Es war einmal ein Kapselheber: Stolz hoben die VW-Designer das unscheinbare Kleinteil im Jahr 2003 ins Scheinwerferlicht, als sie uns den Golf V präsentierten. Die Gestalter strahlten, als sie zeigen konnten, wie geschickt sie den Flaschenöffner in die Konsole zwischen den Sitzen integriert hatten. Nach nur fünf Jahren lud VW erneut ein zu Fahrversuchen – mit dem Nachfolger Golf VI. Wir waren gespannt, ob die VW-Künstler ihren rührenden Spleen noch verfeinert haben, und haben freudig zugesagt. Auf unserer Testfahrt im 1.4 TSI mit 160 PS haben wir für Sie herausgefunden, was die im Oktober 2008 startende neue Generation taugt.

Kaum veränderte Karosserie
Zunächst die Karosserie: Von den Daten her ist sie kaum vom Vorgänger zu unterscheiden: 4,20 Meter lang, 1,78 Meter breit und 1,48 Meter hoch – hier hat sich fast nichts verändert. Seltsam, denn meist verändern sich bei einer neuen Generation auch die Maße. Hier aber blieb sogar der Radstand gleich. Damit nicht genug: Selbst die Kofferraummaße von 350 bis 1.305 Liter sind wie aus dem Datenblatt des Golf V abgeschrieben. Ist das wirklich mehr als ein Facelift? Nun, wer sich den Golf VI ansieht, erkennt sofort die Veränderungen: Die Blechhaut ist nun stärker dreidimensional gestaltet. Damit folgt man dem Trend zur Sicke, den man etwa auch beim neuen Seat Ibiza oder dem Ford Fiesta erkennt. Das Ergebnis aus Wolfsburg kann sich im neuen Gewand sehen lassen. Die VW-Designer haben hier dankenswerter Weise nicht übertrieben, und der neue Golf ist als solcher erkennbar geblieben.

Am Anfang sechs Motoren
Zweiter Punkt: die Motoren. Zum Marktstart gibt es zwei Diesel und vier Benziner, die allesamt die Euro-5-Norm erfüllen. Bei den Selbstzündern werden die Pumpe-Düse-Einspritzer abgelöst durch Common-Rail-Motoren. Zu Anfang gibt es Versionen mit 110 und 140 PS, später soll noch ein Aggregat mit 170 PS folgen. Die ursprünglich angekündigte 90-PS-Variante wird es in Deutschland nicht geben.

1.6 TDI kommt schon bald
Obwohl es sich bei den neuen Dieseln noch um hubraumstarke Zweiliter-Motoren handelt, sind die Verbräuche gesunken. So liegt der schwächere Diesel mit 4,5 Liter auf dem Niveau der alten Sparversion BlueMotion. Noch sparsamer wird die neue BlueMotion-Version mit einem 105 PS starken 1.6 TDI, die wohl im Frühjahr 2009 starten wird. Auch der stärkere Selbstzünder mit 140 PS verdient mit seinen 4,9 Liter Lob, auch wenn BMW hier vorne liegt – der etwa gleich starke 118d braucht nur 4,5 Liter.

Zwei Saugrohr-Benzineinspritzer und zwei TSI
Bei den Benzinern gibt es neben den bekannten Saugrohreinspritzern mit 1,4 Liter Hubraum und 80 PS sowie dem 102 PS starken 1,6-Liter den bekannten Direkteinspritzer 1.4 TSI in zwei Versionen: mit Turbolader und 122 PS sowie mit Kompressor und Turbo und 160 PS. Die Verbräuche liegen hier im Konkurrenzvergleich unterschiedlich gut. Während der Basismotor mit 6,4 Liter im Mittelfeld liegt, schneidet der 1,6-Liter-Zweiventiler mit 7,1 Liter Verbrauch schlecht ab. Schmücken kann sich VW aber wieder mit den beiden TSI, die 6,2 und 6,3 Liter benötigen. Gegenüber der noch sparsameren Konkurrenz von BMW haben sie den Vorteil der Aufladung und dementsprechend viel Drehmoment.

1.4 TSI mit 160 PS
Der von uns gefahrene 160-PS-TSI ist zwar zehn PS schwächer als im alten Golf, doch hat das Auto damit immer noch mehr als genug Kraft. Schon ab 1.500 Touren dreht das Aggregat gewaltig auf. Das Maximaldrehmoment von 240 Newtonmeter liegt in einem breiten Drehzahlbereich an: von 1.500 bis 4.500 U/min. Während die meisten Golf-Modelle serienmäßig mit Fünf- oder Sechsgang-Schaltbox ausgerüstet werden, wird der große TSI zum Marktstart ausschließlich mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe kombiniert.

