Was nach ein paar Monaten und einigen tausend Kilometern Lebenspartnerschaft mit dem X5 xDrive 30d bleibt ist ... ein wenig Zwiespältigkeit, wenn wir ehrlich sind. So gut wie alles, was zu einer harmonischen, stressfreien Beziehung beiträgt, erledigt dieses Auto mit Bravour und höchster Professionalität. 

So weit so gut, möchte man meinen. Ich habe um die 100.000 Euro für ein Auto hingelegt und es hat absolut seriös und souverän abgeliefert. Aber ich habe eben auch um die 100.000 Euro für ein Auto hingelegt und mit dem Wissen, was sonst noch so an High-End-Material in dieser Klasse vorhanden ist, fehlt es dem zweitgrößten BMW-SUV einfach ein wenig an Glanz und Gloria.

Was war gut?

Dass der 286 PS starke 3,0-Liter-Diesel der Star bei der Kundschaft ist, ist vollkommen nachvollziehbar. Er ist kräftig, lebendig, kann sich unglaublich gut benehmen, ist sparsam (8,9 Liter im Dauertest-Schnitt inklusive diverser - ähem - zügiger gefahrener Autobahn-Etappen) und grundsätzlich absolut wundervoll. Fahren Sie diesen Motor, solange es die EU noch erlaubt. 

BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3
BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3

Auch das Fahrverhalten selbst gibt kaum Anlass zur Kritik. Die optionale Hinterradlenkung wirkt bei niedrigen Geschwindigkeiten ein wenig unbeholfen und schlaksig, sonst aber gibt sich der X5 keine Blöße. Insgesamt ist er für ein Gefährt dieses Ausmaßes eher auf der dynamischen Seite unterwegs, begeht aber nicht (wie viele andere BMW in letzter Zeit) den Fehler, künstlich mehr Agilität herstellen zu wollen, als von Natur aus vorhanden sein kann. Sprich: Die Lenkung ist nicht übernervös, aber präzise und ordentlich gewichtet. 

Fahrwerksseitig zeigte sich unser X5 mit der aufpreispflichtigen Luftfederung (und trotz der montierten 21-Zöller) bestens gedämpft, vergaß dabei aber nie, die Beine und die Bauchmuskeln ausreichend anzuspannen. Eine sehr zufriedenstellende Körperkontrolle, auch bei kurvigeren und/oder schnelleren Abschnitten war die Folge. Er ist sicher kein Porsche Cayenne, aber wenn sie einen Cayenne wollen, dann kaufen Sie sich einen Cayenne. 

Wo ihm unserer Meinung nach noch immer keiner der Konkurrenten etwas vormacht, ist bei der Bedienung von Infotainment, Fahrhilfen und Co. Die seltsamen, schlecht ablesbaren Digital-Instrumente lassen wir hier mal außen vor, aber es ist absolut begrüßenswert, dass die Münchner einem noch die Wahl lassen, wie man das Infotainment bedienen möchte. Die Sprachbedienung funktioniert zwar im Großen und Ganzen sehr ordentlich (mit der phonetisch "überaus anspruchsvollen" Occamstraße in Schwabing war das System ein wenig überfordert), aber am Ende geht doch nichts über den guten alten Dreh-Drück-Steller. 

BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3
BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3

Sehr gefällig ist auch die wenig bevormundende Haltung in puncto Assistenzsysteme. Die lassen sich nämlich allesamt mit einem einzigen Knopfdruck deaktivieren. Sehr angenehm auch: Wenn ich 15 oder 20 km/h über Tempolimit fahren möchte, dann kann ich das der Verkehrsschildererkennung sehr simpel einbläuen und werde nicht bei jedem neuen 80er-Schild auf der Autobahn vom aktiven Tempomaten zusammengestaucht, als wäre ich kurz davor eine Robbenbaby-Population auszulöschen. 

BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3

Echte XL-SUV-Qualitäten spielt der 30d schließlich beim Kofferraum und der Anhängelast aus. Die 650 bis 1.870 Liter sind großzügig und dank der ausgefuchsten Ladeschienen (glatt im Stand, mit Widerstand beim Fahren) und des im Boden versenkbaren Laderaumrollos schön zu beladen. Die 3,5 Tonnen Zuglast bedürfen vermutlich keiner weiteren Erklärung. 

Was war schlecht?

Schlecht im Sinne von - ähm - schlecht ist beim X5 xDrive 30d eigentlich nichts. Große Fehler kannst du dir in diesem Premium-Segment um Audi Q7, Mercedes GLE, dem angesprochenen Cayenne oder meinetwegen auch einem Range Rover einfach nicht erlauben. Schade ist nur, dass es dem BMW vor allem innen ein bisschen am nötigen Charisma, am gewissen Etwas fehlt, um in dieser illustren Gesellschaft nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. 

Den Pragmatiker mag das qualitativ einwandfreie und hervorragend bedienbare Cockpit durchaus ansprechen, allerdings setzt es sich optisch und haptisch kaum von, sagen wir, einem BMW 3er ab, der die Hälfte kostet. Und dabei hatte unser Testwagen schon Spielereien wie ein lederbezogenes Armaturenbrett oder den Individual-Dachhimmel Anthrazit. Wie es besser und mit mehr Flair geht zeigen die Münchner übrigens beim größeren X7

BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3
BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3

Ein weiteres Manko: Während der Sitzkomfort mit den 1.300 Euro teuren Komfortsitzen in Reihe Eins absolut herausragend ist, knausert der X5 im Fond schon arg mit dem Platzangebot. Verglichen mit anderen SUVs der 5-Meter-Klasse ist das eher Storage Wars statt Lagerhalle.  

