Mumie mit Herzschrittmacher: So despektierlich bezeichneten einst DDR-Bürger den vermeintlich neuen Trabant 1.1 mit VW-Viertakter. Zugegeben, 26 Jahre hat der Opel Grandland nicht auf dem Buckel. Trotzdem bekommt auch er in seiner bald auslaufenden Modellgeneration noch einen recht modernen Anrieb verpasst. Hybrid steht am Heck, 48-Volt-Technik steckt unter dem Blech.
Was ist das?
2017 kam der Opel Grandland auf den Markt, ungefähr zeitgleich mit der Übernahme des Unternehmens durch den damaligen PSA-Konzern. Die technische Grundlage lieferte der Peugeot 3008. Er wird nun neu aufgelegt, weshalb auch der Grandland in Kürze zur zweiten Generation wechselt.
Bildergalerie: Opel Grandland Hybrid (2024) im Test
Doch bis es soweit ist, wagt Opel einen etwas kurios anmutenden Schritt: Unter die Haube sowohl des kleinsten als auch des größten Autos im Pkw-Programm wandert der gleiche Motor.
Die Rede ist von einer neuen Generation Dreizylinder-Benzinmotoren mit 1,2 Liter Hubraum, die speziell für den Hybrid-Einsatz entwickelt wurden und die Abgasnorm Euro 6.4 erfüllen. Sowohl der 74 kW (100 PS) beim Corsa als auch der 100 kW (136 PS) (Corsa und Grandland) starke Motor erreichen ihre Leistungsspitze bei 5.500 U/min und rufen ihr maximales Drehmoment von 205 respektive 230 Newtonmeter bei 1.750 U/min ab.
Schnelle Daten | Opel Grandland Hybrid (2024) |
Motor | Dreizylinder-Turbobenziner plus 48V, 1.199 ccm |
Getriebe | Elektrisches 6-Gang-eDCT |
Antrieb | Frontantrieb |
Leistung | 100 kW (136 PS) bei 5.500 U/min |
Drehmoment | 230 Nm bei 1.750 U/min |
Basispreis | 36.770 Euro |
Für einen optimalen Wirkungsgrad arbeiten die Motoren im Miller-Zyklus. Hinzu kommt ein neu entwickeltes elektrifiziertes Sechsstufen-Doppelkupplungsgetriebe. Im Getriebegehäuse sind auch der Elektromotor und der Gleichstrom-Wechselrichter verbaut. Der in das Getriebegehäuse integrierte Motor bietet eine Leistung von 21 kW (28 PS) und ein maximales Drehmoment von 55 Newtonmeter.
Opel Grandland Hybrid (2024) im Test
Ebenfalls mit im Team: Ein riemengetriebener Anlasser (auch 48-Volt-Technologie), der – zusammen mit dem E-Motor – den Benziner aus dem Kaltstart heraus startet. Und eine 48-Volt-Lithium-Ionen-Batterie mit einer nutzbaren Kapazität von 432 Wh (brutto 890 Wh), die sich durch Rekuperation sowie über den Verbrenner laden lässt.
Exterieur | Interieur | Fahrbericht | Sonderausstattungen | Wissenswertes | Fazit
Exterieur
Die Optik des 4,48 Meter langen Opel Grandland wirkt trotz des Facelifts von 2021 inzwischen etwas angestaubt. Während der Nachfolger mit einer eigenständigen Note punktet, könnte am bisherigen Modell auch jeder x-beliebige Markenname dranstehen. Unser Testwagen war ein "GS", erkennbar am schwarzen Unterfahrschutz. Serienmäßig sind außerdem 18-Zoll-Alufelgen in BiColor/Hochglanzschwarz.
Abmessungen | Opel Grandland Hybrid (2024) |
Länge | 4.477 mm |
Breite | 1.906 mm |
Höhe | 1.609 mm |
Radstand | 2.675 mm |
Kofferraum | 514 - 1.652 Liter |
Leergewicht | 1.536 kg |
Zuladung | 514 kg |
Stützlast | 70 kg |
Anhängelast | 1.250 kg |
Interieur
Innen merkt man deutlich, dass der Grandland einer der letzten Opel vor der Übernahme ist. Erinnerungen an den Astra K oder den Mokka X werden wach. Das wirkt inzwischen schon recht alt.
Im Cockpit blickt man bei Vollausstattung auf ein 12-Zoll-Instrumentendisplay (mit einer Art Schirmmütze gegen Blendung) plus 10-Zoll-Touchscreen. Letzterer wirkt grafisch nicht mehr so richtig auf Höhe der Zeit. Löblich für alle Fahrer mit Sehschwäche sind die groß gestalteten Ziffern.
Das Alter des Grandland hat bei der Bedienung durchaus Vorteile: Die Klimatisierung erfolgt über echte Drehregler, ebenso die Einstellung der Lautstärke. Tasten erleichtern den Zugriff auf die wichtigsten Funktionen des Touchscreen. Nachteil: Es mangelt an USB-Slots.