Nicht alle DSG-Versionen sparen
Der Verbrauch wird hier durch einen Gang mehr sowie die Sprit sparenden Trockenkupplungen gesenkt. So verbraucht die DSG-Version nur 6,0 Liter, während der angekündigte Sechsgang-Handschalter 6,3 Liter braucht. Bei den noch drehmomentstärkeren Aggregaten wie dem 2.0 TDI mit 140 PS und 320 Newtonmeter ist VW auf das Nasskupplungs-DSG mit sechs Gängen angewiesen. Nachteil: Hier braucht die DSG-Version mit 5,4 Liter deutlich mehr als der Sechsgang-Schalter mit 4,9 Liter Verbrauch.

Leiser – nicht nur durch die Motoren
Die Ablösung der Pumpe-Düse-Aggregate durch leisere Common-Rail-Diesel tut einiges zur Verbesserung des Geräuschkomforts. Doch noch leiser ist unser 1.4 TSI. Hier muss man schon aufpassen, dass man den Anlasser nicht zweimal betätigt, so geräuscharm bleibt es im Interieur. Dafür ist aber neben dem Motor auch die Geräuschdämmung verantwortlich. Hier hat sich wirklich etwas getan: Eine spezielle Schallschutzfolie in der Frontscheibe dämmt Geräusche ebenso ab wie die dickeren Seitenscheiben und verbesserte Gummidichtungen an Türen und Fenstern. Außerdem sorgen anders geformte Außenspiegel für weniger Windgeräusche. Leiser abrollende Serienreifen und neue Motorlager tun das ihrige zur aeroakustischen Erfolgsstory.

Fahrwerk: Wie gehabt, aber optional mit DCC
In puncto Fahrwerk gibt es beim Basis-Golf wenig Neues. Nach wie vor besitzt das Auto vorne eine McPherson-Federbeinachse und hinten eine Vierlenkerachse sowie Querstabilisatoren vorn und hinten. Optional gibt es jedoch nun das aus dem Scirocco bekannte DCC-Fahrwerk mit automatisch geregelten Stoßdämpfern.

DCC-Modi Normal, Comfort und Sport
Unser mit DCC ausgestatteter und deshalb einen Zentimeter tiefer als der Serien-Golf liegende Testwagen fühlte sich auf den kurvenarmen Straßen Islands straff an. Dabei gibt es fühlbare Unterschiede zwischen den drei DCC-Einstellmodi Normal, Comfort und Sport. Während die Differenzen bei kurzen Stößen, wie man sie auf Wellblechpisten findet, kaum zu spüren ist, nimmt man sie bei längeren Wellen deutlich wahr. Auf den wenig kurvigen Teststrecken empfanden wir den Comfort-Modus am angenehmsten; auch er ist noch straff genug, um den Golf nie schwammig erscheinen zu lassen. Das DCC ist durchaus von Vorteil, doch den Aufpreis von 925 Euro würden wir lieber in andere Komfortextras stecken wie etwa einen USB-Anschluss fürs Audiosystem oder anklappbare Außenspiegel oder aber Scheibenwischer- und Lichtautomatik.

Edler gewordenes Cockpit
Im Innenraum gibt es ein neues Lenkrad sowie neue Instrumente, die nun wie beim Passat CC in tiefen Röhren liegen. Außerdem sind sie nun weiß hinterleuchtet. Und schon beim Trendline werden sie ebenso wie die Luftausströmer durch edle Chromringe hervorgehoben. Die Horizontalleisten sind ausstattungsabhängig: Im Comfortline-Golf sind sie im Carbonlook gehalten, beim Highline sehen sie aus wie gebürstetes Aluminium, während wir den Trendline nicht zu Gesicht bekommen haben. An der Mittelkonsole fehlen die hilfreichen ,Oh-shit-Handles" des Golf V, also jene griffartigen Streben, an denen sich ängstliche Beifahrer bei allzu gewagten Fahrmanövern des Piloten festkrallen konnte – nein, ernsthaft: Ein Verlust ist das natürlich nicht. Eine andere Marginalie ist, dass die Fensterheber-Bedienelemente nun auf einer diagonalen Leiste statt horizontal angeordnet sind. Die Sitze gewähren ordentlichen Seitenhalt, und zwar besonders bei den im Highline serienmäßigen Sportsitzen. Im Großen und Ganzen ist der Golf innen in der Tat edler geworden.

