Braucht es so etwas? Anno 2004 waren nicht nur Fachleute beim Anblick des Mercedes CLS irritiert. Darf man bei dem sportlich gezeichneten Viertürer von einem viertürigen Coupé sprechen? Die Kundschaft sieht das nicht so eng, von der 2010 eingeführten zweiten Generation wurden bereits über 120.000 Fahrzeuge verkauft. Pünktlich zur Halbzeit gibt es jetzt ein Facelift. Was hat es gebracht?

Mehr S am Start
Allzu wüste Korrekturen hat sich Mercedes bei seinem Maßanzug auf vier Rädern verkniffen. Am deutlichsten wird die Kosmetik an der Frontpartie: Dort gibt es Änderungen am Stoßfänger, den so genannten Diamant-Grill und neue LED-Scheinwerfer. Sie rücken den CLS näher an das neue S-Klasse Coupé, obwohl er nach wie vor die Plattform der E-Klasse nutzt. Auf die Licht-Orgie ist Mercedes besonders stolz, Entwicklungsvorstand Thomas Weber entdeckt sogar seine lyrische Seite und spricht vom ,fast menschlichen Blick, wenn der CLS seine Augen aufschlägt". Gemeint ist das kurze blaue Leuchten der Tagfahrlicht- und Blinkeinheit, wenn das Auto geöffnet wird.

Eiserner Vorhang
Um sich die volle Licht-Dröhnung zu geben, werden aber 1.892 Euro Aufpreis für die so genannten Multibeam-LED-Scheinwerfer fällig. Inklusive sind dann eine Kamera an der Frontscheibe plus vier Steuergeräte, mit deren Hilfe die 24 Hochleistung-LEDs zielgerichtet gesteuert werden. Als erster Mercedes kann der CLS einen so genannten ,Lichtvorhang" aufbauen, der die Straße bis zu 485 Meter weit bestrahlt. Das hat schon Flutlicht-Qualitäten, leider auch für zufällig vorbeikommende Fußgänger, die zum Flashmob werden. Darüber sind sich die Ingenieure im Klaren, sie sagen aber, dass so Personen (und das Reh auf der Straße) für den Fahrer früher sichtbar sind.

Zwischen den Stühlen
Über den Fortschritt in der Lichttechnik könnte man noch seitenlang dozieren, doch wir stehen vor ganz anderen Problemen: Welche Karosserievariante soll man nehmen? Seit 2012 gibt es den CLS auch als Shooting Brake, quasi ein schickeres, aber unpraktischeres T-Modell. Er wird in Deutschland mittlerweile häufiger gekauft als der viertürige CLS. Beim Blick in den Gepäckraum des Shooting Brake entdecken wir zunächst den 4.700 Euro teuren Holzboden, der wegen Kratzgefahr meistens abgedeckt wird. Er ist wie das Spiel der spanischen Fußball-Nationalmannschaft: Schön, aber nutzlos. Überhaupt: Wer sein Mittagessen gerne im Möbelhaus zu sich nimmt, sollte besser zum T-Modell der E-Klasse greifen. Die 590 bis 1.550 Liter des Kombi-CLS (da ist es, das böse K-Wort) klingen gut, sind aber durch die nach hinten abfallende Dachlinie eher bedingt nutzbar.

Gut Holz
Andererseits würde selbst eine Beladung bis zum Dach egal sein, denn schon ohne Gepäck ist die Sicht nach hinten ziemlich bescheiden. Selten waren 476 Euro für eine Rückfahrkamera besser angelegt. Trotzdem wirkt der Shooting Brake im direkten Vergleich mit der Limousine im Innenraum einen Hauch luftiger, obwohl die Abmessungen nur um Millimeter verschieden sind. Apropos Innenraum: Im Cockpit thront nun recht massiv ein Acht-Zoll-Bildschirm auf der Mittelkonsole dicht vor dem Fahrer. Schön wirkt diese aufgesetzte Lösung nicht. Ohne Fehl und Tadel ist die vorzügliche Verarbeitung der Materialien im Innenraum, lediglich das aufpreisfreie Holz sollte man den optionalen Klavierlackleisten vorziehen.

Am laufenden Band
Ob Viertürer oder Shooting Brake: Das Motorenangebot reicht beim CLS künftig vom 220er-Diesel mit 170 PS bis zum mächtigen CLS 63 AMG S mit brachialen 585 PS. Für unsere erste Etappe wählen wir den 408 PS starken V8 im CLS 500. Um es kurz zu machen, er harmoniert prächtig mit der jetzt verbauten Neunstufen-Automatik. In Verbindung mit 600 Newtonmeter Drehmoment zwischen 1.600 und 4.750 Touren kommen beinahe Elektroauto-Gefühle auf. Das Getriebe verrichtet seine Arbeit sehr diskret, bei Tempo 120 liegen gerade einmal 1.400 Umdrehungen an. Wenn Geld keine primäre Rolle spielt und der leicht protzige AMG-Auftritt nicht sein muss, ist der 500er erste Wahl für den CLS.

Diesel im Tarnanzug
Als vorzüglicher Kompromiss entpuppt sich der CLS 350 BlueTec mit 258-PS-Diesel. Sein Laufgeräusch hat Mercedes so gut gedämmt, dass erst der Blick auf den Drehzahlmesser verrät, dass hier ein Selbstzünder agiert. Erneut mit dabei ist die Neunstufen-Automatik, sieben Gänge gibt es nur noch im CLS 400 und den Allradversionen. Motor hin, Getriebe her: Überraschend ist die Agilität, die der rund zwei Tonnen schwere Wagen an den Tag legt. Speziell die direkte Lenkung sorgt für erfreuliche Momente. Obwohl wir jeweils mit 19-Zoll-Felgen inklusive 255er/285er-Bereifung unterwegs waren, spielt der CLS die Komfortkarte aus. Empfehlenswert, aber nicht zwingend notwendig ist das 1.345 Euro teure Luftfahrwerk namens Airmatic, mit dem man noch geschmeidiger über ruppige Pisten gleitet.

