Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik "Kennen Sie den noch?" studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe "Klassiker der Zukunft?" vorstellen.


1994: Der Liter Super kostet 1,56 DM, Diesel 1,14 DM. Schon damals kein wirkliches Schnäppchen mehr. Da kommt eine Auto-Neuheit gerade recht, die nach langen 13 Jahren den Vorgänger ablöst.

Bildergalerie: VW Polo III (1994-2001)

"So groß kann klein sein." Mit diesem Slogan präsentiert Volkswagen im August 1994 den Polo III. Im Vergleich zum Polo II ist er tiefgreifend überarbeitet: Karosserie, Fahrwerk und Motoren sind komplett neu. Das kubische Design des Vorgängers wird neu interpretiert, der neue Polo erscheint deutlich moderner. Zu Produktionsbeginn wird nur die Steilheck-Variante mit drei und erstmals auch fünf Türen angeboten. Die Karosserie besticht durch gute Aerodynamik, der cw-Wert liegt bei 0,32. 275 bis 590 Liter Gepäck passen in den Kofferraum.

So groß wie der erste Golf

Der Polo III ist 3.715 Millimeter lang und liegt damit auf Golf I-Niveau. Die materialintensivere Sicherheitsstruktur und das höhere Ausstattungsniveau heben das Leergewicht auf 915 Kilogramm an. Beliebt sind der 1,0-Liter-Vierzylinder-Einstiegsmotor mit 45, später 50 PS. Aber auch der 1.4 mit 60 PS sowie der 1,6er mit 75 PS.

Apropos beliebt: In den ersten zehn Monaten nach der Premiere hat VW europaweit scchon 240.000 neue Polo verkauft.

VW Polo III (1994-2001)
Volkswagen

VW Polo III (1994-2001)

Was sagt die Presse? Gelobt wird der gute Fahrkomfort, der sich fast auf Golf-Niveau befindet, aber zugleich die Handlichkeit. Hinzu kommen gute Sitze auch für großgewachsene Personen. Die Basisversion mit 45 PS (Preis: 18.295 Mark) läuft recht leise, ist aber eher mau motorisiert: 21,4 Sekunden braucht die Maschine auf Tempo 100. Über sechs Sekunden flotter in dieser Disziplin ist die 60-PS-Varaiante, sie bietet zudem serienmäßig eine Servolenkung. Und selbst der 64-PS-Saugdiesel ist schneller ...

Stufenheck und Caddy

Der ab Oktober 1995 als Stufenheckvariante lieferbare und 4,14 Meter lange Polo Classic stammt aus spanischer Produktion und baut auf der größeren Plattform des Seat Cordoba auf. Dadurch bietet er nicht nur im Innenraum mehr Platz, sondern auch unter der Motorhaube: Dies ermöglicht den Einbau des neuen 1,9-Liter-Turbodiesels mit 90 PS. Alternativ ist er mit dem 1,4-Liter-Motor (60 PS) und den 1,6-Liter-Aggregat (75 PS) ausgerüstet. Geboten wird ein Kofferraumvolumen von 455 Litern, mit umgeklappter Rücksitzbank sind es 760 Liter.

VW Polo Classic und Caddy (1996)
Volkswagen

VW Polo Classic und Caddy (1996)

Ebenfalls 1995 präsentiert Volkswagen wieder einen Caddy, der allerdings nichts mehr mit der ersten Generation (bis 1992) gemeinsam hat. Das Chassis stammt vom Seat Inca, in der Frontpartie entspricht er dem Polo, von dem auch die Motoren stammen. Den Caddy II gibt es zunächst als zweisitzigen Pritschenwagen und als fünfsitzigen Kombi mit Verglasung.

1996: Zum Jahresanfang dürfen sich die Kunden über einen neuen leistungsstarken Benzinmotor mit 1,4 Liter, 16 Ventilen und 100 PS freuen. Ab dem Frühjahr gibt es ein Automatikgetriebe für den 1,4- und 1,6-Liter-Motor. Im März erscheint der 1,7-Liter-Diesel als Saugmotor (60 PS) – der TDI passt nicht unter die Motorhaube. Der 1,9 Liter-SDI ersetzt den bisherigen 1.9 D und 1.7 SDI. Im Herbst wird der 45-PS-Motor durch den 50-PS-Motor aus Vollaluminium ersetzt. Ab Herbst ist das Antiblockiersystem (ABS) gegen Aufpreis lieferbar. 

