I no naka no kawazu, taikai o shirazu: So seufzen Japaner manchmal, wenn ihnen jemand verstockt und altmodisch vorkommt. Die deutsche Übersetzung wäre: Der Frosch im Brunnen weiß nichts vom großen Meer. Derzeit springen reihenweise Hersteller aus dem tiefen Brunnen der reinen Benzin- und Dieseltechnik heraus und widmen sich der Elektrifizierung ihrer Modellpalette. So auch Honda. Für Ende 2019/Anfang 2020 ist ein sehr schickes Elektroauto angekündigt, doch den Anfang macht nun die Hybridversion des Honda CR-V. Wir haben Letztere getestet.

Sorry, aber um was geht es denn hier überhaupt?

Der Honda CR-V ist ein Konkurrent des VW Tiguan. Die vierte Generation des Kompakt-SUVs ist 4,60 Meter lang und startete am 20. Oktober. Aber nur als Benziner mit 1,5-Liter-Turbo. Statt eines Diesels (der unter anderem wegen der aktuellen Fahrverbotsdiskussionen gestrichen wurde, aber auch, weil für Euro 6d-Temp ein aufwendiges Adblue-System nötig geworden wäre) bringen die Japaner nun eine Hybridversion. Wohlgemerkt: keinen Plug-in-Hybrid, sondern einen normalen Hybrid ohne Auflademöglichkeit. Der Wagen hat ein technisch interessantes, aber auch ziemlich kompliziertes Hybridsystem, das wir bereits erklärt haben. Doch ein paar zusätzliche Informationen, die ich unter anderem von Hondas Technikkommunikator und „Motorenflüsterer“ Ko Yamamoto erhalten habe, sind schon noch zu ergänzen.

Woraus besteht das Hybridsystem denn so?

Das ist einfach, da gibt es:

  • einen 2,0-Liter-Benziner mit 145 PS,
  • einen Elektromotor mit 184 PS,
  • eine zweite Elektromaschine, die als Generator arbeitet (so nennt man das Dings, das aus mechanischer Motorenergie Strom macht, ähnlich wie ein Dynamo oder eine Kraftwerksturbine)
  • und natürlich einen Lithium-Ionen-Akku.

Auffällig an dieser kleinen Liste ist, dass der Elektromotor stärker als der Benziner ist, es handelt sich sogar um den stärksten E-Motor in einem Hybridmodell. Die 184 PS sind zugleich die maximale Leistung, die das Auto auf die Straße bringt.

Klingt alles ziemlich vertraut ...

Ja, aber die Besonderheit liegt darin, wie die Komponenten zusammenwirken. Da gibt es drei Modi. Der Elektromodus ist einfach zu verstehen, da wird die Energie aus dem Akku für den Antrieb verwendet. Doch bleibt der EV-Modus nur für maximal zwei Kilometer drin, weiter fährt der CR-V Hybrid nicht rein elektrisch, da die Batterie nur ein einziges Kilowattstündchen speichert. Dann gibt es einen reinen Verbrennermodus, in dem die Achsen ausschließlich vom Ottomotor getrieben werden. Auch diese Betriebsart tritt nur gelegentlich mal auf, vor allem zwischen 80 und 120 km/h. In aller Regel fährt der Wagen aber im dritten Modus, dem Hybridmodus. Anders als bei den meisten Hybriden ist dieser Modus aber ein serieller, kein paralleler. Das heißt, hier sind Verbrenner, Generator und Elektromotor in Reihe (eben seriell) geschaltet: Der Motor erzeugt über den Generator elektrische Energie, die dann für den Antrieb verwendet wird.

Heißt das, wenn die kleine Batterie leer ist, dann fahre ich nur noch mit 145 PS?

