Der VW Golf Sportsvan tritt ein schwieriges Erbe an: Er löst den ergrauten Golf Plus ab. Der war besonders bei der älteren Kundschaft beliebt, da er eine hohe Sitzposition hat und sich somit schön bequem entern ließ. Doch sowohl sein Mauerblümchen-Aussehen, als auch sein Namenszusatz hielten junge Familien vom Händler fern: ,Plus" erinnert doch schon arg an ,Generation Plus 60" oder irgendeine Nahrungsergänzung mit ,Plus Traubenzucker fürs Gedächtnis". Also hat VW seinem Hochsitz-Golf nicht nur ein neues Ausgehkleid geschneidert, sondern ihm auch einen kernigen Namen verpasst: ,Sportsvan". Im Visier der VW-Marketingstrategen sind nicht nur neue Kunden wie junge Familien, sondern auch Wechselwillige von der Mercedes A- und B-Klasse. Doch man wollte auch die älteren Kunden – im Marketing-Sprech ,Best-Ager" (Leute im besten Alter) genannt – halten.

Sechs Zentimeter höhere Sitzposition
Wie das gelingt, werden in einiger Zeit die Verkaufszahlen zeigen, schließlich entscheidet die Kundschaft. Wir sind der Meinung, dass der hohe Wolfsburger wesentlich schicker geworden ist als sein Plus-Vorgänger. Der Newcomer ist acht Zentimeter länger als der normale Golf und sechs Zentimeter kürzer als der ,klassische" Golf-Van Touran. Plus-Liebhabern sei gesagt: Nach wie vor lässt es sich bequem einsteigen. Man sitzt schön hoch, übrigens zwischen sechs und acht Zentimeter höher als im normalen Golf. Die Rundumsicht ist prima, in den A-Säulen gibt es kleine Zusatzfenster, das verbessert die Sicht beim Kurvenfahren. Die C-Säulen sind ebenfalls schmal gehalten, was das Rückwärtsfahren erleichtert. Was uns sofort auffällt: Im Vergleich zu den anderen Gölfen sitzt der Touchscreen des Multimediasystems weiter oben in der Mittelkonsole. Dadurch lässt er sich besser bedienen und ablesen.

Rückbank 18 Zentimeter längs verschiebbar
Der Fond ist ein geräumiges Abteil. Die Rückbank kann in zwei Teilen um jetzt 18 Zentimeter vor und zurückgeschoben werden, das schafft Passagieren oder Gepäck jeweils mehr Platz. Selbst 1,80-Meter-Menschen können mit viel Kniefreiheit hintereinander sitzen. Nach oben ist soviel Luft, dass der Hut auch auf dem Kopf bleiben kann. Und die Gäste der zweiten Reihe haben sogar die Möglichkeit, die Rücklehnen in der Neigung zu verstellen. Der Stauraum lässt sich in Sekundenschnelle umbauen, indem die Rücklehnen entriegelt und umgeklappt werden, das funktioniert auch vom Kofferraum aus. Ein spezielle Abdeckung eliminiert die Lücke zwischen Gestühl und Kofferraum und lässt eine fast ebene Ladefläche entstehen. Wer bei der Bestellung des Sportsvan 93 Euro draufpackt, kann auch die Lehne des Beifahrersitzes klappen und den vielzitierten Billy von Ikea mitfahren lassen.

Sechs Motoren zum Marktstart
Zum Marktstart werden sechs Motoren angeboten, alle sind aus anderen VWs bekannt. Bei den Ottos sind es der 1.2 TSI mit 85 oder 100 PS beziehungsweise der 1.4 TSI mit 125 oder 150 PS. Als Diesel sind ein 1,6-Liter mit 110 PS und ein 150 PS starker Zweiliter bestellbar. Letzteren haben wir für den ersten Test gewählt, bei uns war er mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe verbunden. Die Maschine arbeitet leise und dezent im Hintergrund. Der Motor empfiehlt sich jenen, die das ,Sport" im Modellnamen etwas wörtlicher nehmen wollen. Vom Start weg gibt es zwar beim Sprint eine Gedenksekunde, aber im dieseltypischen mittleren Drehzahlbereich beschleunigt der Kompaktvan beim leichtesten Antippen des Gaspedal druckvoll. Die Handschaltung in unserem Testwagen ist etwas hakelig, das kennen wir so normalerweise vom Golf nicht. Dafür sind die Fahrleistungen ausreichend: Der Sprint auf Tempo 100 wird in akzeptablen 9,2 Sekunden absolviert, die Spitze liegt bei beachtlichen 212 km/h. Als Verbrauch nennt VW einen Wert von 4,3 Liter, wir haben es beim Ausflug in Südfrankreich laut Bordcomputer immerhin geschafft, eine ,5" vors Komma zu bekommen.

