Der Abstand zwischen Tesla und den drei deutschen Premium-Automobilherstellern schrumpft weiter. Das ist die wichtigste Schlussfolgerung aus den vorläufigen Absatzergebnissen des letzten Jahres. Die starke Förderung von Elektroautos durch die Regierungen in aller Welt hat also definitiv einen Gewinner – die traditionellen Akteure geraten in Bedrängnis.
Tesla wieder im Aufwind
Einst eine Nischenmarke, ist Tesla mittlerweile ein millionenschwerer Autohersteller geworden. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen von Elon Musk weltweit 1,31 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert. Es war das erste Mal seit der Gründung des Unternehmens, dass die 1-Million-Marke überschritten wurde. Am auffälligsten ist jedoch der Vergleich mit den Zahlen von 2021: Die Auslieferungen stiegen um 40 Prozent in einem sehr komplexen globalen Kontext.

Zunächst war es das Model 3, das den Wachstum zwischen 2018 und 2021 antrieb. Es ermöglichte Tesla, die Präsenz in Europa und China auszubauen. Sobald das Unternehmen bei den Verbrauchern bekannt war, führte man das Model Y ein. Und mit diesem SUV konnte das Wachstumstempo fortgesetzt werden. Seitdem sind die Auslieferungen unaufhörlich gestiegen. Zwischen 2016 und 2022 ist das Volumen um das 17-fache gewachsen.
Traditionelle Marken stocken
Auf der anderen Seite gibt es die traditionellen Premium-Hersteller, angeführt von der BMW Group, der Mercedes-Benz Cars und der Audi AG. Sie haben den Markt für Premium-Automobile jahrzehntelang dominiert, weil sie in der Lage waren, die Nachfrage zu antizipieren und eine große Anzahl verschiedener Modelle für jeden Geschmack anzubieten.
Im vergangenen Jahr war die BMW Group mit 2,40 Millionen Fahrzeugen ihrer Marken BMW, Mini und Rolls-Royce führend. Dennoch ging das Volumen aufgrund von Nachfrageproblemen in Deutschland und China (den beiden größten Märkten) um 5 Prozent zurück.

Es folgte Mercedes-Benz (einschließlich Smart), das im Gegensatz zu BMW seinen Absatz um 5 Prozent auf 2,04 Millionen Stück steigern konnte. Die positiven Ergebnisse erklärten sich durch starke Ergebnisse in den USA, dem zweitgrößten Einzelmarkt für den Hersteller.
Den dritten Platz belegte wie üblich Audi. Mit 1,61 Millionen Fahrzeugen verzeichneten die Ingolstädter einen Rückgang ihrer Auslieferungen um 4 Prozent gegenüber 2021. Schuld an dem weltweiten Rückgang war die chinesische Abteilung.
Eine Frage der Zeit
Das letztjährige Ranking ist ein erster Indikator dafür, dass Tesla sich anschickt, den Status quo im globalen Premium-Automarkt zu verändern. Das Unternehmen baut seine globale Präsenz durch die Eröffnung neuer Fabriken weiter aus, darunter die kürzlich eingeweihte Fabrik bei Berlin und das gerade angekündigte Werk in Mexiko.
Gleichzeitig soll in Kürze ein Kompaktwagen vorgestellt werden, was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass Tesla auch das Einstiegssegment erobern möchte.

Währenddessen tun die deutschen Premium-Hersteller ihr Bestes, um die E-Technik und die Leistung ihrer Autos zu verbessern, damit auch sie am E-Auto-Boom teilhaben können. Die jüngsten Zahlen deuten jedoch auf etwas anderes hin: Die kombinierten Verkäufe von reinen Elektrofahrzeugen im Jahr 2022 von Audi, BMW und Mercedes-Benz belaufen sich auf 483.200 Einheiten, was nur 37 Prozent des Gesamtvolumens von Tesla entspricht.
Wenn die Verlagerung auf Elektroautos im Jahr 2023 anhält, ist es wahrscheinlich, dass Tesla am Ende des Jahres vor Audi liegen wird. Und das wird erst der Anfang eines spannenden Rennens gegen das Unternehmen sein, das in der Branche bisher als technologischer Trendsetter galt.
Der Autor des Artikels, Juan Felipe Munoz, ist Spezialist für die Automobilindustrie bei JATO Dynamics.