Er war einer der Helden meiner Jugend, eines der Autos, das alle Petrol Heads in seinen Bann gezogen hat: Der BMW M5 der Baureihe E34. Ab 1988 brachte der M5 E34 die Welt der Sportlimousinen zum Kochen und setzte den Erfolg seines Vorgängers fort. Über 30 Jahre später konnten wir den heutigen Klassiker in Kalifornien nochmal ausgiebig fahren. Ein Genuss!
Der BMW M5 E34 hat einen nicht unerheblichen Anteil an meiner Begeisterung für Autos. In den 1990er Jahren war der M5 eines der begehrlichsten Autos schlechthin. Ich persönlich habe zusätzlich ein ganz besonderes Verhältnis zu diesem Modell. In dieser Zeit - gerade Führerschein gemacht - fuhr ich einen Toyota Corolla Coupé AE 86.
Ziemlich selten und ziemlich schnell, dachte ich zumindest und fühlte mich in der Clique, wo fast alle einen Golf GTI fuhren, wie der King. Bis Ilja kam. Ilja, den ich beim Zivildienst kennenlernte, war ein noch größerer Petrol-Head als ich und fuhr einen M5. Einen neuen M5! Wahnsinn... Dieses Auto habe ich in der Folge ziemlich gut kennengelernt.
Bildergalerie: BMW M5 E34 Fahrbericht
Jugendheld neu erlebt
315 PS waren damals einfach spektakulär und der M5 war nicht nur unter BMW-Fans schnell eine Ikone. Und das ist er heute noch! Im Rahmen der Präsentation des neuen BMW M5 Touring in Pebble Beach hatte ich die Gelegenheit, den Urahn M5 E34 zu einer kleinen Ausfahrt zu entführen.
Nachdem der E28 den M5-Stammbaum begründete, vollzog BMW mit dem E34 M5 den Schritt zum großen Erfolg. Der zuvor 286 PS leistende Sechszylinder aus dem Sportwagen M1 erstarkte zunächst auf 315 PS und später sogar auf 340 Pferdestärken. Mein frühes Modell hat noch die erste Variante.
Die 1990er - Pragmatismus pur!
Schon beim Einsteigen empfängt mich die Nüchternheit der Cockpits der 1990er Jahre. Sachliche Ergonomie dominiert, Luxus sucht man vergeblich. Nur die Lederausstattung bringt ein wenig Glamour in den grauen Innenraum. Funktional allerdings ist der E34 seinen heutigen Nachfahren haushoch überlegen. Alles sitzt dort, wo man es vermutet. Dieses Modell ist übrigens ein deutscher Reimport, weshalb das in Amerika nicht funktionierende Radio ausgebaut wurde. Exklusiv im M5: Die Rücksitzbank mit Einzelsitzen, wodurch die Limousine zum Viersitzer mutiert.
Die Sitzposition ist BMW-typisch sportlich tief und gut integriert. Nur das riesige Airbaglenkrad fällt etwas aus dem sportlichen Rahmen. Allerdings fällt sofort auf, wie groß die Autos heute geworden sind. Im E34 - immerhin eine Oberklasse-Limousine - sitzt man sehr nah bei der Tür und hat ziemlich wenig Bewegungsspielraum. Kein Vergleich zu heutigen Autos dieser Klasse.
Traummotor
Nach dem Starten lausche ich andächtig dem 3,6 Liter großen Reihensechszylinder mit seinen Einzeldrosselklappen, der völlig unverfälscht und natürlich seine Klänge in den Innenraum schickt. Satt und geschmeidig klingt er, nach viel Kraft und Gelassenheit. Auch beim Fahren ist es zunächst der Klang, der Gänsehaut erzeugt. Vor allem, weil ich weiß, dass man hier keinen über Lautsprecher eingespielten Tönen oder durch Resonanzkörper verstärkten Klängen lauscht, sondern einfach nur der Mechanik und dem Auspuff.
Das Fünfganggetriebe meines nur gut 1.000 Kilometer alten Fahrzeugs schaltet sich butterweich und trotzdem knackig. Typisch BMW der 1990er Jahre eben. Die Kupplung kommt sahnig und es geht gut voran. Wenn man mit dem E34 M5 unterwegs ist, wird einem mal wieder klar, worauf sich der Erfolg der M GmbH einst begründet hat: Sehnige, leichte Autos mit tollen, sportlichen Motoren und knackigen Fahrwerken ohne jeden Schischi.
Freude am Fahren eben, und nichts weiter. Werte, von denen sich heutige Sportlimos - nicht nur von BMW - doch deutlich entfernt haben. Der M5 E34 wiegt 1.670 Kilogramm, das sind 850 kg (!) weniger als das gerade präsentierte Modell...
Leistung muss erarbeitet werden
Auch die Leistungsentfaltung ist wie aus einer anderen (besseren?) Welt. So wird mir beim E34 die Motorleistung nicht wie heute kübelweise vor die Füße gekippt, sondern ich muss sie mir Umdrehung für Umdrehung genüsslich erarbeiten. Wie 315 PS fühlt sich das mangels allseits gewohntem Turboschub nicht an und bei der Auffahrt zur Rennstrecke Laguna Seca samt steilem Anstieg geht dem M5 auch schon mal bei Vollgas die Puste aus, ohne dass ich schneller werde. Mit heutigen Motoren in dieser Klasse undenkbar.
Stört aber nicht wirklich. Der S38B36-Motor ist zwar recht elastisch, benötigt aber doch einige Drehzahl. Aber gerade diese sportliche Charakteristik macht viel Spaß. Bei 4.000/min kickt die Maschine nochmal ordentlich rein und erst bei knapp 7.000/min mahnt der rote Bereich, doch mal den nächsten Gang einzuwerfen. All das bekomme ich ungefiltert und als echte Hand- bzw. Fußarbeit serviert. Nichts trennt Fahrer und Maschine. Man ist direkt verbunden, ohne dass irgendwelche Computer irgendwelche Entscheidungen treffen und ist jederzeit selbst verantwortlich. Ungewohnt, aber geil!
Das Getriebe ist gefühlt ellenlang übersetzt. Kein Wunder, muss es die 250 km/h Höchstgeschwindigkeit doch mit nur fünf Gängen statt wie heute acht, neun oder sogar zehn Stufen erreichen. Umso mehr Zeit bleibt, dem sahnigen Durcheilen der Drehzahlleiter zu horchen. Immer und immer wieder, weil's so schön ist...
Nach der Probefahrt steige ich wieder in den BMW XM, den ich hier vor Ort nutzen darf. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Hier wird die Entwicklung der letzten 30 Jahre deutlich, in allen (positiven und negativen) Aspekten. Auch wenn ich den Komfort und die Perfektion der heutigen Produkte durchaus genießen kann, bleibt mir persönlich der BMW M5 E34 als Fahrmaschine im wörtlichsten Sinne sicher noch lange im Kopf.