Adaptives Fahrwerk
Der Sportsvan lässt sich je nach Wunsch aus der langen Ausstattungsliste des Golf bestücken, und so findet sich unter den Optionen sowohl die Fahrprofilauswahl, als auch das adaptive Fahrwerkssystem DCC. Per Knopfdruck lässt sich einstellen, ob man komfortabel, sportlich oder ökonomisch reisen möchte. Dann werden unter anderem die Dämpfer, die Lenkung und die Gasannahme entsprechend eingestellt. In einem Individual-Modus kann auch festgelegt werden, welche Parameter sich auf Knopfdruck in welcher Weise ändern sollen. Verspielte Naturen werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Im Komfortmodus bügelt der Unterbau Unebenheiten angenehm sauber weg, dafür wird bei Sport die Wankneigung in schnell gefahrenen Kurven nochmals reduziert – obwohl der Wagen auch in der Normaleinstellung trotz seiner Höhe sehr stabil liegt. Zur Serienausstattung des Sportsvan gehört wie beim Golf die elektronische Differenzialsperre XDS+. Sie bremst in rasant gefahrenen Wegbiegungen die kurveninneren Räder an, in der Folge untersteuert der Wagen weniger.

Neuer Auspark-Assistent
Zu den weiteren praktischen Assistenzsystemen gehört ein neuer Auspark-Assistent. Er warnt beim Herausfahren aus Parklücken vor dem Querverkehr, sogar, wenn nahende Autos noch 40 Meter weit weg sind. Reagieren beide Fahrer nicht auf die Situation, bremst das System auch selbsttätig ab. Dieses neue Feature ist mit dem Spurwechselwarner ,Blind-Spot-Sensor" kombiniert, beides zusammen kostet 360 Euro. Weitere nützliche Fahrer-Unterstützer sind natürlich auch zubuchbar, die Liste reicht vom Abstandstempomaten über einen Fernlichtassistenten und eine Verkehrzeichenerkennung bis zur Multikollisionsbremse – und damit ist die Liste noch nicht zu Ende.

Ab 19.625 Euro
Der Preis des Sportsvan startet bei 19.625 Euro. Wer sich jetzt schon die Hände reibt, muss leider ein wenig eingebremst werden: Für dieses Geld gibt es den 85-PS-Benziner mit Fünfgang-Schaltung in der Ausstattungslinie Trendline. Ohne Radio, aber wenigstens mit Klimaanlage. Die Trendline ist ohnehin nur für die schwächeren Motoren vorgesehen, wer die stärkeren Antriebe will, muss sich für Comfortline oder Highline entscheiden. Der von uns gefahrene 2.0 TDI mit 150 PS und Handschaltung ist ab 28.350 Euro zu haben, die Version mit Sechsgang-DSG knackt die 30.000-Euro-Marke.

Wertung

  • ★★★★★★★★★☆
  • Der Spagat zwischen Familien- und Seniorenautomobil könnte VW mit dem Sportsvan gelingen. Der Neue hat nicht nur einen dynamischeren Namen bekommen, sondern auch einen sportlichen Karosserieschnitt. Geblieben sind die bewährten Eigenschaften wie eine hohe Sitzposition und eine gute Rundumsicht. Der Fond des Sportsvan hat jede Menge Kopf- und Kniefreiheit und lässt sich auch leicht für Transportzwecke umbauen. Mit dem starken Diesel ist das Golf-Derivat bestens für den Alltag gerüstet, die Fahreigenschaften sind, wie von den kompakten Wolfsburgern gewohnt, ausgewogen. Alles in allem hat der hohe VW im Vergleich zum Vorgänger gewonnen. Unserer Meinung nach macht der Plus-Nachfolger einen großen Schritt in die Richtung jüngerer Kunden. Jetzt fehlt nur noch ein rassiges Sahnehäubchen, beispielsweise in Form eines R-Line-Optikpaketes. Wie aus der VW-Marketingabteilung auf Nachfrage zu hören war, ist ein solcher Sport-Nachschlag nicht mal ausgeschlossen. Das spricht für VW: Beim Golf Plus hätte es sowas nicht gegeben.

