Unter den deutschen Automobilherstellern grassiert zurzeit ein Virus, genauer gesagt, das Spritsparvirus. Allenthalben werden eiligst Fahrzeuge mit mehr oder weniger Aufwand zum schonenden Umgang mit der immer teurer werdenden Ressource Kraftstoff erzogen, prominentestes Beispiel ist die BlueMotion-Reihe von VW. Nun springt auch Ford auf den Öko-Zug auf und präsentiert mit dem Focus ECOnetic den ersten Vertreter einen zukünftigen Palette von besonders umweltfreundlichen Modellen. Grund genug, dem kompakten Kölner nicht nur unter, sondern auch auf die Haube zu schauen.

Frische Optik im ,Kinetic Design"
Nach einer Laufzeit von rund vier Jahren befand Ford, dass es Zeit sei, die Optik der zweiten Focus-Generation aufzufrischen. Die Veränderungen betreffen in erster Linie die Front, welche nun im Design an den neuen Mondeo angepasst wurde. Die Scheinwerfer zeigen sich deutlich vergrößert, unterhalb des Grills blickt der Betrachter auf einen großen Kühllufteinlass. Man mag von dieser ,Schlund-Optik" halten, was man will, wir finden, dass sie dem Fahrzeug eine markante Note gibt. Nicht zuletzt differenziert sich das Facelift-Modell jetzt deutlich von den Vorgängern, die sich beide von vorne stark ähnelten. Beim weiteren Rundgang um das Fahrzeug fällt auf, dass nichts auffällt. Stünde nicht das ECOnetic-Logo am Heck, könnte man den Spar-Focus optisch nicht von seinen Geschwistern unterscheiden. In der Tat spielen sich die Änderungen am ECOnetic im Verborgenen ab: Leichtlaufreifen sollen für geringeren Rollwiderstand sorgen und das Fahrwerk wurde um zehn Millimeter tiefer gelegt. Zudem wurden kaum wahrnehmbare Änderungen an der Karosserie durchgeführt, um die Aerodynamik zu optimieren. Zu guter Letzt kommt im Ford ein spezielles Getriebeöl zum Einsatz, welches die innere Reibung deutlich reduzieren soll.

Modern gestalteter Innenraum
Auch am Armaturenbrett haben die Ford-Designer Hand angelegt. Neue silberfarbene Einlagen und anders gezeichnete Instrumente geben dem Cockpit mehr Pfiff. Die sportlichen wirkenden Einfassungen, in denen Tacho und Drehzahlmesser versenkt sind, verleihen dem Focus beinahe eine italienische Note. Ein Blick auf die Türverkleidungen wirft hingegen Fragen bezüglich der Materialanmutung auf. Sie bestanden im Fall unseres Testwagens aus zweifarbigen, genarbten Hartplastik. Die Haptik des Kunststoffs ist zwiespältig: Gewiss ist dieser pflegeleicht und robust, aber er vermittelt auch einen billigen Eindruck, der nicht so recht zum Rest des ansprechenden Interieurs passen will. Hier hätte ein bisschen Stoff in den Türen für mehr Wohlfühlambiente gesorgt. Insgesamt weiß der Innenraum des ECOnetic aber zu überzeugen: Man nimmt auf bequemen Sitzen Platz, die Bedienungselemente liegen griffgünstig in der Nähe. Auch die weiteren Mitfahrer können sich über ein gutes Raumangebot freuen, zumal der 396 Liter fassende Kofferraum das Gepäck von vier Leuten schluckt. Allerdings leidet die Übersicht nach hinten durch den hohen Abschluss und die recht flach stehende Heckscheibe. Verschärft wurde dieses Defizit bei unserem Testwagen noch durch dunkelgrau getönte Fenster. Den Aufpreis von 195 Euro für dieses Extra kann man sich daher getrost sparen.