Opel Grandland Hybrid (2024) im Test
Die verwendeten Materialien sind definitiv nicht Premium, aber Opel bemüht sich redlich um eine anständige Inneneinrichtung. Seien wir ehrlich: Auch bei VW oder BMW ist beileibe nicht alles Gold, was glänzt. Diese Aufgabe übernimmt im Opel übrigens Kunststoff in Klavierlack-Optik.
Wirklich gut sind die ergonomischen Aktivsitze vorne. Wer "Rücken" hat, weiß diese zu schätzen. Schade nur, dass die Mittelarmlehne nicht weiter nach vorne reicht. Gar nicht Grand ist das Platzangebot im Fond, speziell die Beinfreiheit ist dort nur mäßig. Da sind 514 bis 1.652 Liter Kofferraumvolumen kein echter Trost. Schon eher die großzügige Kopffreiheit im Grandland.
Fahrbericht
Im Alter wird man gelassener. Sie kennen das. Der Opel Grandland Hybrid auch. Obwohl genügend Assistenzsysteme an Bord sind, piept und bimmelt einen hier nichts neurotisch an. Der Antrieb braucht exakt 10 Sekunden auf Tempo 100. Nicht lahm, aber Bäume werden auch nicht ausgerissen. Mit 1,5 Tonnen ist so ein Grandland dann doch etwas schwerer als ein Corsa.
Opel Grandland Hybrid (2024) im Test
Ein Grundbrummeln des Dreizylinders ist stets im Hintergrund vorhanden, bei Tempo 120 bleibt es im Wagen aber ausreichend ruhig. Das Getriebe arbeitet unauffällig, ebenso die Lenkung. Etwas mehr Rückmeldung hätten wir uns aber gewünscht. Diesen Part übernimmt das Abrollverhalten. Leider. Mit den 18-Zöllern eher ungehobelt. Generell wirkt auch das Fahrverhalten, als könnte man ruhig mal wieder mit dem Staubwedel drüber gehen. Alles ein bisschen stacksig, holprig, knittrig.
Fahrleistungen | Opel Grandland Hybrid (2024) |
0 - 100 km/h | 10,0 Sek. |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h |
Verbrauch | 5,7 Liter/100 km (WLTP) |
CO2-Emissionen | 128g CO2/km (WLTP) |
Immerhin: Das etwas höhere Gewicht sorgt dafür, dass die als unangenehm stark empfundene Rekuperation des Corsa Hybrid im Grandland weniger heftig ausfällt. Nachteilig im Verkehr ist jedoch die mit fast 1,91 Meter üppige Breite des Grandland.
Punkte sammelt der Grandland Hybrid beim Verbrauch: 5,6 Liter zeigte der Bordcomputer bei gemäßigter Fahrt auf Autobahn und Überland an. Wir rechnen im Fahrtenbuch gegen: 5,66 Liter. Prima.
Sonderausstattungen
Ganz und gar nicht prima ist der Blick in die deutsche Preisliste. Dort steht der Grandland Hybrid mit mindestens 36.770 Euro. Für den GS ruft Opel sogar 40.950 Euro auf. Dann ist die Serienausstattung zwar schon üppig. Aber ein fahler Beigeschmack bleibt, zumal mit Blick auf die Konkurrenz: Der neue VW Tiguan beginnt als 1.5 eTSI mit 130 PS und DSG bei 37.150 Euro. Der neue Peugeot 3008 kostet als 48V-Hybrid 39.250 Euro, es bleibt zu hoffen, das es Opel beim darauf basierenden neuen Grandland nicht übertreibt.
Falls nun jemand einwirft, so ein 48V-Hybrid sei nun einmal teurer: Selbst der günstigste aktuelle Grandland mit klassischem 130-PS-Benziner und manuellem Sechsgang-Schaltgetriebe kostet mindestens 32.630 Euro. Ein weiterer Pferdefuß in dieser SUV-Klasse: Es gibt den Opel nicht mit Diesel. Die 1.250 Kilogramm Anhängelast beim Hybrid werden wahre Caravaning-Fans kaum überzeugen.
Neuer Opel Grandland (2024)
Wissenswertes
Der neue Opel Grandland kommt zunächst als Electric. Trotzdem soll es das Modell in Zukunft nicht nur vollelektrisch, sondern auch als Plug-in-Hybrid mit rund 85 km Reichweite und als 48-Volt-Mildhybrid geben. Er ist 173 Millimeter länger, 19 Millimeter höher und 64 Millimeter breiter als sein Vorgänger geworden. Daraus summieren sich folgende Zahlen: 4.650 x 1.905 x 1.660 mm (Länge x Breite x Höhe). Dazu steht er auf gewaltigen 20-Zoll-Felgen.
Fazit: 5/10
Der bald alte Opel Grandland ist ein Auto für alle, die sich nicht viel aus Autos machen. Das muss nicht schlecht sein, denn der 48V-Hybrid ist ein sparsamer Antrieb. Leider sind die Listenpreise viel zu hoch für das Gebotene. Hier lohnt es sich mit Blick auf den Modellwechsel, auf Tageszulassungen oder bald günstige Jahreswagen zu schauen. Wer unbedingt einen neuen Grandland will, sollte dringend auf den Nachfolger warten.