Mittlerweile sind Kleinwagen gar nicht mehr so klein: Vier Meter waren einst Golf-Niveau. Im täglichen Betrieb sind Autos wie der Nissan Micra längst zu Allroundtalenten mutiert. Trotzdem trifft man Micra und Konsorten noch immer häufig in der Stadt an. Was läge da näher als ein komfortables Automatikgetriebe?

Aber ausgefeilte Lösungen mit acht oder mehr Gängen sowie Wandler wie in höheren Klassen verbieten sich bei Kleinwagen meist aus Kostengründen. Zudem hat jeder Hersteller seine Philosophie in Sachen Automatik: Nissan setzt nicht nur im Micra auf ein stufenloses Getriebe, gemeinhin als CVT bekannt. Dort erhält es den wohlklingenden Name "Xtronic". Ob der Wohlklang beim Fahren bleibt, klärt unser Test.

Was ist das?

Der aktuelle Nissan Micra ist seit 2017 auf den Markt, es handelt sich um die inzwischen fünfte Generation. Gebaut wird sie übrigens wie der jüngst abgelöste Renault Clio IV in Frankreich. Optisch hebt sich der Micra durchaus positiv ab, seine leichte Keilform fördert aber nicht unbedingt die Übersichtlichkeit. 

300 bis 1.004 Liter Kofferraumvolumen sind ordentlich, weniger geräumig geht im Fond zu. Dort mangelt es an Beinfreiheit, zudem sind die Lehnen unbequem geformt. Ein weiterer Minuspunkt sind die fummeligen Klapptürgriffe hinter dem Seitenfenster.

Nissan Micra (2020) im Test

Ganz anders präsentiert sich der Micra vorne: Viel Platz für die Ellenbogen, dazu ein klar strukturiertes Cockpit. In unserem Testwagen wertete helles Kunstleder auf dem Armaturenbrett das Ambiente auf. Bei der mittleren Acenta-Ausstattung ist ein 7-Zoll-Touchscreen serienmäßig, Android Auto und Co. funktionieren dort tadellos und ersetzen das Navi.

Wie fährt er sich?

In unserem Micra arbeitete noch der 1,0-Liter-Turbo mit 100 PS Leistung, inzwischen erfolgte eine Umstellung auf die Abgasnorm Euro-6d. Künftig sind 92 PS übrig, gleichzeitig entfällt die stärkere Variante mit 117 PS.

Aber ob 92 oder 100 PS, am maximalen Drehmoment ändert sich nichts: 144 Newtonmeter stehen nun jedoch schon bei 1.750 Touren statt bei 2.000 U/min parat, wenn man die Xtronic-Automatik bestellt. Der Motor selbst gefällt durch gute Dämmung, mit etwas Anlauf ist die Spitze von 177 km/h (künftig 171 km/h) kein Problem. Lästig sind aber die Vibrationen im Leerlauf selbst bei warmem Motor.

Nissan Micra (2020) im Test

13,0 Sekunden auf 100 km/h notiert Nissan in der bisherigen Werksangabe, mit 92 PS sind es nur noch 14,0 Sekunden. Das kommt gelassenen Fahrern nicht so arg lang vor, wohl aber dem, der voll aufs Gaspedal trifft. Dann heult der Motor CVT-typisch zunächst auf und rennt in hohe Drehzahlen, beruhigt sich aber relativ schnell wieder.

Aber um es noch einmal deutlich zu sagen: Wer das Gaspedal normal behandelt, wird besagten Gummiband-Effekt nur selten zu spüren bekommen. Hier kommt dem Micra zugute, dass das maximale Drehmoment recht früh parat steht.

Ich hätte normalerweise noch über die spärlichen Assistenzsysteme meckern müssen, aber hier bessert Nissan zum neuen Modelljahr spürbar nach. Künftig gibt es im "Acenta" einen Fernlicht-Assistenten und die Fußgängererkennung für den intelligenten autonomen Notbremsassistent serienmäßig. Ebenso inklusive sind nun ein intelligenter, aktiver Spurhalte-Assistent mit korrigierendem Bremseingriff und eine Verkehrszeichenerkennung.

Nissan Micra (2020) im Test

Was kostet dieses Automobil?

Blicken wir zunächst kurz auf den Verbrauch: 6,7 Liter flossen bei uns durch Düsen, Nissan selbst gibt zwischen 4,7 und 5,0 Liter (je nach Felgengröße) an. Allerdings wird hier der veraltete NEFZ-Zyklus zugrunde gelegt. Realistisch dürfte die Mitte sein, also um die sechs Liter. 

Preislich hat der Nissan Micra ordentlich zugelegt, man muss aber die zusätzlich eingebauten Assistenzsysteme gegenrechnen. Bislang kostete der "Acenta" mit 100 PS und Automatik 18.650 Euro, jetzt sind es trotz 3 Prozent weniger Mehrwertsteuer knapp 19.300 Euro. Die Xtronic selbst schlägt übrigens mit rund 1.400 Euro zu Buche. 

Mein Tipp deshalb: Wer nicht zwingend eine Automatik braucht, sollte sich den nun 92 PS starken Micra mit manueller Schaltung in der N-Way-Ausstattung anschauen. 17.273,28 Euro stehen dafür in der Preisliste, inklusive sind hier die Assistenten aus dem "Acenta" plus Parksensoren hinten, ein Regensensor und eine Klimaautomatik. 

Wer einen empfehlenswerten Kleinwagen mit Automatik sucht, sollte sich den neuen Hyundai i20 mit 100 PS und feinem 7-Gang-DCT näher betrachten. Er startet bei gut 19.500 Euro. 

Fazit: 6/10

Der Nissan Micra 1.0 IG-T mit Xtronic ist ein Geheimtipp für Gelassene. Aber die Automatik rechtfertigt kaum den hohen Aufpreis. Zudem kommt bald Konkurrenz aus dem gleichen Konzern: Der neue Dacia Sandero bietet ebenfalls ein CVT-Getriebe mit 90 Turbo-PS, also sehr ähnliche Technik. Das aber zu einem voraussichtlich günstigeren Preis.

Bildergalerie: Nissan Micra 1.0 IG-T Xtronic (2020) im Test

Bild von: Fabian Grass

Nissan Micra IG-T 100 Xtronic Acenta (bis Oktober 2020)

Motor Dreizylinder-Turbobenziner, 999 ccm Hubraum
Leistung 74 kW (100 PS) bei 5.000 U/min
Max. Drehmoment 144 Nm bei 2.000 U/min
Antrieb Frontantrieb
Getriebeart stufenloses Automatikgetriebe
Beschleunigung 0-100 km/h 13,0 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 177 km/h
Länge 3.999 mm
Breite 1.743 mm
Höhe 1.455 mm
Kofferraumvolumen 300 - 1.004 Liter
Anhängelast 1.200 kg
Leergewicht 1.195 kg
Zuladung 360 kg
Verbrauch 4,7 - 4,9 Liter/100 km (nach NEFZ-Zyklus)
Emission 108 - 112 g/km CO2 (nach NEFZ-Zyklus)
Basispreis 19.291,09 Euro (seit 15.10.2020, mit 92 PS und 16 Prozent MwSt.)