Es klingt fast wie die Bilanz eines FDP-Ministerpräsidenten: 91 Tage dagewesen und für Aufsehen gesorgt. Allerdings fiel uns der Abschied vom Kia Stonic 1.6 CRDi, der uns drei Monate lang im Alltag begleitet hat, wesentlich schwerer. Was bleibt subjektiv wie objektiv hängen?
Da hätten wir zum Beispiel diesen erstaunlichen Fakt: Von den insgesamt 6.906 Kia Stonic, die 2019 in Deutschland neu zugelassen wurden, trugen lediglich 142 Stück einen Diesel unter der Haube. Damit ist der Stonic zwar intern die Nummer Vier hinter Ceed, Sportage und Picanto, seine beiden Selbstzünder aber eine vernachlässigbare Größe. (Gewissermaßen die FDP unter den Antrieben, aber lassen wir die politischen Analogien lieber ...)
Nun gut, unser 1.6 CRDi mit 136 PS teilte sein Arbeitsprinzip durchaus vernehmbar mit. Aber Laufkultur liegt im Ohr des Fahrers. Schon schwerer wiegt aus unserer Sicht die fehlende Automatik-Option, weil die Sechsgang-Schaltung das Wort Präzision nur mit Nachhilfe buchstabiert. Gravierendster Pferdefuß ist jedoch schlicht die Preisgestaltung. Den stärksten Diesel im Stonic gibt es nur in Verbindung mit höheren Ausstattungen, unter 24.790 Euro läuft laut Preisliste nix.

Viel Geld für 4,14 Meter Auto, im Gegenzug bekommt man auch den 120-PS-Benziner mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und liegt dennoch fast 1.000 Euro unter dem Diesel. Mit Blick darauf sollten Liebhaber kleiner SUVs (diese Gruppe wächst stetig) den Stonic in die engere Wahl ziehen.
Er ist nämlich eine Kaufempfehlung wert: Sein Design ist attraktiv, äußerlich macht er besonders in "Signalrot Metallic" (bei Platinum Edition serienmäßig, sonst 550 Euro) eine gute Figur. Ob man das Dach unbedingt in Kontrastfarbe braucht, sei dahingestellt. Hier liefert der Kia-Konfigurator eine Entscheidungshilfe. Innen präsentiert sich der Stonic vorzüglich aufgeräumt, ohne das einem die Augen einschlafen. Fast alles erklärt sich von selbst, nur die etwas überladenen Lenkstockhebel bedürfen bei Kia-Novizen etwas an Eingewöhnung.

Bei einer Sache müssen wir aber so laut auf den Tisch hauen, dass man es bis Südkorea hört: Der Tempomat ist suboptimal. Zwei Dinge erschweren eine exakte Bedienung: Erstens gibt es keine kleine digitale Tempoanzeige im mittigen Display. Zweitens reagiert das System mit Verzögerung. Ich möchte 130 km/h haben, doch dank einer Gedenksekunde pendelt sich der Tempomat auf 125 oder weniger ein. Hier sollte Kia zum Facelift nachbessern und dann auch ein adaptives System ins Programm nehmen, welches den Abstand hält.
Auf unserer Wunschliste stehen außerdem LED-Scheinwerfer und Parkpiepser vorne. Eine gute Sache ist das in unserem Testfahrzeug verbaute "Uplift Kit". Hier wird das Fahrwerk um bis zu drei Millimeter höhergelegt. Kostenpunkt: 109 Euro plus Einbau. Drei Millimeter klingen nicht nach viel, doch sie verbessern den Einstieg nochmals und mindern die Sorgen auf schlechten Straßen. Hinzu kommt bei allen Stonic eine praktische Kunststoffbeplankung entlang der Unterkanten.

Was bleibt objektiv nach den drei Monaten im Kia Stonic 1.6 CRDi mit 136 PS auf dem Zettel stehen? Genauer gesagt, im Fahrtenbuch: Insgesamt haben wir 4.238 Kilometer zurückgelegt und 283,29 Liter Diesel getankt. Im Schnitt ergibt das einen Verbrauch von 6,7 Liter auf 100 Kilometer. (45 Liter passen übrigens insgesamt in den Tank.) Eine deutliche Diskrepanz zu den 4,1 Liter der Werksangabe, die aber auf den alten NEFZ-Zyklus umgerechnet worden sind. Deshalb sollte man die Hälfte draufschlagen, schon sind wir bei realistischeren sechs Liter. Hinzu kommen in unserem Fall verschiedene Fahrer und Strecken. Interessant ist in Zeiten von Tempolimit-Diskussionen, wie groß die Unterschiede beim Verbrauch sein können. Weitestgehend 130 km/h mit Tempomat: 5,6 Liter. So schnell wie jeweils möglich: Zwischen 7,4 und sogar 8,7 Liter.

Was bleibt als Fazit? Der Kia Stonic ist ein ansehnlicher Fisch im Teich der kleinen SUVs. Sparfüchse werden aber mit dem Diesel sowohl beim Preis als auch beim Verbrauch nicht wirklich glücklich. Ein schneller Blick auf einschlägige Portale zeigt aber, dass der Verbrauchsunterschied zwischen dem großen Diesel und dem stärksten Benziner minimal ist. Die perfekte Koalition lautet deshalb: Stonic mit 120-PS-Turbobenziner und Getriebe nach persönlichem Gusto. Denn Sie, lieber Leser, sind der Ministerpräsident!
Bildergalerie: Kia Stonic (2019) mit Uplift Kit im Motor1-Dauertest, Teil 3
Kia Stonic 1.6 CRDi (100 kW)