Denkt man an Automobile in der DDR, kommen einem zunächst Trabant und Wartburg in den Sinn. Aber Modelle aus dem Westen? Nun gut, so mancher weiß vielleicht, dass mehrere Tausend VW Golf I und Mazda 323 ihren Weg über den Eisernen Vorhang schafften. Ein neues Buch zeigt jetzt, dass damit bei weitem nicht Schluss war.

Faktenreich zeigt Autor Björn Hermann auf, warum DDR-Staatsratschef Walter Ulbricht anfangs in einem Buick gefahren wurde und wie später verlängerte Modelle von Volvo und Citroën beschafft wurden. Überraschend ist, dass es sogar Mercedes-Fahrzeuge in der DDR gab, die unter anderem als Limousinen bei den besonders noblen Interhotels bereitstanden.

Viele Fotos geben einen überraschenden Einblick auf Westfahrzeuge mit DDR-Kennzeichen, darunter sogar ein Mercedes 300 SL Flügeltürer. Am spannendsten sind die Kapitel über den Bereich "Kommerzielle Koordinierung" (KoKo) unter Leitung von Alexander Schalck-Golodkowski. Hier wurden dringend benötigte Devisen beschafft, etwa durch den Geschenkdienst "GENEX". Dort konnten Bundesbürger für DM Autos vom Trabi bis zum BMW für ihre DDR-Verwandtschaft bestellen, die meist zeitnah ausgeliefert wurden. Welche West-Typen hingegen in welchem Umfang bei den Herstellern geordert wurden und wie das Zusammenspiel zwischen diversen DDR-Ministerien und der Staatssicherheit ablief, zeigen viele Dokumente.

Fazit: Nicht nur für Ostauto-Fans eine spannende Lektüre. Faktenreich und gut geschrieben wird ein beinahe vergessenes Kapitel der DDR-Geschichte aufbereitet.

Björn Herrmann: West-Autos in der DDR, erschienen im Verlag 79Oktan, 268 Seiten. ISBN: 978-3-00-062003-4, 34,90 Euro

 

   

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