtes Schrägheck ist hinten drin ziemlich eng. Kein Wunder, dass Toyota für Deutschland mit einem Kombi-Anteil von 70 Prozent rechnet. 

Kofferraum kann selbiger nämlich auch recht gut. 595 bis 1.606 Liter sind nicht Golf Variant- oder Skoda Octavia Combi-Niveau, aber verkehrt sind sie definitiv nicht. Außerdem gibt es einen doppelten Ladeboden, unter dem man gefühlt zwei Menschen transportieren kann. Zumindest, wenn die sich sehr gern haben. 

Fazit: 7/10

Die Verbesserungen bei den Hybriden sind deutlich spürbar, auch wenn die Nachteile des CVT-Getriebes bei Fahrdynamik und Geräuschkomfort bleiben. Dafür ist der Corolla ein Auto, dass man im Alltag locker mit um die fünf Liter bewegen kann - und das gilt für beide Motorisierungen. 

Der Rest des Pakets ist unauffällig im besten Sinn - hier gibt es keine überragenden Stärken, aber eben auch keine Schwächen. Und jede Menge Schliff, der das Auto maximal benutzerfreundlich und "im echten Leben" sehr angenehm macht.

Ein etwas unerwarteter Patzer passiert den Japanern leider bei der Preisgestaltung. Der Fünftürer kostet jetzt mindestens 33.340 Euro, der Kombi bei 34.540 - das sind fast 6.000 Euro mehr als bisher. Der getestete Corolla Touring Sports mit der großen 196-PS-Maschine in der sportlichen GR-Ausstattung liegt bei 39.640 Euro.

Weltlage und unkalkulierbare Rohstoffpreise hin oder her, das ist schon wuchtig. Zum Vergleich: Ein VW Golf Variant mit 150-PS-Benziner startet bei 31.745 Euro.  

Bildergalerie: Toyota Corolla Touring Sports (2023) im Test

Technische Daten und Preise Toyota Corolla Touring Sports 2.0

Motor Vierzylinder-Benziner, 1.987 ccm plus Elektromotor
Getriebeart CVT-Getriebe
Antrieb Vorderradantrieb
Leistung 152 PS (Verbrenner) plus 113 PS (E-Motor) ; Systemleistung: 196 PS
Max. Drehmoment 190 Nm (Verbrenner) plus 206 Nm (E-Motor)
Beschleunigung 0-100 km/h 7,5 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Leergewicht 1.485 kg
Zuladung 400 kg
Kofferraumvolumen 596 - 1.606 Liter
Batterie 1 kWh-Lithium-Ionen-Akku
Verbrauch WLTP-Verbrauch: 4,4 - 4,7 Liter; Testverbrauch: 5,9 Liter
Emission 100 - 105 g/km CO2
Basispreis 37.100 Euro