Summe der Eigenschaften
Im Ausgleich können die 1.380 Euro für das Schiebedach gespart werden. Schon ab 60 km/h nervt ein Wummern bei offener Luke. Auch am heimischen Schreibtisch könnte ein gutes LED-Licht von Nutzen sein, denn wie bei Mercedes üblich lässt sich auch der CLS mit dem nötigen Kleingeld mächtig aufmöbeln. Für den 350 BlueTec Shooting Brake werden ab Ende September 2014 mindestens 63.367 Euro aufgerufen. Damit liegt er knapp 1.900 Euro über dem konventionellen CLS und 5.200 Euro über einem vergleichbaren T-Modell der E-Klasse. Schon ab Werk gibt es eine gar nicht mal so knickrige Ausstattung, sie beinhaltet unter anderem eine elektrische Heckklappe, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik und teilelektrisch verstellbare Vordersitze. Ziemlich heftig sind die 3.487 Euro Aufpreis für das komplette Navi-Infotainmentprogramm. Wer nur navigieren will, kann immerhin für rund 900 Euro ein einfaches System von Garmin bekommen. Und falls Sie ihren CLS endgültig zur Lichtorgel machen wollen: Für 357 Euro wird auch der Mercedes-Stern im Kühlergrill beim Öffnen des Autos angestrahlt.

Wertung

  • ★★★★★★★★★☆
  • Die kleinere S-Klasse? Die schönere E-Klasse? Über Sinn und Zweck des Mercedes CLS lässt sich trefflich streiten. Fakt ist: Durch die neue Neungang-Automatik fährt sich der CLS so gut, wie er aussieht. Lobenswert ist auch das neue LED-Licht, das im Gegensatz zu manch Marketing-Laserlampen einen echten Mehrwert bietet. Und ganz ehrlich: Wir sehen lieber einen CLS auf der Straße als irgendwelche Coupé-SUV-Monströsitäten.

    + agile Lenkung, sehr gute Automatik, laufruhige Motoren
    - schlechte Sicht nach hinten, lautes Schiebedach, lange Aufpreisliste

  • Antrieb
    95%
  • Fahrwerk
    90%
  • Karosserie
    80%
  • Kosten
    85%

Preisliste


Mercedes CLS 350 BlueTec Shooting Brake

Grundpreis: 63.367 Euro
Modell Preis in Euro
CLS 63 AMG S 4matic Shooting Brake 132.982
CLS 63 AMG 4matic Shooting Brake 122.034
CLS 400 Shooting Brake 64.617
CLS 500 Shooting Brake 82.645
CLS 250 BlueTec Shooting Brake 58.369
CLS 220 BlueTec Shooting Brake 55.989
Ausstattungen Preis in Euro
ABS Serie
ESP Serie
ASR Serie
Airbag Fahrer Serie
Airbag Beifahrer Serie
Seitenairbags vorn Serie
Kopfairbags vorn Serie
Seitenairbags hinten 452
Kopfairbags hinten Serie
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. Fensterheber hinten Serie
elektr. verstellbare Außenspiegel Serie (inklusive Heizung)
Klimaautomatik Serie (Zwei-Zonen)
Zentralverriegelung mit Fernbed. Serie
Automatikgetriebe Serie
Bildschirmnavigation 892
CD-Radio Serie
MP3 Serie
elektr. Schiebedach 1.380
Metalliclackierung 1.083
Leichtmetallfelgen Serie (17 Zoll)
Sitzhöheneinstellung Serie (teilelektrisch, Fahrer und Beifahrer)
Tempomat Serie
Lederausstattung 1.785
Nebelscheinwerfer Serie
Anhängevorrichtung 1.023
Multibeam-LED-Scheinwerfer 1.892
Sitzheizung vorne 446
Parkpaket mit 360-Grad-Kamera 1.666

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Diesel mit Common-Rail-Einspritzung 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 2.987 
Leistung in PS 258 
Leistung in kW 190 
bei U/min 1.600 - 2.400 
Drehmoment in Nm 620 
Antrieb Hinterradantrieb 
Gänge
Getriebe Automatik 
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1.596 
Spurweite hinten in mm 1.629 
Radaufhängung vorn Mehrlenkerachse 
Radaufhängung hinten Raumlenkerachse 
Bremsen vorn Scheiben innenbelüftet 
Bremsen hinten Scheiben innenbelüftet 
Wendekreis in m 11,2 
Räder, Reifen vorn 245/45 R17 
Räder, Reifen hinten 245/45 R17 
Lenkung elektromechanische Servolenkung 
Maße und Gewichte
Länge in mm 4.953 
Breite in mm 1.881 
Höhe in mm 1.419 
Radstand in mm 2.874 
Leergewicht in kg 1.935 
Zuladung in kg 525 
Kofferraumvolumen in Liter 590 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 1.550 
Anhängelast, gebremst in kg 2.100 
Dachlast in kg 100 
Tankinhalt in Liter 59 
Kraftstoffart Diesel 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 245 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 6,6 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 5,7 
EG-Verbrauch innerorts in Liter/100 km 6,6 
EG-Verbrauch außerorts in Liter/100 km 5,1 
CO2-Emission in g/km 149 
Schadstoffklasse Euro 6 


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