Sitzumklappen immer noch unzulänglich
Auch im Fond können sich Insassen wohl fühlen. Wie im Vorgänger ist ausreichend Platz für Erwachsenenknie, und selbst Lange haben genug Kopffreiheit. Der Kofferraum fasst wie erwähnt 350 bis 1.305 Liter – ein Wert, mit dem man leben kann. Schade allerdings, dass VW das Sitz-Umlege-System nicht geändert hat. Nach wie vor lässt sich das Rücksitzpolster nicht umklappen, so dass eine störende Schwelle im Laderaum bleibt. Besser gelöst ist das beispielsweise in der fünftürigen Version des Kia Cee'd. Einen Fortschritt stellen aber die neuen Haken an den Seitenwänden dar, mit deren Hilfe man Einkaufstüten an der ungewollten Entleerung hindern kann. Auch die niedrige Ladekante, die gerade im Vergleich zum Scirocco lobenswerte kleine Ladeschwelle und die weit öffnende Heckklappe versöhnen wieder etwas mit dem Kofferraum.

Trendline, Comfortline und Highline
Den Golf gibt es ab einem Einstiegspreis von 16.500 Euro. Damit ist er nur 200 Euro teurer als der Vorgänger, aber die Konkurrenz aus Fernost ist weiterhin preislich attraktiver: Einen Kia Cee'd mit mehr PS und besserer Ausstattung gibt es schon für 2.000 Euro weniger. Für den VW-Basispreis bekommt man den 80 PS starken Benziner in der Trendline-Ausstattung. Er ist mit elektrisch einstell- und beheizbaren Außenspiegeln, elektrischen Fensterhebern vorn, einer fernbedienbaren Zentralverriegelung sowie erstmals einer Klimaanlage ausgerüstet. Für die Sicherheit sorgen ein ESP, ein Bremsassistent, sieben Airbags und erstmals vordere Kopfstützen mit Schleudertrauma-Schutz (Whiplash-optimierte Kopfstützen oder WOKS). Optional lässt sich die Sicherheitsausstattung durch Seitenairbags für den Fond ergänzen. In Kombination damit gibt es erstmals im Golf eine Anschnallerinnerung für die hinteren Sitzplätze. Über dem Golf Trendline rangiert die Ausstattung Comfortline mit Komfortsitzen, elektronischer Einparkhilfe und CD-Radio. Schließlich gibt es noch die Version Highline mit Alurädern, Nebelscheinwerfern inklusive Abbiegelicht, Sportsitzen, Sitzheizung vorne und Klimaautomatik.

160-PS-TSI ab knapp 24.000 Euro
Den 160 PS starken1.4 TSI mit DSG gibt es als Comfortline für 23.975 Euro und als Highline für 25.225 Euro. Wie zu erwarten, ist die Premiumkonkurrenz aus München nach wie vor teurer als ein VW. Der BMW 120i ohne Aufladung, aber mit 170 PS und Steptronic kostet bereits 27.800 Euro. Besser vergleichbar ist ein kompaktes Turbomodell vom Rüsselsheimer Erzkonkurrenten: Den Opel Astra GTC 1.6 Turbo Sport mit 180 PS gibt es ab 24.105 Euro. Weitere aufgeladene Optionen wären der Fiat Bravo 1.4 T-Jet mit 150 PS und einem Basispreis von 20.600 Euro oder der gleich starke Peugeot 308 150 THP ab 20.750 Euro. Diese Fahrzeuge sind auch deshalb deutlich günstiger als unser VW, weil es Handschalter sind – ein dem DSG vergleichbares Getriebe gibt es hier nicht. Die später startende Schaltversion unseres 1.4 TSI dürfte etwa 1.700 Euro günstiger sein, womit sich der Abstand schon etwas verringert.

Wertung

  • ★★★★★★★★★☆
  • Der beim Golf V so gelobte Kapselheber stand auch bei der Präsentation des Nachfolgers im Mittelpunkt. Golf-Designer Klaus Bischoff hielt das Ding wieder voller Stolz in die Höhe. Einzige Änderung: Das Utensil bekam einen Plastiküberzug, so dass nichts klappern kann! Ein Detail, symptomatisch für die Änderungen am neuen Golf. Getreu der Maxime ,Never change a winning team" hat VW wenig am jahrelangen Bestseller geändert. Die sechste – oder soll man sagen die fünfeinhalbte? – Generation ist zwar auf Anhieb an der gelungenen neuen Blechhülle zu erkennen. Aber technisch hat sich nicht allzu viel getan. Zumindest war der Schritt von Generation vier zu fünf größer. Bei den Motoren gibt es die Abkehr vom Pumpe-Düse-Diesel. Allgemein wurde der Golf sparsamer. Zwar verbrauchen die Modelle mehr als entsprechende BMW 1er, doch dafür gibt es bei VW aufgeladene Benziner, die mehr Freude am Fahren bereiten als die BMW-Sauger.