Das habe ich Yamamoto auch gefragt. Nein, war die Antwort. Erstens wird der Akku nie leergefahren und zweitens kann man ja den Verbrenner hochregeln. In dem Moment, als Yamamoto mir das erklärte, war es mir sonnenklar. Aber jetzt, wo ich drüber nachdenke, klingt es nicht mehr logisch. Der 145 PS starke Verbrenner kann die Batterie nicht mit mehr als 145 PS Leistung laden. Dann können auf Dauer auch nicht mehr als 145 PS rausgehen, oder? Das ist wie bei der Badewanne zu Hause, da kann auf Dauer auch nicht mehr raus- als reinfließen. Aber letztendlich muss man so ein Hybridsystem ja als Autofahrer auch nicht komplett verstehen. Jedenfalls ist der CR-V Hybrid nicht ideal, wenn man damit jeden Tag 500 Kilometer über die Autobahn heizen will, das gibt Honda bereitwillig zu.

Honda CR-V Hybrid 2019
Honda CR-V Hybrid 2019
Honda CR-V Hybrid 2019

Ist dieses serielle Hybridsystem mit seinen vielen Energieumwandlungen nicht furchtbar ineffizient?

Richtig, das ist generell ein Nachteil des seriellen Hybrids. Die Motorenergie wird in elektrische Energie gewandelt, die dann wieder in mechanische Energie zurückgewandelt wird. Der Vorteil ist, dass der Verbrenner schön stationär arbeiten kann, in einem idealen Zustand. Man kann hier Motordrehzahl und Last unabhängig vom Fahrzustand regeln. Außerdem hat der Wagen – und das ist eine weitere Besonderheit – weniger Energieverluste durch das Getriebe. Denn statt des Planetengetriebes, das Toyota bei seinen Hybriden einsetzt, kommt hier eine einstufige Übersetzung zum Zug.

Und der Spritverbrauch?

Honda gibt für den Allradler 5,5 Liter an. Auf meiner Testfahrt mit dieser Version meldete der Bordcomputer zuerst (nach viel Stadt- und Landstraßenverkehr) 5,7 Liter. Das liegt bemerkenswert nahe am Normverbrauch. Am Schluss, nach einer längeren Autobahnetappe (mit maximal Tempo 120, wir waren in Spanien) landete ich bei 6,7 Liter. Im Vergleich zum Benziner, der mit 7,1 Liter/100 km angegeben ist, spart man mit dem Hybrid 1,6 Liter beim Normverbrauch.

Und warum gibt es keine Auflademöglichkeit? Wär das nicht irgendwie … moderner?

Moderner vielleicht, aber was heißt das schon. Es stimmt, die meisten neueren Hybride der deutschen Marken sind Plug-in-Hybride. Also warum entscheidet sich Honda nicht dafür? „Wir wollen die Leute schrittweise an die Elektrifizierung heranführen“, sagt Yamamoto. Und Hondas Marketing-Manager Gerald Heinecke präzisiert: „Wir haben uns den Markt angeguckt, und da sieht man, dass Plug-in-Hybride nicht so gefragt sind, auch wegen des Preises.“ Mit anderen Worten: Ein Plug-in-Hybrid braucht eine größere Batterie, die anderen Komponenten sind etwa gleich, also ist das Plug-in-Auto teurer, und auch die 3.000 Euro Förderung gleichen das nicht aus. Das deckt sich mit Angaben von anderen Herstellern. Kia zum Beispiel verkauft den Niro am besten als Hybrid, weil der günstiger ist als die Plug-in- und erst recht als die Elektroversion. Und Toyota würde es bei den Verkäufen fast nicht merken, wenn es den Prius nicht mehr als Plug-in-Version gäbe, die allermeisten haben die normale Hybridtechnik. Doch verfügbar ist die Plug-in-Technik bei Honda durchaus: In den USA gibt es den Honda Clarity PHEV.

Okay, und wie fährt sich das Auto?

