Früher war nicht alles schlecht. Das mag jetzt wie "Oppa erzählt vom Krieg und verklärt vieles" klingen, hat aber mit Blick auf das Thema Van seine Berechtigung. Allenthalben regiert König SUV und wird als Raumwunder und Universalgenie gepriesen.

Dabei vergisst man rasch, dass es noch vor nicht allzu langer Zeit wirklich geräumige Autos gab, deren Kofferraumvolumen kein Marketingsprech benötigte. VW Sharan? Tot. Ford S-Max und Galaxy? Bald tot, es werden nur noch noch Bestellungen abgearbeitet. Oder bei den Kompakt-Vans: VW Golf Plus/Golf Sportsvan, Ford C-Max, Opel Zafira. Oft als Rentnerkarren verunglimpft, hatten sie unbestreitbare Qualitäten.

BMW 218d Active Tourer (2022) im Test
BMW 218d Active Tourer (2022) im Test

Was ist das?

Witzigerweise zählt zu den Marken, die noch das Van-Fähnlein hochhalten, genau jene, die sich lange mit Händen und Füßen gegen dieses Konzept wehrte: BMW. Das Resultat taufte man etwas sperrig "2er Active Tourer", um ja nicht in den Ruch von Spießigkeit zu geraten. Und der Erfolg gibt BMW recht. So recht, dass 2021 die zweite Generation namens U06 auf den Markt kam. Sogar als Diesel. Ein Minderheitenprogramm? Test! 

Fest steht: Der neue BMW 2er Active Tourer wirkt im Gegensatz zu seinem Vorgänger stimmiger, obwohl die fette Niere nicht jedermanns Sache ist. Manch einer fühlt sich an den Heizkörper der neuen BMW 7er-Reihe erinnert. Wie dem auch sei, der Grill betont die Breite des U06, der übrigens technisch gesehen ein Cousin des neuen BMW X1 ist.

Und Breite hat der neue 2er Active Tourer mehr als genug: Rund 1,82 Meter sind es, die gemeinsam mit 2,67 Meter Radstand für großzügige Platzverhältnisse im Innenraum sorgen. Die Arme haben Luft, die Beine auch, wer vermisst da den 2er Gran Tourer? Wirklich beeindruckend, was BMW aus knapp 4,39 Meter Länge herausholt. Für Variabilität sorgt die längs verschiebbare Rückbank, 470 bis 1.455 Liter Gepäck passen in den Active Tourer.

BMW 218d Active Tourer (2022) im Test
BMW 218d Active Tourer (2022) im Test

Nicht nur die etwas unpraktischen Klapptürgriffe erinnern an den neuen X1, auch das Cockpit. "Curved Display" nennt sich der Verbund aus 10,25 Zoll (Instrumente) und 10,7 Zoll (Touchscreen). Das ist wie in vielen neuen BMW recht ansehnlich, wenngleich die Bildschirme gerade nachts für Brillenträger nicht ganz blendfrei sind.

Anders als in der 3er-Reihe verzichten die Frontantriebs-Baureihen auf den großen Dreh- und Drücksteller. Bei Active Tourer und X1 gibt es eine "zentrale Bedieninsel" vor der Mittelarmlehne. Gewiss, nach einiger Zeit hat man trotzdem den Bogen raus. Doch das letzte Wort in Sachen Intuition und Ergonomie ist das Rumgetatsche nicht. 

Und wenn schon Gemecker: Das auf eine Plexiglas-Scheibe projizierte Head-up-Display wirkt billig. Gerade weil der Innenraum des 2er Active Tourer mit Hochwertigkeit glänzt. Hier hat BMW zu alten Stärken zurückgefunden. Schön sind auch die unzähligen Ablagemöglichkeiten, einzig ein USB-A-Anschluss wäre nett gewesen.

BMW 218d Active Tourer (2022) im Test

Wie fährt er sich?

Unser Testwagen war ein 218d Active Tourer. Darf man Diesel überhaupt noch sagen? BMW sagt: Vierzylinder, 110 kW (150 PS), 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, 360 Nm Drehmoment zwischen 1.500 und 2.500 Umdrehungen. Und das alles für gut 1,6 Tonnen Leergewicht.