Spritziger Selbstzünder
Eine positive Überraschung erlebt der ECOnetic-Pilot auf den ersten Kilometern. Der 109 PS starke Diesel mit 1,6 Liter Hubraum beschleunigt den Focus zügig vorwärts. Dabei bleibt das Common-Rail-Aggregat angenehm leise, nur im kalten Zustand und bei sehr langsamen Geschwindigkeiten weist es auf sein Arbeitsprinzip hin. Serienmäßig ist stets ein Rußpartikelfilter mit an Bord. Dank kurzer Schaltwege lassen sich die einzelnen Gänge des Fünfgang-Getriebes knackig-leicht sortieren. Auch bei Autobahntempo hält sich der Selbstzünder angenehm zurück, vornehmlich die Windgeräusche und das Abrollgeräusch der Reifen dringen an das Ohr des Fahrers. Die Skepsis, ob die serienmäßigen fünf Gänge hinsichtlich des Geräuschniveaus ausreichen, verfliegt rasch. Durch den lang übersetzten fünfte Gang erreicht der ECOnetic eine Höchstgeschwindigkeit von 191 km/h, womit er sogar drei km/h über dem konventionellen Focus mit 109-PS-Diesel liegt. Ein Blick auf die technischen Daten liefert die Hintergründe für die sportliche Note des Öko-Ford: Das maximale Drehmoment von 240 Newtonmeter liegt bereits bei 1.750 Umdrehungen pro Minute an, die Beschleunigung auf 100 km/h geht in 10,9 Sekunden vonstatten. Sehr gut gefallen hat uns der Federungskomfort: Eine Einzelradaufhängung an allen vier Rädern sorgt dafür, dass Fahrbahnunebenheiten zwar wahrgenommen, aber nicht an die Passagiere durchgereicht werden.

Böse Überraschung an der Tankstelle
Wie wir festgestellt haben, muss Sparsamkeit nicht gleich lustfeindlich sein. Doch damit kommen wir zu des Pudels Kern: Wie viel spart der ECOnetic im Alltag tatsächlich? Den offiziellen Gesamtverbrauch gibt Ford mit 4,3 Liter auf 100 Kilometer an. Die gleich starke ,Normalvariante" des Focus liegt 0,2 Liter darüber. Allerdings ist Papier geduldig: Auf unserer 177 Kilometer langen Verbrauchsrunde (22 Kilometer Stadt, 80 Kilometer Landstraße und 58 Kilometer Autobahn) genehmigte sich der ECOnetic im Durchschnitt 6,4 Liter Diesel. Damit liegt der vermeintliche Sparkünstler satte zwei Liter über den Werksangaben, eine Abweichung von fast 50 Prozent. Bevor man uns vorwirft, wir seien gewissenlose Heizer, sei hinzugefügt: Auch auf langen Autobahnetappen mit einem großen Anteil an Passagen, die mit konstant 120 km/h gefahren wurden, kamen wir nur auf 5,9 Liter. Ein gerüttelt Maß an Schuld am schlechten Abschneiden trägt das in den ersten vier Gängen zu kurz abgestufte Getriebe. Die Konkurrenz aus Wolfsburg zeigt, wie es besser gehen könnte: Beim VW Golf BlueMotion sind die für den Verbrauch wichtigen Gänge drei bis fünf länger übersetzt. Damit erreichte er in unserer Verbrauchsrunde einen Durchschnittsverbrauch von 4,5 Liter.

Aufpreis für das grüne Gewissen
Zur Zeit ist die Öko-Version nur für die fünftürige Schrägheck-Limousine und den Kombi namens Turnier erhältlich. Letzterer steht mit 21.750 Euro in der Liste, für die Limousine ruft Ford 21.000 Euro auf. Zur Serienausstattung gehören unter anderem ein CD-Radio, elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber vorne und eine Klimaanlage. Diese Dinge besitzt aber auch der Ford Focus 1.6 TDCi Style, der als Fünftürer 20.500 Euro kostet. Er verbraucht nur unwesentlich mehr als der Focus ECOnetic, die Preisdifferenz von 500 Euro kann man in zusätzliche Extras wie die beheizbare Frontscheibe investieren, die für 450 Euro im Paket angeboten wird. Im Vergleich zum billigsten fünftürigen VW Golf 1.9 TDI mit 105 PS und Rußpartikelfilter ist der Focus Style sogar um 745 Euro billiger. Damit bietet er sich als preiswerte Kompakt-Alternative an, die vor allem auf Langstrecken punktet.

