Wenn sich alljährlich im Frühjahr ganz normale Büroangestellte plötzlich in Indianer, Piraten oder Plüschhasen verwandeln, nennt man das Karneval. Wenn einem Van, einem Kombi oder einer Schräghecklimousine plötzlich nach Abenteuer zumute ist, dann verkleidet er sich als SUV. Ein gutes Beispiel ist der Honda CR-V. Wie das genau zu verstehen ist und was die neue Generation des Autos taugt, lesen Sie in diesem Test.

Schon der Name ist eine Art Verkleidung. CR-V steht für „Comfortable Runabout Vehicle“ und bei dem ominösen „Runabout“ handelt es sich um kleine, offene Wagen aus der Frühzeit des Automobils. Der Wagen, um den es hier geht, kommt dagegen erst im Oktober 2018 auf den Markt. Er ist kompakt, aber nicht klein und natürlich auch kein Cabrio. Weltweit ist der CR-V das meistverkaufte SUV – vor allem in den USA ist es ein Renner. Dagegen gehört der Wagen in Deutschland mit rund 5.000 Verkäufen jährlich zu den Exoten. Er basiert auf dem neuen Civic.

Optisch ändert sich bei der der neuen (fünften) Generation des Wagens so wenig, dass man an ein Facelift glauben könnte. Die Länge von 4,60 Meter blieb bis auf fünf Millimeter Unterschied gleich, der Radstand wuchs um gerade mal drei Zentimeter – nicht der Rede wert. Doch es gibt durchaus Neues: Vor allem wird die Motorenpalette umgekrempelt und das Auto wird erstmals auch als Siebensitzer angeboten. Beginnen wir bei den Motoren. Zum Marktstart steht ausschließlich ein 1,5-Liter-Turbobenziner zur Verfügung, der vom Civic bekannt ist.

Kein Diesel mehr im CR-V

Einen Diesel wird es im CR-V nicht mehr geben. Das verwundert, da Honda noch Anfang 2018 bei der Vorstellung des Civic mit Diesel verkündete, der Selbstzünder werde noch gebraucht, der Dieselanteil werde noch im Jahr 2021 über 30 Prozent liegen. Nun hat man sich offensichtlich anders besonnen. Die Dieselquote sinkt, die Fahrleistung der Privatkunden nimmt ab, Honda betreibt kein Flottengeschäft und präferiert die Entwicklung elektrifizierter Varianten, heißt es zur Begründung. Hinzu kommt, wie mir Hondas Technikkommunikator Ko Yamamoto erzählt, noch ein Problem bei der Abgasbehandlung: Hatte man den Diesel im Civic gerade noch mit einem Speicherkat auf Euro 6d-Temp trimmen können, so wäre das beim schwereren CR-V nicht mehr möglich gewesen. Man hätte also ein SCR-System einbauen müssen, was Zusatzkosten für den Kunden bedeutet hätte.

Statt des Diesels kommt Anfang 2019 ein Hybrid. Dabei wird es sich um einen seriellen Hybrid handeln: Der Wagen wird in der Regel elektrisch angetrieben, wobei der Strom von einem Generator und einem Verbrennungsmotor erzeugt wird. Auch ein direkter Antrieb der Achsen durch den Verbrenner wird möglich sein, aber kein Aufladen an der Steckdose – obwohl man technisch leicht einen Plug-in-Hybrid daraus machen könnte, wie mir Yamamoto verrät. Den Hybrid wird es jedenfalls nur als Fünfsitzer geben, da man Platz für die Batterie braucht.

Fürs Erste bleibt nur der Benziner. Der erwähnte 1,5-Liter-Turbo ersetzt den 2,0-Liter-Sauger, was für den Autofahrer mehr PS und mehr Drehmoment bedeutet. Statt 155 PS und 192 Newtonmeter sind es nun (bei der Schaltversion) 173 PS und 220 Newtonmeter. Das klingt nicht schlecht. Doch fährt sich der 1,6 Tonnen schwere Wagen damit reichlich unspektakulär. Man fühlt sich nicht untermotorisiert, aber Faszination oder Fahrspaß stellt sich nicht ein. Hinzu kommt, dass es schon ab 3.000 Touren laut und lauter wird – obwohl Honda das Geräuschniveau verbessert haben will. Immerhin hat der Motor zur Abgasreinigung einen Otto-Partikelfilter und erfüllt so schon die scharfe Norm Euro 6d-Temp. Positiv auch: Die vom Bordcomputer errechneten Verbrauchswerte lagen mit 7,0 bis 7,2 Liter ungewöhnlich nah an den Normwerten von 6,3 bis 7,1 Liter.

