Was ist das?
Wenn Sie ein Mensch sind, der sich halbwegs für Fahrdynamik interessiert, werden Sie mit folgender These vermutlich sehr einverstanden sein: Es gibt wenig bis gar nichts, was das Herz und die Mundwinkel mehr hüpfen lässt, als ein Porsche 718 mit dem frei saugenden Vierliter-Sechszylinder-Boxer in seiner Mitte. In der Preisklasse unter 100.000 Euro schon gleich dreimal nicht.
Das gilt für die neuen Boxster und Cayman GTS 4.0 und für die Hardcore-Fraktion um Spyder beziehungsweise GT4 sogar noch ein bisschen mehr. Mit Kritik an diesem vorzüglichen Gaudiburschen-Quartett ist es allgemein eher schwierig. Der einzige Mini-Malus, der immer wieder mal für ein paar hitzige Fan-Debatten sorgt, ist die elendig lange Übersetzung des ansonsten direkt von Gott gesandten 6-Gang-Schaltgetriebes.


Außerdem wäre die Fraktion, die ihre Zuffenhausener Mittelmotor-Feilen hauptsächlich über abgesperrte Strecken jagt, schon auch ganz glücklich, wenn sie nicht mehr kuppeln und dafür einfach am Lenkrad-Paddle zupfen dürfte. So wie es im GT4 Clubsport-Rennwagen ja schon lange Usus ist.
Aber Porsche wäre nicht Porsche, wenn man nicht auch dafür eine Lösung finden würde. Selbige präsentiert sich nun in Form einer neuen 7-Gang-Doppelkupplung. "Einfacher schneller" könnte das Motto hier lauten. Schließlich fahren sich so eine Nordschleife oder ein quirliger Alpenpass doch wesentlich müheloser, wenn man nicht ständig die rechte Klebe vom Volant nehmen muss. Und was man natürlich auch gerne mitnimmt: Die Fahrleistungen verbessern sich. Signifikant, wie folgende Tabelle verdeutlicht.
Modell | Cayman GT4 | Cayman GT4 PDK | Cayman GTS 4.0 | Cayman GTS 4.0 PDK |
Leistung | 420 PS | 420 PS | 400 PS | 400 PS |
Drehmoment | 420 Nm | 430 Nm | 420 Nm | 430 Nm |
Gewicht | 1.420 kg | 1.450 kg | 1.405 kg | 1.435 kg |
0-100 km/h | 4,4 Sek. | 3,9 Sek. | 4,5 Sek. | 4,0 Sek |
0-200 km/h | 13,8 Sek. | 13,4 Sek. | 14,1 Sek. | 13,7 Sek. |
VMax | 304 km/h | 302 km/h | 293 km/h | 288 km/h |
Was ändert sich sonst?
Äußerlich rein gar nichts. Innen wartet nun halt anstatt eines kleinen Alcantara-Schaltknaufs der PDK-Wählhebel aus dem GT3. In GT4 und Spyder können Sie die Schalt-Aggressivität per PDK-Sport-Taste auf der Mittelkonsole variieren. In den GTS-Modellen hängt die Arbeitsweise der Doppelkupplung von den Modi Normal, Sport und Sport Plus ab, die Sie am Lenkrad einstellen können.
Desweiteren sind die Varianten mit PDK durch die Bank 30 Kilo schwerer, verbrauchen aber trotzdem im Schnitt 0,7 bis 1,2 Liter weniger. Beim GTS 4.0 etwa sinkt der Normverbrauch von 10,8 auf 9,6 Liter.

Ich bin mir sicher, ein paar Nerd-Facts können in diesem Zusammenhang auch nicht schaden, also bitteschön:
- Mit dem neuen PDK hält auch das Zweimassenschwungrad aus dem GT4 Clubsport Einzug
- Das Übersetzungsverhältnis bleibt identisch zu dem des Handschalters, allerdings sind die Gänge 1-5 kürzer abgestimmt
- Bei Spyder und GT4 erhöhen sich durch das PDK die Sperrwerte der Hinterachssperre, was die Traktion erhöht. Im Zug- und Schubbetrieb werden nun Sperrwerte von 30 und 37 Prozent erreicht (Schaltgetriebe 22 und 27 Prozent)
Wie fährt es?
Ja mei, die allgemeinen Fähigkeiten sind jetzt durch den Verbau einer absolut famosen Doppelkupplung natürlich nicht unbedingt schlechter geworden. Auf dem teils recht hinterlistigen Handlingkurs, den Porsche sich selbst in die Mitte des Hockenheimrings gezimmert hat, fühlt sich der GT4 PDK sofort noch wacher und lebendiger an.
Die kürzere Übersetzung wirkt gerade in den Gängen 2,3 und 4 wahre Wunder. Das Auto kommt deutlich besser aus dem Knick und spendet tatsächlich noch mehr Vertrauen, einfach, weil man sich jetzt komplett auf die Strecke fokussieren kann.


