Der GTI ist schon seit zehn Jahren nicht mehr der stärkste Golf. 230 PS leistet das aktuelle Modell in der Performance-Variante. Das obere Ende der Leistungsskala markiert mittlerweile der Golf R, der in der jüngsten Ausbaustufe ab Anfang 2014 mit 300 PS an den Start geht. Doch das ist noch lange nichts gegen die leistungsstärkste Ausgabe des Kompaktwagen-Klassikers, die VW jemals gebaut hat. Sie hört auf den Namen Design Vision GTI und hat unglaubliche 503 PS unter der Haube. Wir sind das Show Car gefahren.

Breiter, flacher, aggressiver
Es grummelt, bollert und röhrt schon gewaltig, wenn man den Motor des Power-Golf startet. Doch nichts anderes hatten wir erwartet. Autos mit 500 Pferdestärken und mehr klingen selten zurückhaltend. Für die brachiale Studie, die erstmals im Mai 2013 auf dem GTI-Treffen am Wörthersee präsentiert wurde, ist das auch angemessen. Denn optisch macht das Concept Car ebenfalls auf dicke Hose. Sieben Zentimeter breiter, fast sechs Zentimeter flacher und vor allem merklich aggressiver als der herkömmliche Golf GTI: So schindet der Design Vision GTI schon von außen betrachtet ordentlich Eindruck. Mächtige Schürzen, extrabreite Kotflügel, 20-Zoll-Räder und riesige Lufteinlässe sollen an einen Rennwagen erinnern. Auch wenn die Verwandtschaft zum Basisfahrzeug Golf VII offensichtlich erscheint, sind tatsächlich außer den VW-Logos an Front und Heck nur wenige Teile eins zu eins übernommen worden. So ist das eben, wenn Designer und Entwickler sich mal richtig austoben dürfen.

In 3,9 Sekunden von null auf 100
Dass der Design Vision GTI nicht nur wie ein Rennbolide aussieht, beweist ein Blick ins Datenblatt: In 3,9 Sekunden geht's von null auf Tempo 100, bis zu 300 Sachen sind möglich. Zumindest theoretisch. Denn es existiert nur ein einziges von Hand gefertigtes Exemplar und das wirkt – wie es bei Studien üblich ist – doch recht fragil. Der hohe Qualitätsanspruch und die saubere Verarbeitung, die man sonst aus Wolfsburg kennt, können hier naturgemäß nicht zum Tragen kommen. Entsprechend vorsichtig und sensibel muss das Gefährt gesteuert werden. Dennoch gibt es einen Vorgeschmack, was mit dem Auto machbar wäre.

Sechs Zylinder und Allradantrieb
Unter der Haube arbeitet statt einem Reihen-Vierzylinder ein V-Sechszylinder. Die Dreiliter-Maschine mit doppelter Turboaufladung entwickelt erwähnte 503 PS und ein maximales Drehmoment von 560 Newtonmeter. Die Kraft wird von einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe auf alle vier Räder verteilt. Ein reiner Frontantrieb, wie sonst beim GTI, wäre mit der gewaltigen Leistung heillos überfordert. Entsprechend forsch geht die GTI-Studie zu Werke. Das Gaspedal spricht äußerst direkt an, mit lautem Getöse prescht der Konzept-Golf los. Das macht Spaß – obwohl man auf jegliche Komfortmerkmale verzichten muss. Das Fahrwerk ist knüppelhart, jede noch so kleine Unebenheit schlägt gnadenlos auf die Insassen durch. Die Vorstellung, tatsächlich mit Tempo 300 über den Asphalt zu brettern, entwickelt sich keineswegs zum Wunschgedanken. Den Wagen rechtzeitig wieder zum Stehen zu bringen, wäre dabei das geringste Problem. Die Keramikbremsanlage mit 380-Millimeter-Scheiben an der Vorder- und 356-Millimeter-Scheiben an der Hinterachse packt stets fest und unerbärmlich zu.

Zwei Sitzplätze und zwei Helme
So deutlich das Show Car von außen als Golf auszumachen ist, so sehr muss man im Innenraum nach Gemeinsamkeiten suchen. Die Kabine übernimmt nur dessen Grundzüge und ist zudem sehr puristisch gestaltet. Die Reduzierung auf wenige Schalter und Knöpfe soll dem Piloten die Bedienung auf der Rennstrecke vereinfachen. Die Rückbank ist rausgeflogen, ein stattdessen verbauter Querträger erhöht die Steifigkeit der Karosserie. Fahrer und Beifahrer nehmen auf eng geschnittenen Schalensitzen mit Sechspunktgurten Platz. Hinter ihnen liegen zwei schwarze Integralhelme griffbereit. Das mit Unmengen an Carbon und Alcantara ausgekleidete Cockpit wird von einem griffigen Sportlenkrad, einem senkrecht stehenden DSG- Schalthebel und einem großen Instrumentendisplay zur Anzeige von Geschwindigkeit, Drehzahl und weiteren Infos dominiert. Wie in einem Rennwagen sind der Startknopf und der Schalter zur Fahrwerkseinstellung direkt auf dem Lenkrad platziert.

Serienfertigung? Unwahrscheinlich
Und wann wird aus der Aufsehen erregenden Studie ein Serienmodell? Leider wohl nie. Mit dem Design Vision GTI will VW zeigen, was im Rahmen des modularen Querbaukastens (MQB) alles machbar ist – hinsichtlich Aussehen und Motorisierung. Einige wenige Elemente des Concept Cars schaffen es vielleicht tatsächlich einmal in ein Serienfahrzeug. Dabei könnte es sich um eine besonders leistungsstarke Variante des Golf handeln. So bleibt den Fans die Hoffnung, dass mit den 300 PS des R-Modells keineswegs bereits die endgültige Speerspitze beim Golf erreicht ist. Wir hoffen das auch.

Bildergalerie: Der stärkste GTI aller Zeiten