CVT statt Neungang-Automatik

Der hoch angebrachte Hebel der Handschaltung bietet schön kurze Wege, hakelt aber etwas. Als Alternative wird nicht die (aus dem CR-V und dem Civic bekannte) Neungang-Automatik, sondern ein CVT angeboten. Das stufenlose Getriebe simuliert sieben Gänge und ermöglicht einen Eingriff über Schaltwippen am Lenkrad. Der vielzitierte Gummibandeffekt von CVT-Getrieben hält sich erfreulich im Hintergrund. Das mag auch daran liegen, dass der Motor der CVT-Version deutlich leistungsstärker ist und sich daher weniger anstrengen muss als beim Schalter. Und es geht nicht nur um eine Kleinigkeit: Die CVT-Variante hat gleich 20 PS und 23 Newtonmeter mehr. Doch bei hohen Drehzahlen wird auch die Automatikversion laut. Was auch nicht so gut funktioniert, ist die Motorbremse: Auf meiner Testfahrt fuhr das Auto einmal bei leichtem Gefälle mit aktiviertem Tempomaten 94 km/h statt der eingestellten 80 km/h.

Wie gehabt gibt es den CR-V als Fronttriebler und als Allradler. Das Allradsystem blieb im Prinzip gleich. Während in der vorletzten Generation noch ein rein hydraulisches System arbeitete, fungiert nun (wie schon in der auslaufenden Version) eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung als Längssperre. Im Prinzip handelt es sich um eine gewöhnliche Haldex-Kupplung, wie sie zum Beispiel auch der VW Tiguan hat. Einzige Neuerung: Die Kupplung kann nun etwas mehr Drehmoment nach hinten übertragen, es sind nun bis zu 60 Prozent. Anders als beim quattro-ultra-Allrad von Audi dreht sich hier die nach hinten führende Welle stets mit. Auch die Hinterachse wird stets (also selbst bei optimalen Straßenverhältnissen) leicht angetrieben – mit etwa fünf Prozent der Kraft. Das führt zwar zu etwas höherem Verbrauch, hat aber laut Yamamoto San den Vorteil, dass die Hinterachse schneller zugeschaltet werden kann – wichtig, wenn das Auto zum Beispiel in der Kurve plötzlich untersteuert.

Das Fahrwerk arbeitet nun mit „amplitudenreaktiven“ Stoßdämpfern von Showa. Diese haben zwei Kolben statt nur einem, und das Hydrauliköl strömt durch verschieden große Öffnungen ein und aus. So reagiert der Dämpfer bei großen Federbewegungen anders als bei geringen. Das hilft auch in der Kurve bei Wankbewegungen, wie mir Yamamoto erklärt. Das Resultat aus Sicht des Autofahrers ist jedenfalls überzeugend: Der CR-V wankt eher wenig, auch der Federungskomfort überzeugt, soweit sich das auf den guten Fahrbahnbelägen in Österreich überprüfen ließ. Auch die Servolenkung arbeitet zufriedenstellend. Erstmals ist die Übersetzung variabel: Je weiter man das Lenkrad dreht, desto größer der Radeinschlag, was das Rangieren vereinfachen müsste. Gespürt habe ich das allerdings nicht wirklich …

Die Sitze bieten akzeptablen Seitenhalt, das heißt: Für normale Anwendungen reicht er aus, auf Serpentinenstrecken nicht. Das Cockpit sieht ordentlich aus. Die neuen Holzimitat-Zierleisten wären nicht mein Fall, aber es dürfte ja auch andere geben.

Das Kapitel Sitze

Ein Extrakapitel wert ist das Sitzsystem. Zum Fünfsitzer – so wird das Auto serienmäßig ausgeliefert – gibt es nicht viel zu sagen, das Sitzsystem ist konventionell. Ein praktisches Detail ist der große Öffnungswinkel der hinteren Türen von fast 90 Grad. Die Bein- und Kopffreiheit hinten ist sehr gut, das Kofferraumvolumen von 561 bis 1.756 Liter ist angesichts der Länge eher gering: Der kürzere VW Tiguan kommt auf 615 bis 1.655 Liter.

Die neue siebensitzige Version ist komplizierter. Sie hat eine längs verschiebbare zweite Reihe. Außerdem lassen sich die Sitze in Reihe zwei nach vorne wickeln (Tumble-Sitzsystem): Zum Einsteigen in die dritte Reihe wird zuerst die Lehne auf die Sitzfläche geklappt und dann das gesamte Teil in die Senkrechte gekippt. Letzteres geht nur, wenn die Bank in der vordersten Position ist. Die Sitzlehne ist wie üblich im Verhältnis zwei zu eins geteilt. Steigt man rechts ein (also hierzulande vom Bürgersteig aus), dann ist man auf der Seite mit dem breiteren Teil der Bank und muss den schwereren Teil der Bank herumwuchten, was zumindest Kindern schwer fallen dürfte. Andersherum wäre es für Deutschland besser, aber Japan hat nun mal Linksverkehr. Insgesamt wäre mir das siebensitzige Sitzsystem zu kompliziert. Außerdem sind die Sitze in der dritten Reihe eigentlich nur für Kinder geeignet. Bei Erwachsenen stehen die Oberschenkel nach oben. Aber vor allem stoße schon ich als 1,75 Meter großer Mann mit dem Kopf an die Decke, und mein Hinterkopf bekommt auf keine Weise Kontakt mit der Kopfstütze – bei einem Heckaufprall wäre das wohl suboptimal. Das Stauvolumen mit sieben benutzbaren Sitzen liegt bei 150 Liter, sind zwei Sitze davon umgeklappt, bleiben 472 Liter, der Maximalwert wurde noch nicht bestimmt, dürfte aber ähnlich liegen wie beim Fünfsitzer (1.756 Liter).