Die Gangwechsel selbst sind ganz PDK-like völlig verzögerungsfrei, pfurztrocken und auch bei mehrfachem Runterschalten vor der Kurve zuverlässiger als ein japanischer Schnellzug. Das Ganze funktioniert sogar einwandfrei, wenn Sie selber gar keine Lust auf Schalten haben. Selbst wenn Sie das Auto am Limit bewegen, werden Sie sich denken: "Früher/später/anders hätt' ich das jetzt eigentlich auch nicht gemacht."
Was ist mit dem GTS 4.0?
Für alles, was das Doppelkupplungsgetriebe betrifft - siehe oben. Ein sehr schöner Erkenntnisgewinn war es aber, den GTS mal Kopf an Kopf mit seinem Hardcore-Bruder GT4 zu fahren.
Er ist definitiv der Weichere, Fließendere. Der mit den lässigeren Bewegungen. Sie werden es auf dem etwas knautschigeren Bremspedal merken und daran, dass er im Aufbau etwas legerer gelagert ist als der ultradirekte Profi-Jäger GT4 mit seinem GT3-Fahrwerk und der radikalen Aerodynamik.
Bildergalerie: Porsche 718 Boxster GTS 4.0 (2021) und Porsche 718 Cayman GTS 4.0 (2021) im Test
All das hat seinen ganz eigenen Charme. Jede Menge davon sogar. Vom Antrieb her nehmen sich die beiden ja ohnehin (fast) nichts. Aber er ist der Spieler, das Schlitzohr. Schlenzt mit seinen schmaleren 265er-Hinterreifen auch lieber und einfacher mal seitlich rutschend ums Eck als der traktionsverbissene GT-Bruder, darf sich mehr bewegen, sich früher mitteilen.
Bleibt nur die Frage, ob bei einem derartigen Genuss-Auto, der Handschalter nicht die bessere Alternative ist?
Es musste noch ein "aber" kommen ...
Es ist in diesem Zusammenhang leider unvermeidlich. Und es gilt gewissermaßen für alle 718er mit Sechszylinder. So effektiv und sauschnell das PDK auch zu Werke geht, so sehr es das Fahren auch vereinfacht und professionalisiert, es raubt diesen herrlich analogen Raubeinen dann doch einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Seele.
Bildergalerie: Porsche 718 Spyder (2021) im Test
Dem armen PDK selbst kann man das gar nicht in die Schuhe schieben. Es kann ja nichts dafür, dass es gegen das derzeit wohl weltbeste Schaltgetriebe konkurriert. Und so ist es einfach das allerletzte Bisschen Verzahnung zwischen Mensch und Maschine, das Erlebnis des völligen Eingebundenseins, das drei Pedale und ein Stock in diesem Fall noch immer besser vermitteln.
Fazit: 9/10
Für die Kundschaft ist die Erweiterung um ein Doppelkupplungsgetriebe ein großes Glück. Einen richtigen Fehler kann man bei der Entscheidung zwischen PDK und Handschalter in den Top-718ern nämlich nicht machen.
Für mich persönlich bleibt die manuelle 6-Gang-Box aus emotionalen Gründen erste Wahl. Wer häufig Rennstrecke fährt und/oder die Glorifizierung des Schaltgetriebes für eine Spinnerei ewig gestriger Hardcore-Enthusiasten hält, der bekommt hier aber zweifelsfrei den Cayman/Boxster seiner Träume. Seien Sie sich aber bewusst - und das hat mich auch völlig überrascht - dass der GT4 mit PDK auf der Nordschleife und diversen anderen Rennstrecken laut Porsche keinen Deut schneller ist als ohne.
Unabhängig von der Getriebewahl bleiben diese Vier das vermutlich emotionalste, ganz sicher aber das kompletteste Paket im Segment. Bleibt nur zu hoffen, dass es einen solchen Schlag von Autos noch eine ganze Weile geben wird.
Bildergalerie: Porsche 718 Cayman GT4 (2021) im Test
Technische Daten Porsche 718 Cayman GT4 PDK