Wertung

  • ★★★★★★★★☆☆
  • Mit dem Ford Focus ECOnetic verhält es sich wie mit den ,Atomkraft – Nein danke!"-Aufklebern in den 80er-Jahren. Man zeigt nach außen seine wohlwollenden Absichten, allerdings ist die Wirkung minimal. Im Fall des ECOnetic stellt sich sogar die Frage nach dem Sinn des Gesamtkonzeptes. Was nützen die diversen Modifikationen, wenn das fertige Produkt bereits auf dem Papier gerade einmal 0,2 Liter weniger verbraucht als die Normal-Version und im Test statt bei 4,3 Liter bei stolzen 6,4 Liter liegt? So wirkt der Focus ECOnetic nur halbherzig gemacht. Konsequenter wäre eine radikal abgespeckte Version ohne Klimaanlage und vor allem mit einer anderen Getriebeübersetzung. Generell ist der überarbeitete Focus aber eine Empfehlung wert. Der 109-PS-Diesel gefällt ebenso wie das Fahrwerk und das Raumangebot. Unter dem Strich lässt sich festhalten: eine klare Empfehlung für den Focus, aber keine Empfehlung für das ECOnetic-Prinzip.

  • Antrieb
    85%
    laufruhiger und spritziger Diesel
    zu kurze Übersetzung der unteren Gänge
  • Fahrwerk
    90%
    sehr gute Straßenlage
    komfortable Federung
  • Karosserie
    80%
    gutes Raumangebot
    mäßige Übersicht nach hinten
  • Kosten
    75%
    günstiger Anschaffungspreis
    zu hoher Verbrauch

Preisliste


Ford Focus ECOnetic

Grundpreis:  Euro
Modell Preis in Euro
ECOnetic 21.000
Ausstattungen Preis in Euro
ABS Serie
ESP Serie
Airbag Fahrer Serie
Airbag Beifahrer Serie
Seitenairbags vorn Serie
Kopfairbags vorn Serie
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. Fensterheber hinten 255
elektr. verstellbare Außenspiegel Serie (inklusive Heizung)
Klimaanlage Serie
Klimaautomatik 405
Zentralverriegelung mit Fernbed. Serie
Bildschirmnavigation ab 810
CD-Radio Serie
MP3 Serie
elektr. Schiebedach 785
Metalliclackierung 480
Sitzhöheneinstellung Serie
Tempomat 360 (inkl. Lederlenkrad)
Xenonlicht 910
Kurvenlicht 420
Nebelscheinwerfer 160
Anhängevorrichtung ab 510
Reifendruckkontrollsystem 50
Sitzheizung vorne 255

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Diesel mit Common-Rail-Direkteinspritzung 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 1.560 
Leistung in PS 109 
Leistung in kW 80 
bei U/min 1.750 
Drehmoment in Nm 240 
Antrieb Frontantrieb 
Gänge
Getriebe Schaltgetriebe 
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1.535 
Spurweite hinten in mm 1.531 
Radaufhängung vorn Einzelradaufhängung 
Radaufhängung hinten Einzelradaufhängung 
Bremsen vorn Scheiben 
Bremsen hinten Scheiben 
Wendekreis in m 10,7 
Räder, Reifen vorn 195/65 R15 
Räder, Reifen hinten 195/65 R15 
Lenkung Zahnstangenlenkung mit Servounterstützung 
Maße und Gewichte
Länge in mm 4.337 
Breite in mm 1.839 
Höhe in mm 1.500 
Radstand in mm 2.640 
Leergewicht in kg 1.357 
Zuladung in kg 603 
Kofferraumvolumen in Liter 396 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 1.258 
Anhängelast, gebremst in kg 1.300 
Dachlast in kg 75 
Tankinhalt in Liter 53 
Kraftstoffart Diesel 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 191 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 10,9 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 4,3 
EG-Verbrauch innerorts in Liter/100 km 5,6 
EG-Verbrauch außerorts in Liter/100 km 3,6 
Testverbrauch Gesamt in Liter/100 km 6,4 
CO2-Emission in g/km 115 
Schadstoffklasse Euro 4 mit Partikelfilter 
Fixkosten
Service-Intervalle Jährlich oder alle 20.000 Kilometer 
Garantie 2 Jahre 

Bildergalerie: Spritspar-Focus im Test

Bild von: Fabian Grass