Der Vortrieb des Hybrids ist deutlich besser als beim Benziner, der mir bei meiner Fahrt im Juli etwas schwach vorkam. Dass der Hybrid so viel mehr Schwung bietet, ist auf den ersten Blick erstaunlich, denn die beiden Autos haben fast die gleiche Leistung (184 PS beim Hybrid, 173 PS beim Benziner) und ähnliche Beschleunigungszeiten (9,2 Sekunden beim Benziner mit Frontantrieb und Handschaltung gegenüber 8,8 Sekunden beim Hybrid mit Frontantrieb und der erwähnten einstufigen Übersetzung). Aber der Hybrid bietet mit seinem 315 Newtonmeter starken E-Motor eben deutlich mehr Drehmoment als der 1.5 Turbo mit seinen 220 Nm. Da bewahrheitet es sich eben wieder, das uralte Credo: Drehmoment ist durch nichts zu ersetzen. Ansonsten ist der CR-V ein angenehmes Auto zum Reisen, zum Dahingleiten. Die Akustik ist gut, was heißt: Es bleibt ziemlich leise. Erst als ich genauer hinhöre, fällt mir die etwas ungewohnte Geräuschkulisse auf. Manchmal ist ein Elektro-Surren zu hören wie in Straßenbahn, manchmal erinnert der Sound beim Beschleunigen an den bekannten Gummibandeffekt von CVT-Getrieben. Aber all das wird wohl nur sehr Empfindliche stören. Außerdem ist das Fahrwerk ähnlich gut abgestimmt wie beim Benziner, und die Bedienung des Wagens ist einfach.

Gibt es denn bei der Bedienung Unterschiede?

Ein paar schon. Statt eines Automatikhebels hat der CR-V Hybrid ein Tastensystem, das aber leicht verständlich ist. Die Instrumente sind wie beim Benziner als Display ausgeführt, das Hauptinstrument erinnert ein wenig an eine Küchenwaage, es zeigt an, ob gerade die Batterie geladen wird, oder ob (und wie viel) Leistung in den Vortrieb gesteckt wird. Auch der gerade aktive Modus ist zu erkennen, jedenfalls der Elektro- und der Hybridmodus. Der reine Verbrennermodus ist nicht so leicht zu erkennen, aber der wird ohnehin nicht oft aktiv. Außerdem gibt es noch Tasten für verstärkte Nutzung der Batterie („EV“) und für einen Sportmodus mit maximalen Fahrleistungen. Die Schaltwippen am Lenkrad dienen dazu, die Stärke der Rekuperation in vier Stufen einzustellen – die Unterschiede sind deutlich spürbar.

Honda CR-V Hybrid 2019 Test
Honda CR-V Hybrid 2019 Test
Honda CR-V Hybrid 2019 Test

Gibt es sonst noch Unterschiede zum konventionellen Modell?

Da der Akku unter dem Kofferraumboden liegt, ist der Stauraum kleiner als beim normalen Benziner. Statt 561 bis 1.756 Liter sind es hier nur 497 bis 1.694 Liter. Das ist misslich, da der Kofferraum schon beim Benziner nicht üppig ist, in einen VW Tiguan passt deutlich mehr. Doch ist das Gepäckabteil praktisch eben, weist keine Buckel oder Schwellen auf, und ist so problemlos nutzbar. Wegen der Batterie liegt der Kofferraumboden an der Ladeschwelle etwas höher als weiter vorne, so Yamamoto. Wenn man etwas einladen will, dann rutscht es also leichter hinein, so kann man das positiv umschreiben. Außerdem gibt es den CR-V Hybrid nicht als Siebensitzer, was ich nicht schlimm finde, da mir das Sitzsystem des Siebensitzers ohnehin zu kompliziert erscheint. Ein weiterer Nachteil des Hybrids sind die eingeschränkten Fähigkeiten als Zugfahrzeug. Statt 2.000 gehen hier maximal 750 Kilo. Der Grund ist, dass der Elektromotor bei schwereren Lasten leicht überhitzen würde. Anhängerbesitzer kaufen also besser den Benziner. Ein weiterer Unterschied (und Nachteil) im Vergleich zum Benziner ist natürlich auch der Preis.

