Mit dem F300 Life Jet Concept wollte Mercedes das beste aus zwei Welten kombinieren: Den Komfort eines Autos und die Agilität eines Motorrads. Nach den Hightech-überladenen Studien F100 von 1991 und F200 von 1996 war der Life Jet das dritte Forschungsfahrzeug der F-Serie. Allerdings unterschied er sich deutlich von seinen luxuriöseren Studien-Brüdern.

Motor aus der A-Klasse
Angetrieben wurde der Mercedes F300 vom 1,6-Liter-Sauger der ersten A-Klasse. Die 102 PS gingen in diesem Fall aber an die Hinterräder, äh, an das Hinterrad, um genau zu sein. Ja, richtig: Der F300 war hinten solo unterwegs. Die Kraft wurde über einen Riemen und ein elektrohydraulisch kontrolliertes, sequentielles Fünfgang-Getriebe übertragen. Von 0-100 km/h ging es laut Hersteller in 7,7 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit lag bei 211 km/h.

Leicht absurdes Design
Ohne den Stern auf „Haube“ und „Kofferraum“ wäre es nahezu unmöglich gewesen, den F300 Life Jet als Mercedes zu identifizieren. Na gut, die Instrumente im Jetfighter-inspirierten Cockpit sprachen eine recht eindeutige Sprache, aber das war es dann auch schon mit Familien-Zugehörigkeit. Ansonsten präsentierte sich der Innenraum mit seinen zwei hintereinander angeordneten Sitzen im erschreckend grellen Kunterbunt der 90er-Jahre. Tja und von außen … war irgendwie eh alles zu spät. Eine Art Raumkapsel (oder eine silberne Zigarre mit Flügeln) samt bedenklich kleiner und dünner Räder und einem abnehmbaren Dach.

Ganz schön schräg
Der Partytrick des Mercedes F300 war aber definitiv seine Active Tilt Control (ATC). Sprich: Die Mercedes-Art zu sagen, dass sich das Ding ordentlich in die Kurve neigt. Die aktive Wanksteuerung kontrollierte die Schräglage der Vorderräder und der Kabine mit dem Hinterradantrieb bis zu einem maximalen Neigungswinkel von 30 Grad. Das elektronische System wertete Fahrgeschwindigkeit, Querbeschleunigung und Lenkwinkel aus, schickte die Daten an die Vorderachse, wo eine Hydraulikpumpe, ein Neigungsgeberzylinder und zwei Hebelwellen bei Bedarf die oberen Anlenkpunkte der schräg eingebauten Feder-Dämpfer-Einheiten verschoben. Sollte Ihnen das Konzept mit der neigenden Karosserie bekannt vorkommen, dann liegt das vielleicht an Nissan. Die Japaner hatten 2009 mit ihrem Land Glider Concept die gleiche Idee.

Alles leicht
Für den F300 musste Mercedes auch spezielle Reifen entwickeln, die extreme Sturzwerte zuließen. Außerdem gab es Magnesium-Räder, die 25 Prozent weniger wogen als herkömmliche Motorrad-Felgen. Generell dürfte der Life Jet eine ziemlich leichte Angelegenheit gewesen sein. Seine Aluminium-Karosserie wog gerade mal 89 Kilogramm.

Schlaues Licht
Der F300 wird in die Geschichte eingehen als erstes Mercedes-Entwicklungsfahrzeug, das vollständig am Computer entwickelt wurde. Außerdem verfügte das wankende Dreirad über einen adaptiven Scheinwerfer. Dank ein wenig elektronischer Zauberei (hey, das Ganze ist immerhin 21 Jahre her) sorgte das Frontlicht selbst bei starker Kurvenneigung für bestmögliche Ausleuchtung, weil es an das ATC-System gekoppelt war. Dazu kam ein Lichtsensor, der den Scheinwerfer automatisch anpasste, sobald Nebel auftrat oder es durch einen Tunnel ging. Diese Funktion wurde ein Jahr später in die S-Klasse (W220) übertragen.

Lesen Sie auch:

Bildergalerie: Vergessene Studien: Mercedes F300