    Beim Fahrwerk ist lediglich das optionale DCC neu, und das werden wohl nur die wenigsten Golf-Kunden ordern. Die Stoßdämpfereinstellung mag ein sinnvolles Extra für den GTI oder den R32 sein, aber nicht für den Normalkunden. Der wird sich mehr über die nach wie vor suboptimale Nutzbarkeit des Kofferraums ärgern. Die verbesserte Akustik und der noch edlere Innenraum sind echte Vorteile – dies waren ja auch die Schwerpunkte, die VW bei der Konzeption des neuen Golf gesetzt hat. Ob diese Änderungen die Bezeichnung ,neue Golf-Generation" rechtfertigen, mag jeder selbst entscheiden. Es ist auch letztlich sekundär, denn insgesamt ist der Golf nach wie vor ein gutes Auto – das nochmals verbessert wurde.

  • Antrieb
    90%
    drehmomentstarker TSI-Motor
    verbraucht etwas mehr als gleich starker BMW 1er
  • Fahrwerk
    90%
    straffes DCC-Fahrwerk
    DCC mit hohem Aufpreis, aber nur moderatem Nutzen
  • Karosserie
    80%
    schicke Karosserie
    Laderaum wird beim Umklappen nicht eben
  • Kosten
    80%
    kaum teurer als bisher
    Kia & Co sind nach wie vor preislich attraktiver

Preisliste


VW Golf 1.4 TSI (160 PS) DSG Comfortline

Grundpreis: 23.975 Euro
Ausstattungen Preis in Euro
ABS Serie, mit Bremsassistent
ESP Serie, mit Gegenlenkunterstützung und Gespannstabilisierung
ASR Serie
Airbag Fahrer Serie
Airbag Beifahrer Serie (deaktivierbar)
Seitenairbags vorn Serie
Kopfairbags vorn Serie (durchgehend für vorn und hinten)
Seitenairbags hinten 330 (incl. Gurtstraffer hinten)
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. verstellbare Außenspiegel Serie (beheizbar)
Klimaanlage Serie
Klimaautomatik 340
Zentralverriegelung mit Fernbed. Serie
Bildschirmnavigation 2.110 (RNS 510)
CD-Radio Serie, incl. MP3-Funktion (RCD 210)
elektr. Schiebedach 855
Metalliclackierung 480
Leichtmetallfelgen ab 225
Sitzhöheneinstellung Serie (Vordersitze)
Tempomat 195
Lederausstattung 2.125
Xenonlicht -
Nebelscheinwerfer 175 (incl. Kurvenlicht)
fünf Türen 750
fünf Türen incl. Fensterheber hinten 945
adaptive Fahrwerksregelung DCC 925
elektronische Einparkhilfe vorn und hinten Serie
Parklenkassistent incl. elektron. Einparkhilfe 103
Berganfahrassistent Serie
Lenkrad höhen- und längseinstellbar Serie
Licht- und Scheibenwischerautomatik 165
USB-Anschluss 165
Abstandstempomat ACC ca. 1.150 (erst ab Ende 2009 verfügbar, Preis steht noch nicht fest)

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Otto-Reihenmotor mit Kompressor und Turbolader 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 1.390 
Leistung in PS 160 
Leistung in kW 118 
bei U/min 1.500-4.500 
Drehmoment in Nm 240 
Antrieb Frontantrieb 
Gänge
Getriebe Doppelkupplungsgetriebe 
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1.540 
Spurweite hinten in mm 1.513 
Radaufhängung vorn McPherson-Federbeinachse mit unteren Dreiecksquerlenkern, Querstabilisator 
Radaufhängung hinten Vierlenkerachse, Querstabilisator 
Bremsen vorn Scheiben, innenbelüftet 
Bremsen hinten Scheiben 
Wendekreis in m 10,9 
Räder, Reifen vorn 6 1/2 J x 16, Reifen 205/55 R 16 V 
Räder, Reifen hinten 6 1/2 J x 16, Reifen 205/55 R 16 V 
Lenkung elektromechanische Servolenkung 
Maße und Gewichte
Länge in mm 4.199 
Breite in mm 1.779 
Höhe in mm 1.479 
Radstand in mm 2.578 
Leergewicht in kg 1.286 
Zuladung in kg 574 
Kofferraumvolumen in Liter 350 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 1.305 
Anhängelast, gebremst in kg 1.400 
Dachlast in kg 75 
Tankinhalt in Liter 55 
Kraftstoffart Super 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 220 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 8,0 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 6,0 
EG-Verbrauch innerorts in Liter/100 km 7,5 
EG-Verbrauch außerorts in Liter/100 km 5,2 
CO2-Emission in g/km 139 
Schadstoffklasse Euro 5 

Bildergalerie: Verbesserter Kapselheber