Die Heckklappe lässt sich optional nun auch sensorgesteuert (per „Fußgeste“) öffnen und schließen, die Öffnungshöhe lässt sich einstellen – wichtig für niedrige Garagen. Außerdem gibt es nun auch LED-Scheinwerfer, die sogar serienmäßig an Bord sind. Neu sind zudem ein Head-up-Display (ausfahrende Plexiglasscheibe), eine Lenkradheizung und diverse Assistenzsysteme. Das Sensing-Assistentenpaket ist nun Serie. Dazu gehören Antikollisionssystem, Spurverlassenswarner, aktiver Spurhalteassistent, Abstandstempomat und Verkehrszeichenerkennung.

Schwächen im Detail

Der neue CR-V erlaubt sich einige Schwächen im Detail. So melden Verkehrszeichenerkennung und Navi oft zwei verschiedene Geschwindigkeitsbegrenzungen – dann darf man als Fahrer raten, ob man gerade 60 oder 80 km/h fahren darf. Ebenfalls raten muss der Fahrer, wenn der Beifahrer zum Beispiel die Klimaeinstellungen ändert. Denn dann sieht der Fahrer die Navikarte nicht mehr. Die teilautonome Fahrfunktion (die sich ergibt, wenn man den Abstandstempomaten und den aktiven Spurhalteassistenten aktiviert) funktionierte einmal nicht optimal: Offenbar aufgrund von Schatten und dunklen Regenflecken auf dem Asphalt erkannte das System die Fahrbahnbegrenzungen nicht.

Die Preise für den Honda CR-V werden erst in den nächsten Wochen bekannt gegeben. Sie sollen unter 30.000 Euro beginnen. Günstiger als die alte Basisversion (mit nur 155 PS) für knapp 24.000 Euro wird es wohl auch nicht werden. Der Rest ist Spekulation. Zur Orientierung: Einen VW Tiguan mit 150-PS-Turbobenziner, Handschaltung und Frontantrieb bekommt man ab 28.550 Euro.

Fazit: 6 von 10 Sternen

Der Honda CR-V ist so etwas wie ein Van in SUV-Verkleidung: Er sieht ein wenig nach Abenteuer und Freiheit aus, hat aber eine variable Sitzanlage wie ein Van. Allerdings ist nur der Fünfsitzer empfehlenswert, beim Siebensitzer ist das Umklappen von Reihe zwei zu mühsam und kompliziert. Zu bemängeln sind auch Detailschwächen bei einigen Assistenzsystemen und bei der Ergonomie. Der einzige zum Marktstart verfügbare Motor, der Turbobenziner, ist ausreichend, aber Fahrspaß darf man trotz ansehnlicher Leistungsdaten nicht erwarten. Das Fahrwerk, die beiden Getriebe und die Lenkung gehen dagegen in Ordnung. Zu Preisen und Ausstattung ist mangels Angaben noch nichts zu sagen.


+ variables Sitzsystem, wankresistentes Fahrwerk
- Turbobenziner ohne viel Temperament aber hoher Lautstärke, unpraktische Sitzanlage beim Siebensitzer, ergonomische Schwächen

 

Bildergalerie: Honda CR-V 2018 Test

Honda CR-V 1.5 VTEC FWD Handschaltung Fünfsitzer

Motor Vierzylinder-Turbobenziner, 1.498 ccm, Euro 6d-Temp
Leistung 127 kW /173 PS bei 5.600 U/min
Max. Drehmoment 220 Nm
Getriebeart Sechsgang-Handschaltung
Antrieb Frontantrieb
Beschleunigung 0-100 km/h 9,2 s
Höchstgeschwindigkeit ca. 210 km/h
Verbrauch 6,3 Liter/100 km
Emission 143 g/km
Länge 4.600 mm
Breite 2.117 mm (mit Außenspiegeln)
Höhe 1.679 mm
Kofferraumvolumen 561 - 1.756 l
Leergewicht 1.501 kg
Zuladung 649 kg
Anhängelast 2.000 kg (gebremst)
Marktstart Oktober 2018
Basispreis ca. 30.000 Euro