Dazu Frontantrieb, was man merkt, wenn die erwähnten 360 Nm beim Ampelstart über die Vorderachse herfallen. Hier wäre ein Allradantrieb als Option ganz nett, auch mit Blick auf bis zu 1.400 Kilogramm Anhängelast. Sein Arbeitsprinzip kann der Diesel trotz aller Dämmung nicht völlig verleugnen. Das DKG schaltet aber flink und und hält das Geräuschniveau auf einem angenehmen Niveau.

Besonders als Langstrecken-Gleiter macht der 218d Active Tourer viel Freude. Durchdachte Assistenzsysteme wie der adaptive Tempolimit-Assistent für den Tempomat erleichtern die Arbeit. Hinzu kam bei unserem Testwagen das M-Sportpaket (deshalb auch der schwarze Grill) mit sehr bequemen Alcantara/Sensatec-Sportsitzen. Verzichtbar ist das straffere adaptive M-Sportfahrwerk samt 15 Millimeter Tieferlegung. Speziell die Hinterachse federt damit unwirscher.

BMW 218d Active Tourer (2022) im Test
BMW 218d Active Tourer (2022) im Test

Wer die M-Optik mag, kann das gesamte Paket auch mit dem Serienfahrwerk bekommen. Dann entfällt zwar die Sportlenkung, doch spüren wird man das kaum. Ganz ehrlich? Wer Kurven räubern und Ikea plündern will, sollte zum BMW M3 Touring greifen.

Verbrauch und Preis

Er dürfte aber mehr verbrauchen als der 218d Active Tourer. Speziell im Effizienz-Modus sind bemerkenswerte Schnitte möglich, ohne zu schleichen. BMW nennt als Mittelwert zwischen 4,8 und 5,3 Liter auf 100 Kilometer nach WLTP. Wir kamen trotz der größeren M-Bereifung auf 4,9 Liter und als Bestwert sogar auf 4,6 Liter. Mit dem größeren 54-Liter-Tank (plus 50 Euro) sind so vierstellige Reichweiten erzielbar. Schöne Grüße ans Elektroauto ...

Nun mag der geneigte Leser einwerfen: Das ist ja schön für Euch, nutzt mir aber wenig, wenn die Kiste viel kostet. Eine Frage des Blickwinkels. Ab 39.800 Euro geht der BMW 218d Active Tourer los, ist aber bereits ab Werk ordentlich ausgestattet und ansprechend möbliert. Mit M-Paket (viele Extras sind in Paketen zusamengefasst) und praktisch Vollausstattung kratzt der Diesel an der 53.000-Euro-Marke. Für das Geld gibt es auch mehr Auto. Und weniger.

Fazit: 8,5/10

Der neue BMW 218d Active Tourer zeigt mit Spatzendurst und viel Raum, dass die Konzepte Diesel und Kompakt-Van ihre Berechtigung haben. Seine Optik bleibt Geschmackssache, doch wem ein 3er Touring zu unbequem ist und der X1 zu sehr SUV, sollte sich den "AT" einmal näher ansehen.  

Bildergalerie: BMW 218d Active Tourer (2022) im Test

Bild von: Fabian Grass

BMW 218d Active Tourer (2022)

Motor Vierzylinder-Turbodiesel, 1.995 ccm
Leistung 110 kW (150 PS) bei 3.750 - 4.000 U/min
Max. Drehmoment 360 Nm bei 1.500 - 2.500 U/min
Antrieb Frontantrieb
Getriebeart 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Beschleunigung 0-100 km/h 8,8 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 220 km/h
Länge 4.386 mm
Breite 1.824 mm
Höhe 1.576 mm
Kofferraumvolumen 470 - 1.455 Liter
Leergewicht 1.620 kg
Zuladung 540 kg
Anhängelast 1.400 kg; Dach- und Stützlast: jeweils 75 kg
Verbrauch 4,8 - 5,3 Liter/100 km (WLTP)
Emission 125 - 138 g cO2/km, Euro 6d
Basispreis 39.800 Euro
Preis des Testwagens 52.850 Euro