Welche Ausstattungen sind empfehlenswert?

Machen wir es kurz - folgende Ausstattungen aus unserem Testwagen würden wir behalten: 

  • M Lederlenkrad (250 Euro): Klar kann man auch ohne leben, aber so teuer ist es nicht. Also warum nicht!
  • Entertainment Paket (1.400 Euro): Für 1.400 Euro gibt es ein Harman Kardon Surround Sound System, einen WLAN Hotspot und kabelloses Smartphone-Laden
  • Parking Assistant Plus (550 Euro): Sollte bei so einem Auto zwar Serie sein, aber die 550 Euro sind gut angelegt
  • Klimaautomatik mit 4-Zonenregelung (700 Euro): Hey, es ist ein Luxus-SUV. Und Sie werden deutlich weniger über Temperaturen streiten
  • Sonnenschutzverglasung (500 Euro): Ein kleiner Luxus, den vor allem Langstreckenfahrer im Sommer zu schätzen wissen werden
  • Adaptive 2-Achs-Luftfederung (2.100 Euro): Die Argumente "leichteres Beladen durch Heckabsenkung" und "mehr Offroad-Tauglichkeit" ziehen nicht wirklich, aber der Fahrkomfort überzeugt
  • Driving Assistant Professional (2.600 Euro): Die ausbaufähige aktive Spurführung braucht kein Mensch, aber alleine schon wegen des adaptiven Tempomaten mit Stop&Go-Funktion Gold wert.
  • Getränkehalter temperiert (250 Euro): Seien wir ehrlich - Cupholder, die heizen und kühlen können, sind der absolute Wahnsinn

Diese Extras würden wir uns sparen: 

  • xOffroad Paket (2.950 Euro): Der X5 ist kein Land Rover Defender. Wer braucht für 3.000 Euro eine mechanische Differenzialsperre, einen (nicht besonders schönen) Unterfahrschutz und ein paar zusätzliche Fahrmodi?
  • M Sportabgasanlage (510 Euro): Es ist ein Diesel! So viel besser wird es nicht
  • 21-Felgen (5.100 Euro): Sie kosten über 5.000 Euro Aufpreis. So schön können die Dinger gar nicht sein
  • Integral-Aktivlenkung (1.250 Euro): Lässt das Auto mit gekünstelter Agilität etwas unrund fahren
  • BMW Display Key (350 Euro): Ein teurer, unangenehm großer Schlüssel, der nicht weltbewegend viel kann
  • BMW Individual Instrumententafel lederbezogen (1.450 Euro): Macht den Innenraum nicht wirklich „premiöser“, kostet aber ordentlich Geld
  • BMW Individual Dachhimmel anthrazit (400 Euro): Warum würde jemand für anthrazit Geld bezahlen (egal was gefärbt wird)?

Fazit

Im Alltag überzeugte unser X5 xDrive 30d vor allem mit seinem überragenden Dieselmotor und dem dynamischen, aber sehr komfortablen Fahrverhalten. Bei der Ergonomie und der Bedienung gefiel er uns besser als seine Konkurrenten. 

BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3

Letztlich bleibt aber doch ein etwas indifferenter Eindruck haften. Während er technologisch und bezüglich seiner Ausstattung alle Erwartungen an ein Auto dieser Preisklasse erfüllt, erreicht er dieses Niveau in puncto Präsenz und Interieur-Ambiente nicht.

Dazu sei erwähnt: Die Exterieurfarbe Weiß mit dem wenig eleganten Offroad-Paket und dem schmucklos schwarzen Innenraum halfen hier natürlich nicht unbedingt. Andere Farb- und Materialkonfigurationen dürften den X5 deutlich exklusiver wirken lassen. Spart man sich dann noch das eine oder andere sinnfreie Extra, kriegt man hier definitiv ein Auto, bei dem Preis und Wirklichkeit zueinander passen.   

Bildergalerie: BMW X5 xDrive 30d (2020) im Dauertest, Teil 3

Bild von: Fabian Grass

BMW X5

Motor Reihensechszylinder-Biturbo-Diesel; 2.993 ccm
Getriebeart 8-Gang-Automatik
Antrieb Allradantrieb
Leistung 210 kW (286 PS) bei 4.000 U/min
Max. Drehmoment 650 Nm bei 1.500-2.500 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 6,1 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 235 km/h
Länge 4.922 mm
Breite 2.004 mm
Höhe 1.745 mm
Leergewicht 2.265 kg
Zuladung 750 kg
Bodenfreiheit 214 mm
Kofferraumvolumen 650-1.870 Liter
Verbrauch Normverbrauch: 5,7-6,2 Liter; Testverbrauch: 8,9 Liter
Emission 150-164 g/km CO2
Anhängelast 3.500 kg
Basispreis 69.900 Euro (zum Testzeitpunkt)
Preis des Testwagens 101.960 Euro (zum Testzeitpunkt)