    + viel Platz im Fond, hohe Sitzposition, gute Rundumsicht, starker Motor
    – Getriebe hakt etwas, Gedenksekunde beim Anfahren

  • Antrieb
    85%
  • Fahrwerk
    90%
  • Karosserie
    90%
  • Kosten
    80%

Preisliste


VW Golf Sportsvan 2.0 TDI 150 PS Comfortline

Grundpreis: 28.350 Euro
Modell Preis in Euro
VW Golf Sportsvan 2.0 TDI 150 PS Highline 30.125
Ausstattungen Preis in Euro
ABS Serie
ESP Serie
ASR Serie
Airbag Fahrer Serie
Airbag Beifahrer Serie
Seitenairbags vorn Serie
Kopfairbags vorn Serie
Seitenairbags hinten 360
Kopfairbags hinten Serie
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. Fensterheber hinten Serie
elektr. verstellbare Außenspiegel Serie
Klimaanlage Serie
Klimaautomatik 370
Zentralverriegelung mit Fernbed. Serie
Automatikgetriebe 1.850 (für Comfortline)
Bildschirmnavigation 2.315 (Discover Pro)
CD-Radio Serie
MP3 Serie
elektr. Schiebedach 1.215
Metalliclackierung 530
Leichtmetallfelgen Serie (16 Zoll)
Sitzhöheneinstellung Serie
Tempomat 230
Lederausstattung 2.015
Xenonlicht 860
Kurvenlicht 1.215 (i.V.m. Xenon)
Nebelscheinwerfer 185
Anhängevorrichtung 845
Blind Spot Sensor mit Ausparkassistent 360
Distanzregelung ACC, Front Assist, City-Notbremsfunktion 585
Parklenkassistent 755
Rückfahrkamera 285
Parkpiepser vorn/hinten Serie
adaptives Fahrwerk DCC inkl. Fahrprofilauswahl 1.000
R-Line Sportpaket (u.a. ca. 15 Millimeter tiefer, Progressivlenkung) 435
Fahrprofilauswahl 121
ergoActive-Sitz mit 14-Wege-Verstellung (nur Fahrer) 600
Beifahrersitzlehne komplett umklappbar 93

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Reihen-Dieselmotor 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 1.968 
Leistung in PS 150 
Leistung in kW 110 
bei U/min 1.750 - 3.000 
Drehmoment in Nm 340 
Antrieb Frontantrieb 
Gänge
Getriebe Schaltgetriebe 
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1.543 
Spurweite hinten in mm 1.514 
Radaufhängung vorn McPherson-Federbeinachse mit unteren Dreiecksquerlenkern 
Radaufhängung hinten Vierlenker-Hinterachse mit getrennter Feder-Dämpfer-Anordnung 
Bremsen vorn Scheiben, innenbelüftet 
Bremsen hinten Scheiben 
Wendekreis in m 11,1 
Lenkung elektromechanische Lenkung mit geschwindigkeitsabhängiger Servounterstützung 
Maße und Gewichte
Länge in mm 4.338 
Breite in mm 1.807 
Höhe in mm 1.578 
Radstand in mm 2.685 
Leergewicht in kg 1.474 
Zuladung in kg 571 
Kofferraumvolumen in Liter 500 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 1.520 
Anhängelast, gebremst in kg 1.800 (8% Steigung) 
Dachlast in kg 75 
Tankinhalt in Liter 50 
Kraftstoffart Diesel 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 212 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 9,2 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 4,4 
EG-Verbrauch innerorts in Liter/100 km 5,1 
EG-Verbrauch außerorts in Liter/100 km 4,0 
CO2-Emission in g/km 115 
Schadstoffklasse Euro 6 

Bildergalerie: Gelungener Spagat?