Der bunteste VW aller Zeiten

Im gleichen Jahr erscheint der wohl auffälligste Polo, nämlich der Polo Harlekin: Für ihn gibt es die Farben Blau, Rot, Gelb und Grün als Sonderausstattung – und zwar alle auf einmal. Dass das Fahrzeug mit 60 PS, 75 PS oder 100 PS lieferbar ist, tritt angesichts der Farbenpracht eher in den Hintergrund. Wer außerdem Himmelsblau mag, nimmt den Polo Harlekin in der Open-Air-Version.

VW Polo III Harlekin (1995-1997
Volkswagen

VW Polo III Harlekin (1995-1997)

Den Harlekin baut VW ursprünglich nur in 20 Fahrzeugen (Ur-Harlekin) für Werbezwecke als Symbol für das Baukastenprinzip der Ausstattungsmodule. Aufgrund der Nachfrage nach dem bunten Polo wird die Modellvariante realisiert. In der Zeit von 1995 bis Anfang 1997 werden nur 3.806 Fahrzeuge ausgeliefert, allzu günstig ist der Harlekin nämlich nicht.

Es gibt den Polo Harlekin in vier verschiedenen Farbkombinationen, die sich der Kunde bei der Bestellung nicht aussuchen kann. Die Farbgestaltung ist nach einem festen Muster vorgegeben, wobei in der Produktion niemals zwei Flächen gleicher Farbe nebeneinanderliegen dürfen.

Kombi und GTI

Ab Juli 1997 wird der Polo auch als Variant angeboten. Er entspricht dem Seat Cordoba Vario und ist mit der gleichen Technik wie der Polo Classic ausgerüstet. Auch er ist 4,14 Meter lang und bietet ein Kofferraumvolumen von 390 bzw. 1250 Litern.

1998 darf der Polo erstmals die drei Buchstaben des großen Bruders Golf tragen: Volkswagen greift nach dem Polo G40 die Idee der Sonderserie wieder auf: Es gibt eine auf 3.000 Stück limitierte Auflage eines Polo GTI (nur als Steilheck mit drei und fünf Türen). Sie ist schnell ausverkauft. Ein neuer 1,6-Liter-16V-Motor mit 120 PS bietet ein Beschleunigungsvermögen von 9,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

VW Polo Variant Color Concept
Volkswagen

VW Polo Variant Color Concept

VW Polo III (1994-2001)
Volkswagen

VW Polo III GTI

15-Zoll-Alufelgen von BBS versportlichen die Optik. Weitere Erkennungsmerkmale sind ein tiefergelegtes Fahrwerk, weiße Blinkleuchten und eine hochwertige Innenausstattung. Passend zu einer Sonderserie sind nicht alle Farben erhältlich, hier gibt es nur Rot, Silber und Schwarz.

Volkswagen bietet beim Polo III – abweichend von den sonstigen Gepflogenheiten – keine Ausstattungslinien, sondern bündelt diverse Extras zu Ausstattungspaketen.

1999: Große Modellpflege

Im September 1999 wird der Polo III gründlich überarbeitet: Er bekommt unter anderem eine neu gestaltete Front mit einem großen Volkswagen Logo im Kühlergrill. Neue Hauptscheinwerfer in Klarglas-Optik fallen ebenso auf wie die geänderten Stoßfänger und neugestalteten Rückleuchten. Das Interieur ist hochwertiger als zuvor, die Instrumente sind ab sofort blau hinterleuchtet. Das Heck nähert sich dem Stil des Golf IV an, so ist das Nummernschild jetzt in den Stoßfänger integriert.

VW Polo III Facelift (1999)
Volkswagen

VW Polo III Facelift (1999)

VW Polo III Facelift (1999)
Volkswagen

VW Polo III Facelift (1999)

Die Sicherheitsmerkmale werden verbessert, Airbag und ABS sind jetzt serienmäßig an Bord, ESP ist als Sonderausstattung wählbar. Die Karosseriestruktur wird verstärkt und mit einer Vollverzinkung geschützt. Dazu erhält der Käufer eine zwölfjährige Garantie gegen Durchrostung.

Die Motorenpalette wird wiederum überarbeitet: Neu ist ein 1,4-Liter-Turbodiesel mit Pumpe-Düse-Direkteinspritzung (75 PS), der 1,9-Liter-Saugdiesel (64 PS) bleibt im Programm. Die Leistung des 1.4 16V wird auf 75 PS reduziert. Durch den Einsatz einer variablen Nockenwelle leistet der 1,6-Liter-16-Ventiler im Polo GTI jetzt 125 PS. Letzterer hat das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) serienmäßig an Bord.

Der VW Polo III startet 1994 als Typ 6N und wird von 1999 bis 2001 6N2 genannt. Nach insgesamt 645.000 gebauten Exemplaren endet die Produktion.