Wie viel teurer ist der Hybrid denn? Und rentiert er sich?

Die Basisversion kostet 32.290 Euro. Dafür bekommt man den Fronttriebler in der Ausstattung Comfort. Die entsprechende Version des Benziners kostet rund 3.400 Euro weniger, allerdings mit Handschaltung. Ordert man den Benziner mit CVT-Automatik, zahlt man für den Hybrid nur noch 1.100 Euro mehr. Eine Preisliste werden Sie im Internet noch nicht finden, denn Marktstart ist erst am 16. Februar 2019. Doch die Ausstattungen unterscheiden sich nicht von denen des Benziners. Den Allradler bekommt man ab 36.990 Euro, dann aber in der Ausstattung Elegance. Und zur Frage nach der Rentabilität: Ich schrieb ja, dass der Vortrieb beim Hybrid deutlich besser ist als beim Benziner, insofern ist das ein schräger Vergleich. Aber ja, es kann sich rentieren, 1.100 Euro Preisunterschied beim Auto und 1,6 Liter Ersparnis auf 100 Kilometer, das heißt bei heutigen Spritpreisen von etwa 1,50 Euro, dass sich das Auto nach etwa 45.000 Kilometern rentiert.

Wirklich überzeugend finde ich das nicht. Für wen ist das Auto denn nun geeignet?

Ja, ein reines Geld-Spar-Modell für Schotten und Schwaben ist der Wagen nicht. Und auch sonst ist es nicht für allzu viele Leute geeignet. Der CR-V Hybrid kann für Vierfahrer passen, die keinen Diesel mehr mögen (aus Umweltgründen oder wegen Angst vor Fahrverboten). Allerdings fahren in Deutschland die meisten Vielfahrer auch viel und schnell auf der Autobahn, und da ist der Hybrid nicht optimal. Vielleicht ist er eher ein Auto für Leute, die Spaß an moderner Technik haben und einen Einstieg in die Elektrifizierung suchen, denen aber Elektroautos und auch Plug-in-Hybride noch zu teuer sind (oder weil eine Lademöglichkeit fehlt).

Gibt es vernünftige Alternativen?

Als Hauptkonkurrenten nennt Honda den Toyota RAV4 Hybrid. Bei meinem Test fand ich dessen Vortrieb allerdings nicht so berauschend. Aber die Papierform des 197 PS starken Hybrid-SUVs ist in der Tat ähnlich. Es gibt ihn ab 34.090 Euro, das sind immerhin 1.800 Euro mehr als der CR-V Hybrid kostet. Das gilt für den aktuellen RAV4, aber vielleicht ist die 2019 startende, neue RAV4-Generation ja besser.

Fazit: 7 von 10

+ guter Vortrieb, wankresistentes Fahrwerk, deutlich sparsamer als der (lahmere) Benziner

- etwas geringes Kofferraumvolumen, für Autobahnfahrten weniger geeignet

Bildergalerie: Honda CR-V Hybrid 2019 Test

Honda CR-V Hybrid AWD

Motor Hybridantrieb aus 2,0-Liter-Benziner (145 PS, 175 Nm, Saugrohreinspritzung, Atkinson-Zyklus), Elektro-Fahrmotor (184 PS, 315 Nm), Generator und Akku
Leistung 184 PS
Max. Drehmoment 315 Nm
Batterie Lithium-Ionen-Akku, 1 kWh
Ladeanschluss keiner
Elektrische Reichweite 2 km
Getriebeart einstufige Übersetzung
Antrieb Allradantrieb
Beschleunigung 0-100 km/h 9,2 s
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Verbrauch 5,5 l/100 km (WLTP)
Emission 120 g/km (WLTP)
Länge 4.600 mm
Breite 1.855 mm
Höhe 2.117 mm
Kofferraumvolumen 497 - 1.694 l
Leergewicht 1.672 kg
Zuladung 603 kg
Anhängelast 750 kg (gebremst)
Marktstart 16. Februar 2019
Basispreis 32.290 €